Chancen und Risiken ausländischer Investoren im Hinblick auf die veränderten Rahmenbedingungen im Wirtschaftsraum China


Diplomarbeit, 2000

116 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


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Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung Art. Artikel BfAI Bundesstelle für Außenhandelsinformation

BIP Bruttoinlandsprodukt CJV Cooperative/Contractual Joint Venture DG Bank Deutsche Genossenschaftsbank EJV Equity Joint Venture f. folgende F.A.Z Frankfurter Allgemeine Zeitung ff. fortfolgende Hrsg. Herausgeber JV Joint Venture KPCh Kommunistische Partei China MOFTEC Ministery of Foreign Trade Economy China o.V. ohne Verfasser PBOC People’s Bank of China RMB Renminbi (offizielle Bezeichnung der chinesische Währung) S. Seite SAFE State Administration of Foreign Exchange SWZ Sonderwirtschaftszone VAT Value Added Tax VR China Volksrepublik China WFOE Wholly Foreign Owned Enterprise WTEZ Wirtschaftliche und Technologische Entwicklungszone WTO World Trade Organisation

I Einleitung 1

I. Einleitung: Ziel der Diplomarbeit

Da die Chancen und Risiken und der daraus resultierende Erfolg bzw. Mißerfolg einer Direktinvestition sehr stark von den Umweltfaktoren des Landes abhängig sind, wurde

im zweiten Kapitel besonders auf die externen Einflußfaktoren eingegangen. Die darge-

stellten wirtschaftlichen, politischen, kulturellen, sozialen und ethische Gesichtspunkte können damit Erfolgsfaktoren repräsentieren, auch wenn sie von der Unternehmung nicht gezielt beeinflußbar sind.

Werden die allgemeinen Umweltfaktoren (in Kapitel II dargestellt) und die für das ausländische Unternehmen geltenden Bestimmungen (vgl. Kapitel III) zusammengefaßt, so ergibt sich eine ganz spezielle Umweltsituation, die sich auf das ausländische Unternehmen auswirkt.

I Einleitung

Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt dabei nicht in der Darstellung und Analyse eines chinaspezifischen Strategieplanes. Dieses würde den Rahmen der Arbeit sprengen und muß somit ausgegliedert werden. Vielmehr sollen die allgemeinen und die für ausländische Investoren bestehenden Rahmenbedingungen untersucht werden und daraus Schlüsse für unternehmenspolitische Entscheidungen bei einem China-Engagement getroffen werden.

sich ständig ändernden chinesischen Gegebenheiten, auf zuverlässige aktuelle Informationen ankam, konnten bestehende, Veröffentlichungen nur im begrenzten Maße verwendet werden. Die Suche nach aktuellen Veröffentlichungen erwies sich als großes Problem, weshalb sich die Verfasserin vor allem bei aktuellen volkswirtschaftlichen Zahlen verstärkt auf Quellen aus dem Internet bzw. Zeitungen/Zeitschriften stützte. Speziell beim Internet, muß jedoch aus Datensicherheitsgründen auf die Zuverlässigkeit und Validität der Informationen hingewiesen werden und gleichfalls berücksichtigt werden. Dieses gilt vor allem bei chinesischen Websites.

Des weiteren wird darauf hingewiesen, daß bei der Analyse der gesamtwirtschaftlichen Situation, die Daten zum Teil auf chinesische Quellen basieren. 2

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II. Die Umweltfaktoren in der VR China

-bedingungen werden allerdings als ausschließlich externe, von der Unternehmung nicht beeinflußbare Größen definiert. Sie sind damit von dem Unternehmen selbst nicht steuerbar, können aber ihrerseits Einfluß auf den Unternehmenserfolg haben.

daß durch die Zusammenarbeit in der ausländisch-chinesischen Kooperation beispielsweise Werthaltungen chinesischer und ausländischer Mitarbeiter sich verändern, die gemäß dem Umweltschichtenmodell zu unabhängigen Umweltvariablen gerechnet werden. Der Erfolg spezifischer Aufgaben kann danach auch von der Wechselwirkung mit

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Abbildung 1: Umweltschichtenmodell nach Dülfer

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Quelle: Dülfer, E: .Internationales Management in unterschiedlichen Kulturbereichen, S. 211

„In bezug auf die unternehmerischen Aufgaben kann sich die andersartige Umweltprä- gung .. sowohl normativ auf Werte und Einstellungen als auch funktional auf das Verhalten und die Anwendung von Strategien und Instrumente auswirken. Damit beeinflussen die Umweltfaktoren die Definition von Zielen und anzustrebenden Ergebnissen Strategien und Vorgehensweisen zur Zielerreichung Verhaltensweisen und sozialen Rahmenbedingungen Einigungsstrategien bei Interessenkonflikten

Umsetzungsstrategien und den Instrumenteeinsatz bezüglich der Aufgaben und Maßnahmen.

