"Superweiber" im neuen deutschen Frauenroman - Zur Kritik eines gesellschaftlichen Stereotypes


Magisterarbeit, 1998

80 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Abriß der Entwicklung der deutschen Frauenliteratur
1.1. Kurzer Einblick in die Geschichte der deutschen Frauenliteratur
1.2. Der Umbruch der deutschen Frauenliteratur

2. Die neue deutsche Frauenliteratur Kurzbiographie der Autorinnen, Inhalt, Rezensionen und stilistische Mittel der Romane
2.1. Eva Heller
2.1.1. Biographie
2.1.2. Inhalt der Romane:
Beim nächsten Mann wird alles anders
Der Mann der’s wert ist
Erst die Rache, dann das Vergnügen
2.1.3. Rezensionen und stilistische Mittel der Romane
2.2. Gaby Hauptmann
2.2.1. Biographie
2.2.2. Inhalt der Romane:
Suche impotenten Mann fürs Leben
Nur ein toter Mann ist ein guter Mann
Die Lüge im Bett
Eine Handvoll Männlichkeit
2.2.3. Rezensionen und stilistische Mittel der Romane
2.3. Hera Lind
2.3.1. Biographie
2.3.2. Inhalt der Romane:
Ein Mann für jede Tonart
Frau zu sein bedarf es wenig
Die Zauberfrau
Das Weibernest
2.3.3. Der Roman „Das Superweib“
2.3.4. Rezensionen und stilistische Mittel der Romane
2.3.5. „Superweib“ Hera Lind in den Medien

3. Das „Superweib“ in Roman und Realität
3.1. Eigenschaften der „Superweiber“ im Roman
3.2. „Superweiber“ in der Realität
3.3. Interviews mit realen „Superweibern“
3.3.1. Vera
3.3.2. Tina
3.3.3. Petra
3.3.4. Claire
3.3.5. Bilanz

4. Die neuen Zwänge der Frauen - Das „Superweiber-Syndrom“

5. Erstrebenswerte gesellschaftliche Veränderungen

6. Gründe für den Erfolg der Bücher

7. Kritik am neuen deutschen Frauenroman
7.1. Der neue deutsche Frauenroman: eine Form der Trivialliteratur

8. Frauenromane ohne „Superweiber“ - Claudia Keller

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Einleitung

„ Warum lesen Sie Hera Lind, wenn Sie Literaturkritikerin sind? Lesen Sie etwas, das sich zu lesen lohnt! Ich will Ihnen etwas verraten: Ich selber lese nie solche Bücher, wie ich sie schreibe, weil das für mich totgeschlagene Zeit ist. “ 1

Diese Meinung vertrat Hera Lind Anfang 1998 in einem Interview mit dem Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt. Die Journalistin Angelika Ohland schickte voraus, daß Literaturkritiker Probleme mit der Literatur von Hera Lind hätten und Hera Lind konterte, daß sie schließlich keine Literatur für Literaturkritiker schreibt. Die Kritiker sollten endlich aufhören in ihren Romanen mehr zu sehen, als sie sind - nämlich Unterhaltungsromane für Frauen.

Und doch kann die Literatur von Hera Lind nicht nur als Unterhaltungsliteratur beschrieben, und dann ignoriert werden. Denn die Romane von Hera Lind und ihren KollegInnen erreichen Auflagen, von denen andere Autorinnen nur träumen. Millionen Leserinnen sind treue Fans der „neuen deutschen Frauenliteratur“, Fans von Büchern, die von starken, selbstbewußten Frauen handeln, von sogenannten „Superweibern“.