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Ausgehend von diesem Schichtenmodell sollen im Folgenden auf die diejenigen Faktoren eingegangen werden, die im Rahmen eines China-Engagement sowohl in der Chinabezogenen Literatur als auch aus Erfahrungen von Unternehmen aus der Praxis als typische Einflußfaktoren genannt werden.

1. Sozio-Demographische Entwicklung

und der K.P. China schätzte eine hohe Bevölkerungszahl, weil sie ein Symbol nationaler Größe und ein wirksames Abwehrmittel gegen jegliche Kolonialinteressen und Angriffe der Großmächte war.

Nach offiziellen Schätzungen leben in China 1,25 Mrd. Menschen (Ende 1998), was einem Anteil von etwa 22% der Weltbevölkerung entspricht. Zwischen 1950 und 1990 hat sich trotz staatlicher Maßnahmen zur Geburtenkontrolle, die Zahl der Einwohner mehr als verdoppelt, z.B. die seit Anfang der siebziger Jahre propagierte „Ein-Kind-Familie“. 8 Bevölkerungsverteilung

Chinas Bevölkerungsdichte ist von starken regionalen Unterschieden geprägt. Zusätzlich hat die wirtschaftliche Entwicklung seit Beginn der achtziger Jahre zu einer Migration der Landbevölkerung in städtische Gebiete geführt. Wesentlich dazu beigetragen hat die zunehmende Industrialisierung und dadurch die Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Ballungszentren aber auch eine verbesserte Lebensqualität.

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Seit Mitte der achtziger Jahre war China einem Entwicklungsmodell gefolgt, das vor allem auf den Außenhandel setzte. Diese exportorientierte Wachstumspolitik stößt jetzt jedoch wie schon in den Tigerstaaten an ihre natürlichen Grenzen. Die chinesische Wirtschaft ist zwar im Jahr 1998 Jahr dank einer fast lückenloser Devisenkontrolle von den Turbulenzen der Finanzmärkte verschont geblieben, doch seit Anfang 1999 gibt es beunruhigende Anzeichen, daß ihr die Luft ausgehen könnte. 1998 brach der intraregionale Handel in Südostasien zusammen, was für China drastische Exporteinbußen und eine spürbare Verminderung des Wachstums zur Folge hatte.

Das Durchschnittswachstum des BIP lag 1991 bis 1996 bei 12,1%. Das Wirtschaftswachstum betrug 1998 gerade mal 7,8% (1997: 8,8%) und in den ersten drei Quartalen für das Jahr 1999 zeichnete sich eine weitere Verminderung ab (7,4%). 10 Die chinesische Führung ist über die Wirtschaftsentwicklung zunehmend besorgt. Selbst nach den - ohnehin geschönten - amtlichen Statistiken rechnet man für das Jahr

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Regierung versucht, die lethargische Binnennachfrage anzukurbeln. Aber weder das gigantische Infrastrukturprogramm, noch der staatlich geförderte Boom am Aktienmarkt und auch nicht die neue Kreditoffensive, welche die Chinesen dazu bringen soll mehr Geld auszugeben und zu konsumieren, haben eine Wirkung gezeigt. „Die hohe Sparquote, die ca. 68% des BIP von 1999 betrug, spiegelte jedoch vor allem die Unsicherheit vor dem Hintergrund der Asienkrise und die hohe Arbeitslosigkeit in China wider; sie ist kaum durch Zinssätze zu beeinflussen. Ausländische Fachleute weisen auch darauf hin, daß 83,2% aller Ersparnisse von nur 2,5% der Bevölkerung stammen.

Ein Zeichen dafür, daß auch eine Stimulierung der Nachfrage, z. B. durch die aktuelle Zinssenkung, keine Trendwende auslösen wird.“ 12

Die Zusammensetzung des Wirtschaftswachstum lt. offizieller chinesischer Statistiken, ist nach Angabe der Asian Development Bank relativ zweifelhaft. Aufgrund hoher Überproduktion und überfüllter Lagerhäuser ist ein Wachstum 1998 von etwa 6% eine zutreffendere Zahl. Etwa 1% des Wachstums war aufgrund massiver Investitionen der Regierung für den Ausbau der Infrastruktur und zusätzliche 3% durch Migration der Landbevölkerung in die Städte, wo eine ohnehin höhere Produktivität gegeben ist, zustande gekommen. 13

Lange wurde Chinas Wachstum und die Entwicklung von der Exportwirtschaft angetrieben.