Selbstbewußt und selbständig, frech und forsch, kinderlieb und kinderreich, liebenswert und liebenswürdig, ehrgeizig und erfolgreich, klug und karrierebewußt, so sehen die Frauen in der modernen Frauenunterhaltungsliteratur aus. Und nicht nur da. Überall begegnen wir ihnen, den Frauen, die Karriere und Kinder, Familie und Männer erfolgreich in ihrem Leben vereinen können. Und das nicht etwa mühsam und gestreßt, sondern ohne Anstrengungen, mit einem Lächeln im Gesicht und frisch gestylten Haaren. Immer perfekt aussehend und nie mit schlechter Laune, Frust oder Wut. „Superweiber“ werden sie seit Jahren genannt. Diese Bezeichnung entstand nach dem gleichnamigen Buch von Hera Lind und dem nachfolgendem Film mit der Schauspielerin Veronica Ferres in der Hauptrolle. Eine wissenschaftliche Definition des Begriffes „Superweib“ gibt es nicht. Doch die Schauspielerin Veronika Ferres hat das „Superweib“ auf der Leinwand so verkörpert, wie es seitdem publiziert wird. Proper, gutaussehend, aktiv, nett und kreativ, so sind die „Superweiber“. Jeden Tag begegnen wir den ihnen: auf Plakaten, in der Werbung, in den Hochglanzmagazinen für Frauen und in der seriösen Presse. Die Medien vermitteln der Gesellschaft, daß es leicht sei, Karriere und Familienleben erfolgreich zu bewältigen. „Superweiber“ sind, ebenso wie Blondinen oder Girlies, zu einem Stereotyp geworden. Wo Blondinen das Klischee für dumme und sexwillige Frauen ist, und ein Girlie für ein junges, freches Mädchen steht, sind „Superweiber“ Frauen mit Kindern und erfolgreicher Karriere. Und Frauen wie Hera Lind, Autorin vieler Frauenbücher, lebt uns dieses Klischee vor: als Mutter von vier Kindern, Erfolgsautorin, Fernsehmoderatorin und Sängerin. Hera Lind ist die meistgelesene deutsche Autorin. Selbst im internationalen Vergleich wird sie auf dem deutschem Buchmarkt nur noch von Rosamunde Pilcher übertroffen. Fünf Romane hat Hera Lind bisher geschrieben, mit einer Auflage von insgesamt etwa sieben Millionen Büchern.2

Mit ihren Büchern propagiert sie seit ca. 10 Jahren das „neue Frauenbild“, ebenso wie ihre zahlreichen Kolleginnen. „Frauenliteratur light“ nennt sich diese neue Form der Frauenliteratur, die nicht nur viel gelesen, sondern auch für Kino und Fernsehen verfilmt werden.

Was ist das Besondere an diesen Büchern? Wie kommen die Auflagenzahlen von 600.000 bis zu 2 Millionen Exemplare pro Buch zustande?

Was bringt die Frauen dazu, diese Bücher zu kaufen, trotz schlechter Rezensionen? Was ist das Faszinierende an den Romanheldinnen? Was bringt die Leserinnen dazu sich mit ihnen zu identifizieren? Ich möchte die Rolle der „Superweiber“ in der Gesellschaft hinterfragen. Sind die „Superweiber“ gesellschaftlich gesehen wirklich realistisch oder wird in den Büchern ein Mythos aufgebaut? Was genau sind die Eigenschaften eines „Superweibes“? Mit welchen Klischees werden die „Superweiber“ beschrieben?

Kann diese Literatur tatsächlich als neue Frauenemazipationsliteratur bezeichnet werden, kann sie in der Gesellschaft etwas verändern oder ist sie nicht vielmehr Trivialliteratur?

Diesen Fragen möchte ich in folgender Arbeit nachgehen.

Die Auswahl der ausgewählten Romane erfolgte unter Berücksichtigung der Auflagenzahlen der Bücher. Ich konzentriere mich auf drei Autorinnen, die allgemein als die drei „Erfolgreichsten“ bezeichnet werden. Eva Heller, die die „Frauenliteratur light“ einläutete, Gaby Hauptmann, die mit ihren ungewöhnlichen Buchthemen Aufmerksamkeit auf sich zieht und Hera Lind, die als „Superweib“ schlechthin gilt. Da es noch keine Sekundärliteratur zum neuen deutschen Frauenroman gibt, mußte ich mir mit Zeitungsartikeln behelfen. Auch einige Fernsehaufzeichnungen gaben mir Einblicke in das Thema und wurden zum Teil zitiert.

1. Abriß der Entwicklung der deutschen Frauenliteratur

„ Ich packe immer mehrere Menschen in eine

Figur hinein und gebe noch Pfeffer, Salz und Maggie dazu; und am Schlußkommen dann sehr interessante Mischungen heraus. “ 3

Die Bücher von Hera Lind, Gaby Hauptmann und Eva Heller werden als „neue deutsche Frauenliteratur“ bezeichnet. Es taucht somit die Frage auf, was die „alte deutsche Frauenliteratur“ war, bzw. wann der Begriff Frauenliteratur in Deutschland auftauchte und wodurch er geprägt wurde.

1.1. Kurzer Einblick in die Geschichte der deutschen Frauenliteratur

Wo wirtschaftliche und sexuelle Unabhängigkeit

zusammenfallen, kommt es sehr bald zu selbstbewußten, mehr oder weniger ideologisch ausgerichteten Entwürfen einer „ neuen Frau “ . 4

Explizit ausgeschriebene Frauenliteratur gibt es im deutschsprachigen Raum erst seit den sechziger Jahren. Sie hat sich als Teil einer umfassenden Emanzipation der Frau gebildet und kann ohne Berücksichtigung der Frauenrechtsbewegung in ihrer gesellschaftspolitischen Bedeutung nicht gesehen werden.

Was wird heute unter dem Begriff Frauenliteratur verstanden? Es kann gesagt werden: Frauenliteratur ist Literatur von Frauen, die oft der Frauenbewegung nahe stehen, für Frauen und über Frauen.

Im Lexikon findet sich folgende Definition zur Frauenliteratur, bzw. zum Frauenroman: „Frauenroman:, 1. der von Frauen verfaßte, zumeist auch um das Erleben der Frau kreisende Roman, allg. als Teil der Frauendichtung, -2. als inhaltliche Qualifikation ohne Rangabstrich allg. ein Roman um ein Frauenleben, -3. im engeren Sinn eine spezielle Gattung der Trivialliteratur, mit Nähe zum Liebesroman.“5

Differenzierter beschreibt es Christa Gürtler: „Im deutschsprachigen Raum wurde der Terminus „Frauenliteratur“ vorwiegend als Bezeichnung für system-stabilisierende Trivialliteratur für Frauen verwendet. Im Kontext der `Neuen Frauenbewegung` erfährt die Bezeichnung seit Beginn der 70er Jahre eine Neubestimmung, die diese Literatur auszuschließen versucht.“6 Selbstverständlich gibt es schon lange weibliche Schriftsteller, aber erst durch die Frauenbewegung wurde die Aufmerksamkeit auf das gelenkt, was heute als Frauenliteratur verstanden wird. Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges hatte sich die Frau langsam aus der patriarchalischen Abhängigkeit befreit. Ohne den großen Einsatz der sogenannten „Trümmerfrauen“ wäre der wirtschaftliche und soziale Aufbau Deutschlands nicht möglich gewesen. Die Möglichkeit zur Empfängnisverhütung bot den Frauen die Möglichkeit der Selbstverantwortung für den eigenen Körper. Die sexuelle Unabhängigkeit war die Grundvoraussetzung für eine wirtschaftliche Autonomie und somit für die Emanzipation der Frau. Allmählich wandelte sich die gesellschaftliche Stellung der Frau. Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges läßt sich beobachten, wie Autorinnen mit einem stark ausgeprägten geschlechtsspezifischen Bewußtsein Werke zu publizieren begannen. Eine künstlerische Ausdrucksform der Emanzipation wurde das Schreiben. Erst durch die Frauenbewegung wurde also die Aufmerksamkeit auf das gelenkt, was allgemein als Frauenliteratur bezeichnet wird. Plötzlich gab es weibliche Autoren, die nicht nur schrieben, sondern auch veröffentlicht wurden. Sie mußten sich nicht mehr hinter Männernamen verstecken wie es zum Beispiel bei George Sand der Fall gewesen war. Etablierte Autorinnen wie Anna Seghers und Christa Wolf erhielten in den sechziger Jahren viel Aufmerksamkeit. Auch unbekannte Autorinnen kamen dazu und sorgten dafür, daß die Frauenliteratur nicht länger eine literarische Sonderkategorie blieb. Fast alle diese Autorinnen verfaßten biographische Erlebnisberichte und benutzten autobiographische Schreibmuster. Kritik am Mann, der herrschenden männlichen Ordnung und Probleme des weiblichen Lebensalltags wurden in den Büchern beschrieben. „Die neue Frauenliteratur der siebziger Jahre versucht, die Position der Frau im komplizierten Netz gesellschaftlicher Herrschafts- und Unterdrückungsstrukturen zu bestimmen und so Ansatz-möglichkeiten für die Überwindung der Diskriminierung der Frau aufzuzeigen.“7 Der überraschende kommerzielle Erfolg der ersten autobiographischen Frauentexte führte dazu, daß sich die großen Literaturverlage ebenfalls für die neuen Texte schreibender Frauen zu interessieren begannen. Die deutschen Verlage reagierten rasch. Der erste Verlag, der eine neue Sparte anlegte, war der Rowohlt Verlag im November 1977. Weitere Verlage zogen nach.8 Heute publiziert der Fischer Verlag mit ca. 230 Titeln die meisten Frauenromane.

Parallel entwickelten sich viele alternative Kleinverlage. Der Frauenverlag, Frauenbuchvertrieb, Feministischer Buchverlag, Courage Verlag sind einige dieser Verlage. Die meisten der hier aufgelegten Bücher sind keine Unterhaltungsliteratur, sondern anspruchsvolle und intellektuelle Literatur, Erfahrungs- und Leidensberichte, teilweise feministische Kampfschriften oder biographisch angehauchte, künstlerische Werke.

Ende der achtziger Jahre kommt eine Literatur für Frauen hinzu, die sowohl als Emanzipationsliteratur, wie auch von Kritikern als Trivialliteratur bezeichnet wird.

1.2. Der Umbruch der deutschen Frauenliteratur

Monotone Bekenntnisliteratur im Heulton ist out. So wie Hera Lind, scheinen es viele Frauen zu

sehen: „ Diese Geschichten sind voller

Emanzipationsgedröhne und ziemlich langweilig. “ 9

Ende der achtziger Jahre zeigte sich, daß das Publikum die Leidensgeschichten anderer Frauen nicht mehr lesen wollte. Als 1987 der Roman von Eva Heller „Beim nächsten Mann wird alles anders“ in der Fischer Taschenbuchreihe „Die Frau in der Gesellschaft“ erschien, stiegen die Auflagenzahlen der Frauenliteratur enorm an.10 Eine neue Note kam zu den bis dahin dort verlegten frauenspezifischen Sachbüchern, Lebensgeschichten und literarischen Texten hinzu. Der „Fröhliche Feminismus“11 hält Einzug in die Frauenbücher. Die Fischer-Verlag Lektorin Ingeborg Mues wurde für den Seitensprung ins Unterhaltungsfach zuerst kritisiert, als sich der Roman von Eva Heller aber sehr erfolgreich verkaufte, zogen weitere Verlage mit „Frauenunterhaltungsliteratur“ nach. Innerhalb kurzer Zeit überschwemmten Emanzipationskomödien in Form von Taschenbüchern den Markt.

In diesen Romanen geht es den Titelheldinnen nicht mehr darum, den Männern die Schuld für alles in die Schuhe zu schieben, sondern das Leben selbst in die Hand zu nehmen. Geprägt sind die Bücher dieser pragmatisch denkenden Frauengeneration vor allem durch Satire und Humor. Kämpferische Frauenliteratur kam aus der Mode, in der Frauenliteratur war „Feminismus light“ angesagt. „Niemand wollte mehr Bücher lesen,“ in denen Heulsusen litten und von weiblicher Autonomie faselten.“12 Nach jahrelanger Rezeption von Leidensbiographien wie „Der Tod des Märchenprinzen“ war dies für viele Leserinnen eine Erleichterung. „Schließlich hatte frau es satt, noch weiter mitzufühlen, wenn Svende Merian und ihre Schwestern dem emotional blockierten Liebsten mit nicht endenwollender Geduld als Sexersatz die Käsefüße kraulten. Oder gar - frühfeministisch korrekt - die Beziehung noch mal ausdiskutierten.“13 Es scheint, als hätten die Frauen von radikal feministischen Romanen, die nur eine düstere Zukunft voraussagten und Frauen als Opfer schilderten, genug. Wehleidigkeit und „soziologische Männerherrschaftsanalyse“14 waren plötzlich tabu.

Pure Unterhaltung und Happy-Ends sind seitdem angesagt. Zweifellos geht es in der heutigen Frauenliteratur immer noch um dasselbe Thema wie früher: Nämlich um Männer und ein paar andere Nebensächlichkeiten. Nur wird das Thema „Männer“ nicht mehr kämpferisch und larmoyant behandelt, sondern witzig und ironisch. Spaß und Freude wollen die neuen Autorinnen ihren Leserinnen bieten. Sie sagen, daß ihnen an gesellschaftlichen Botschaften nicht viel liege, sondern daß es ihnen um die pure Unterhaltung geht.

2. Die neue deutsche Frauenliteratur

Kurzbiographie der Autorinnen, Inhalt, Rezensionen und stilistische Mittel der Romane „ Feminismus light “ , so nennt Daniela Bentele-Hendrichs vom Lübbe Verlag die „ post-emanzipatorische Frauenliteratur “ . 15

Thema sind somit die starken, modernen Frauen um die 30 Jahre, die sich nichts mehr von den Männern gefallen lassen, die frech sind und sich zur Wehr setzen, anstatt zu jammern. Die neuen Autorinnen sind mit ihren Büchern sehr erfolgreich. Sie finden in den Medien starke Beachtung und verkaufen ihre Bücher mit hohen Auflagen.

Titel dieser Romane sind unter anderen folgende: „Teilen wir uns einfach einen Mann“, „Der Therapeut auf meiner Couch“, „Casanovas küßt man nicht“, „Männer und andere Katastrophen“, „Die Braut sagt leider nein“, „Burg vorhanden - Prinz gesucht“, „Ich schieß` dich auf den Mond!“. Autorinnen sind zum Beispiel: Leonie Bach, Annegrit Arens, Ulrike Joannou, Susanna Kubelka, Kerstin Gier. Den Anfang aber machte 1987 Eva Heller mit ihrem ersten Buch „Beim nächsten Mann wird alles anders“. Ihr Bemühen einen Frauenroman zu schreiben, in dem die Heldin nicht ständig lamentiert wird, wurde von den Leserinnen und der Kritik begeistert aufgenommen. Weitere Romane neuer Autorinnen folgten. Die bekanntesten und erfolgreichsten wurden Eva Heller, Gaby Hauptmann und Hera Lind. Ihre Bücher haben die höchsten Auflagen, in den Medien sind sie gern gesehene Gäste und ihre Namen den meisten Leserinnen bekannt.

2.1. Eva Heller

2.1.1.Biographie

„ Man soll nicht immer nurüber die Männer jammern. Wir müssen eben lernen,

mit dem vorhandenen Material zu arbeiten. “ 16

Eva Heller, geboren 1949 in Ludwigsburg, studierte an der Freien Universität Berlin Soziologie und Psychologie. Anschließend arbeitete sie in Frankfurt als Sozialwissenschaftlerin und promovierte an der Universität Frankfurt. Neben dem Zeichnen von Cartoons über das moderne Frauenleben („Küß mich, ich bin eine verzauberte Geschirrspülmaschine“) schrieb sie 1987 ihr erstes Buch „Beim nächsten Mann wird alles anders“, das 1989 auch verfilmt wurde. Nach eigenen Angaben, wollte sie ein Buch schreiben, das sich von den bisher erschienenen Frauenbüchern abhob. Leichtigkeit und Witz sollten im Vordergrund stehen.

Es folgten Gastprofessuren, ein Buch über Farbpsychologie, ein Kinderbuch, eine Weihnachtsgeschichte und 1993 der zweite Roman „Der Mann, der’s wert ist“. 1997 wurde „Erst die Rache, dann das Vergnügen“ als Hardcover-Roman veröffentlicht. Auf die Frage, was denn ihr Erfolgsrezept sei, antwortete Eva Heller: „Erstens, daß ich aus der Sicht der Frauen schreibe und ihre Probleme ernst nehme. Zweitens bemühe ich mich, dem Zeitgeist gerecht zu werden. Drittens will ich eine witzige und spannende Geschichte erzählen.“17

2.1.2. Inhalt der Romane:

„ Jawohl, das war ’ s, was ich wollte: Rache. Auch ein schönes Gefühl, fast so schön wie Liebe. “ 18

Beim nächsten Mann wird alles anders (1987)

Constanze Wechselburger, 27 Jahre alt, ist Studentin an der Filmakademie in Berlin und gefrustet von ihrem Freund Albert, Assistenzarzt und Kulturbanause. Kurzerhand wirft sie ihn aus der Wohnung und beginnt eine Affäre mit ihrem intellektuellen und unkonventionellen Dozenten Gottfried Schachtschnabel. Als sie jedoch erfährt, daß dieser verheiratet ist und sich nicht von seiner Frau trennen will, nimmt sie wieder Kontakt zu ihrem Ex-Freund auf. Auch Albert hat nach einigen schlechten Erfahrungen Constanze wieder schätzen gelernt und macht ihr einen Heiratsantrag. Constanze nimmt an.

Der Mann, der’s wert ist (1993)

Die 25jährige Viola Faber hat ihr Studium der Innenarchitektur brillant absolviert, mit ihrem gutaussehenden Freund Benedikt versteht sie sich blendend und auf beide warten Traumjobs. Während Benedikt direkt Karriere bei Violas Onkel machen kann, verschiebt sich Violas Berufseinstieg immer wieder. Genervt muß sie mit Benedikts Mutter in deren Haus wohnen und deren Launen ertragen. Tapfer überspielt Viola ihre mißliche Lage, bis sie herausfindet, daß Benedikt die Tochter seines Chefs geschwängert hat. Viola beschließt ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, anstatt immer nur auf Traumjob und Freund zu warten. Sie verläßt Benedikt, arbeitet in einem heruntergekommenen Hotel als Zimmermädchen und freundet sich mit Rufus, dem häßlichen Hotelmanager an. Zusammen renovieren sie das Hotel und Rufus mausert sich zum liebevollen und gutaussehenden Mann. Er macht Viola einen Heiratsantrag, den sie annimmt.

Erst die Rache, dann das Vergnügen (1997)

Sybille Eisendraht, 32 Jahre, wird von ihrem Freund Michael verlassen. Michael ist der Meinung, daß Sibylle ihn beruflich nicht vorwärtsbringt, deshalb hat er ein Verhältnis mit einer Ärztin begonnen. Sybille beschließt sich zu rächen und schleust sich als Putzfrau in die Wohnung des neuen Paares ein. Es gelingt ihr durch Lippenstiftabdrücke, anonyme Anrufe und gebrauchte Unterwäsche Agnete eifersüchtig zu machen, daß diese Michael eine Szene macht und Michael darauf nach Frankreich abreist. Von Agnete bekommt Sybille nun den Auftrag, Michael nachzureisen, um zu schauen, wer seine angebliche Geliebte ist. Im Zug nach Frankreich lernt Sybille den netten Leonard kennen. In Avignon angekommen, findet sie durch Zufall heraus, daß Michael vor vielen Monaten ihr Familiensilber gestohlen hat und es verkaufen will. Als reiche Erbin verkleidet, macht sich Sybille an ihn heran und lockt Michael in eine Falle. Gemeinsam mit der nachgereisten Agnete, die unbedingt schwanger werden möchte, rächen sie sich. Agnete wird von Michael geschwängert, ohne daß er dies merkt, und Sybille kann sich ihr Geld zurückholen und anschließend Michael bloßstellen. Glücklich und wohlhabend kehrt Sybille nach Deutschland zurück und zieht mit dem netten Leonard zusammen.

2.1.3. Rezensionen und stilistische Mittel der Romane

„ Es wird sowieso immer alles als trivial abgestempelt, was von Frauen geschrieben ist, oder was Frauen lesen. “ 19

1987 wurde Eva Heller als Erfinderin der neuen Frauenliteratur gefeiert. „Eva Heller hat ein leichtes Buch geschrieben, vom Stil und Empfinden her ein literarisches Pendant zu dem ‘Männer’ Film von Doris Dörrie: mit witzigen Dialogen, gelungenen Slapsticks und detailversessenen Beobachtungen aus der Alltagskomik.“20 Die neue Schreibnuance der Autorin wurde viel gelobt. Ein Ton „selbstironisch und bar jeder Sentimentalität, ein Kontrapunkt zur empfindsamen Beziehungsliteratur. Ihr Humor ist bissig, nicht eigentlich böse, überdies versteht sie sich auf den leichten, dem gesprochenen Wort abgelauschten Stil.“21

Auch der zweite Roman, „Der Mann der’s wert ist“, wird noch anerkannt, jedoch tauchen erste kritische Stimmen auf, es wird Eva Heller eine „insgesamt dünne Story“22 vorgeworfen. „Das eine muß man Eva Heller wirklich lassen: Sie versteht es, mit ihren Büchern den Zeitgeist dem Lachen preiszugeben - und den Wirbel um die vielzitierten „Beziehungskisten“ spritzig auf den Punkt zu bringen. Die kleinen Dinge sind es, die diesen Roman auszeichnen: Die stellenweise einfach genial- witzigen bis boshaft-karikierenden Dialoge verdienen Anerkennung. Sie lassen auch die Längen an anderen Stellen vergessen.“23 Aber auch als trivial und mühsam werden ihre Geschichten bezeichnet. „Unversehens findet man sich wieder in einem über weite Strecken belanglosen Geplauder um Liebe, Erfolg, Glanz und Glamour und wird mit der Frage: Ist’s Spaß, Satire oder gar ihr heiliger Ernst? auf wenig gekonnte Weise allein gelassen. Scharfsichtigkeit und belanglosem Geplapper, Ärger auch über die vielen Leerstellen und Zweideutigkeiten, die Eva Heller hinterläßt, vor allem aber der Eindruck, daß dieses Buch die Lektüre kaum wert ist.“24

Bei Eva Hellers letztem Roman „Erst die Rache, dann das Vergnügen“ kam bei vielen Kritikern das Gefühl auf, als hielte die Autorin ihre Leserinnen für dumm. Im Roman klebt sich die Heldin eine Warze ins Gesicht und färbt sich die Haare, und der Mann, mit dem sie jahrelang zusammengelebt hat, erkennt sie auf einmal nicht mehr.

Dieser Roman wird nahezu nur schlecht rezensiert und als zu abstrakt, übertrieben und unrealistisch kritisiert. Eva Heller hat „eine Geschichte konstruiert, die hanebüchen ist. Abstrus auch die Ballung gequält-lustiger und dabei leicht schlüpfriger Ausführungen über Damenbinden oder verschiedene Sexualpraktiken. Vermutlich hat Heller nach vieler Seicht-Literatur ein echtes Werk schreiben wollen - und ist damit gescheitert, wobei offen bleibt, ob dies an ihrer Unzulänglichkeit oder an der Tatsache liegt, daß Tiefschürfendes in diesem Genre nicht möglich ist.“25 Viele KritikerInnen sind von der Lektüre enttäuscht, weil die Autorin sich an Kitschromanen orientiert. „Es ist, als habe die Frauenbewegung nie stattgefunden. Nicht anders als in der von Frauen für Frauen im 19. Jahrhundert geschriebenen Trivialliteratur, steht im Mittelpunkt des weiblichen Lebenskampfes der Mann.“26 Manch eine KritikerIn vergleicht Eva Heller mit einer neuen Court-Mahler der Trivialliteratur.

Daß der Witz und die Vielseitigkeit fehlt, stört viele KritikerInnen. 27 „Auf intrigantes Raffinement legt die Gemeinde der Autorin allem Anschein nach ebensowenig Wert wie auf satirische Ironie oder sprachliche Originalität: Hier geht es in jeder Hinsicht frisch-fröhlich mit dem Holzhammer zur Sache, als sollte endgültig das Vorurteil widerlegt werden, daß Frauen nicht fürs Grobe taugen.“28 Eva Heller benutzt die Schadenfreude, um ihre Leserinnen zu unterhalten. In ihren Romanen finden sich viele hohle Floskeln und platte Deutungsmuster.29 Die Frauenzeitung Emma schreibt dazu: „Der Roman ist zwar streckenweise komisch, aber er ist nie ironisch. Er ein typisches Zeitgeistprodukt, das immer nur Oberflächen beschreibt und bereit ist, sich aufs Schnodderigste über alles und jede zu mokieren.

Und das Teil auf platteste Art. Bei Eva Heller sind alle Frauen schlicht lächerliche Figuren.“30

Eva Heller unterteilt ihre Romane in Kapitel. Sie steht in unmittelbaren Kontakt zu ihrer Leserin, indem sie ihre Heldin Fragen an die Leserinnen stellen läßt.31 Eva Heller benutzt in ihren Romanen eine gewöhnliche Umgangssprache mit einem naiven Plauderton. Ausdrücke wie: „Man kennt ja die Situation heutzutage“, „Stellen Sie sich das mal vor, da fragt man sich doch, wie das möglich ist“ oder „Bitte keinen Neid auf meine Idealfigur“ vermitteln den Leserinnen eine Nähe zur Autorin und der Romanheldin.

Eva Heller schreibt in der Ich-Form. In ihren Romanen gibt es immer ein Happy End. Es scheint so, als wolle die Autorin sich nicht darauf verlassen, daß auch Romane ohne Happy End ihren Reiz haben können.

2.2. Gaby Hauptmann

2.2.1. Biographie

„ Es gibt Frauen, denen bleibt nichts anderesübrig, als Karriere zu machen, sonst werden sie zum Sozialfall. Ich bin so eine. “ 32

Gaby Hauptmann, 1957 in Trossingen geboren, arbeitet als freie Journalistin, Filmemacherin und Autorin am Bodensee. Sie lebt mit ihrem Freund und ihrer achtjährigen Tochter zusammen. Gaby Hauptmann war Mitarbeitern des Hörfunksender SWF, als sie schwanger wurde. Da sie alleinerziehende Mutter war, sah sie sich gezwungen, fortan eine Tätigkeit auszuüben, die sie von zu Hause betreiben konnte. Sie fingt an zu schreiben, 1995 erschien „Suche impotenten Mann fürs Leben“, inzwischen über eine 1,5 Millionen Mal verkauft. Ein Jahr später folgte „Nur ein toter Mann ist ein guter Mann“, ein Roman mit kriminalistischen Ansätzen, der inzwischen für die ARD verfilmt wurde. 1997 wurde „Die Lüge im Bett“ herausgegeben, ein Buch von dem bereits im ersten halben Jahr über 350 000 Exemplare verkauft wurden. Im August 1998 erschien ihr bisher letzter Roman „Eine Handvoll Männlichkeit“. Gaby Hauptmann hofft, daß ihre Romane „Brücken schlagen“ und die Frauen zum Gedankenaustausch anregen.33

[...]


1 Hera Lind zum Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt, 2. Januar 1998

2 vgl. ebd.

3 Hera Lind zum Börsenblatt, 10. März 1995

4 Jurgensen, Manfred: Frauenliteratur, München 1985, Seite 14

5 von Wilpert, Gero: Sachwörterbuch der Literatur, Stuttgart 1979, Seite 279-281

6 Gürtler, Christa, Schreiben Frauen anders? Stuttgart 1983

7 Richter-Schröder, Karin: Frauenliteratur und weibliche Identität, Frankfurt am Main 1986, Seite 129, 130

8 Die neuen Rubriken nannten sich: Neue Frau (Rowohlt), Die Frau in der Gesellschaft (Fischer), Frauen in/Frauenthemen (dtv), Die Frau in der Literatur (Ullstein), Frauenleben (Goldmann) Frauen und Literatur (Droemer Knaur), Besonders für Leserinnen (Herder), Frauen (Bastei Lübbe)

9 Der Spiegel, 20. März 1995

10 Bis heute wurde der Roman über 2 Millionen Mal verkauft

11 Der Spiegel 28. August 1989

12 Der Spiegel, 20. März 1995

13 Emma Januar/Februar 1997

14 Der Spiegel, 21. Dezember 1987

15 DPA 18. April 1995

16 Ausspruch von Eva Heller im Frühjahr 1997

17 Der Spiegel, 3. März 1997

18 Heller, Eva: Erst die Rache dann das Vergnügen, München 1997, Seite 26

19 Eva Heller zur Süddeutschen Zeitung am 18. November 1993

20 Der Spiegel, 21. Dezember 1987, Rezension zu „Beim nächsten Mann wird alles anders“

21 Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. April 1997, Rezension zu „Beim nächsten Mann wird alles anders“

22 Westfälische Rundschau, 6. August 1993, Rezension zu „Der Mann der’s wert ist“

23 ebd.

24 Badische Zeitung, 27. Februar 1993, Rezension zu „Der Mann der’s wert ist“

25 Westfälische Rundschau, 14. März 1997, Rezension zu „Der Mann der’s wert ist“

26 Badische Zeitung 9. April 1997, Rezension zu „Erst die Rache, dann das Vergnügen“

27 vgl. Der Tagesspiegel, 15. Juni 1997, Rezension zu „Erst die Rache, dann das Vergnügen“

28 Frankfurter Allgemeine Zeitung 12. April 1997 Rezension zu „Erst die Rache, dann das Vergnügen“

29 Westfälische Rundschau, 6. August 1993, Rezension zu „Der Mann, der’s wert ist“

30 Emma, Februar 1988, Rezension zu „Beim nächsten Mann wird alles anders“

31 So schreibt Eva Heller in „Erst die Rache, dann das Vergnügen“: „Neben dem Brief lag ein

winziges Päckchen, eingewickelt in einen Zettel, darauf stand: ‘Für Deine Emanzipation in Deinem künftigen Leben.’ Wissen Sie, was es war? Eine Packung Kondome.“

Aus: Heller, Eva: Erst die Rache, dann das Vergnügen, München 1997, Seite 9

32 Stern, 7. Mai 1997

33 Gaby Hauptmann zu Bettina Böttinger in: B. trifft, WDR Fernsehen, 4. Juli 1997

Ende der Leseprobe aus 80 Seiten

Details

Titel
"Superweiber" im neuen deutschen Frauenroman - Zur Kritik eines gesellschaftlichen Stereotypes
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Note
1.7
Autor
Jahr
1998
Seiten
80
Katalognummer
V185313
ISBN (eBook)
9783656998549
ISBN (Buch)
9783869430096
Dateigröße
850 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
superweiber, frauenroman, kritik, stereotypes
Arbeit zitieren
Ulrike Boldt (Autor:in), 1998, "Superweiber" im neuen deutschen Frauenroman - Zur Kritik eines gesellschaftlichen Stereotypes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185313

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