1998 stand China als Export- und Importland weltweit an elfter Stelle und als neunt größte Exportnation der Welt. 14

Besonders bedenklich macht sich jedoch das immer deutlichere Durchschlagen der Asien-Krise auf die Exportwirtschaft und die Auslandsinvestitionen. Die Turbulenzen in den Krisenregionen haben die wirtschaftliche Substanz des Landes schwer beschädigt.

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„1998 erreicht der Außenhandel 323,93 Mrd. US-Dollar und weist damit erstmals seit

Erste Anzeichen einer Erholung der Exporte waren in den ersten 10 Monaten 1999 mit einem Wachstum von 4,3% zu verzeichnen. Besonders im September und Oktober 1999 stiegen die Exporte im Vergleich zu 1998 jeweils um 20,2% und 21,3%. Die wegen der Asien-Krise geschwächten Exporte nach Japan und Südkorea die 1998 einen Rückgang von 6,7% und 31,3% verzeichneten, stiegen in den ersten neun Monaten um 10,7% und 6,7%. 17

Trotz der insgesamt unbefriedigenden Exporte, und den um 19% steigenden Importe, insbesondere aus Europa, USA und Japan, hat China von Januar bis Oktober 1999 zwar ein Rückgang des Handelsüberschuß von 38% erfahren, behält dennoch ein positives Ergebnis von 23,8 Mrd. Dollar (siehe Tabelle 1).

2.1.3 Ausländische Direktinvestitionen

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führten Investitionen aus Asien fielen 1998 um 13,4% bzw. 9,3%. Die Investitionen aus USA und Europa gleichten 1998 diesen Negativtrend zum größten Teil aus. 20 Auch die Entwicklung in den ersten 10 Monaten 1999 bestätigte erneut den Trend rückgängiger Direktinvestitionen. Die getätigten Direktinvestitionen fielen um fast 7%, die vereinbarten (ein Indikator für die Entwicklung im kommenden Jahr) sogar um über 17%. „Hochgerechnet dürften im laufenden Jahr zwischen 10 und 20 Milliarden Dollar weniger ins Land kommen als 1998.“ 21

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Tabelle 1: Aktuelle Wirtschaftsdaten

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*reales Wachstum; ^ Zahlen von Januar - September

Quelle: BfAI (Zahlen für das Jahr 1998), The State Statistical Bureau China (Angaben für das Jahr 1999)

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Als die Kommunisten im Jahr 1949 zur Herrschaft gelangt waren, konstruierten sie nach der marxistischen Theorie und dem russischen Vorbild das „System des öffentlichen Sektors“ in China. Zuerst enteigneten sie die Bauern auf dem Land; danach wurden in den Städten sämtliche Privatunternehmen durch Konfiszierung oder Kauf vom Staat übernommen.

Dreißig Jahre lang wurde China durch die Planwirtschaft beherrscht, bis zum Beginn der Amtszeit Deng Xiao-Pings, der 1978 in der Parteisitzung vom 18. Dezember mit einem Reformbeschluß einen Wandel des chinesischen Wirtschaftssystems in Gang setzte und dadurch der Auslöser für ein hohes Wachstumstempo wurde. Die KPCh setzte auf eine Reformstrategie, die sich von dem Anspruch eines sofortigen Wandels des Wirtschaftssystems abhebte. „Während die idealtypische Version des abrupten Wandels eine schnelle und vollständige Preisfreigabe sowie Liberalisierung des Handels, Privatisierung, Abschaffung der staatlichen Monopole im Industriesektor und umfassende Reformen des Finanzsektors und des Steuersystems verlangt hätte, wurden in China Parallelstrukturen aufgebaut: Beispielsweise blieben die Preiskontrollen bestehen, doch gleichzeitig wurde der Umfang der Marktverkäufe erhöht; statt Privatisierung wurden private, kollektive und Auslandsunternehmen neben den staatlichen zugelassen und die Marktzutrittsbarrieren reduziert; es erfolgte keine abrupte Abschaffung der zentralen Planung, vielmehr wurde der Kontrollumfang schrittweise reduziert.“ 22

Doch bei dem Unterschied und die Beziehung zwischen Planwirtschaft und Marktwirtschaft wurde lange und heftig diskutiert. Die Debatte dauerte 14 Jahre, bis zum Jahr 1992, als auf Beschluß des XIV. Parteitags die „sozialistische Marktwirtschaft“ eingeführt wurde. Im wesentlichen gibt es zwar keinen Unterschied in der Funktionsweise der freien und sozialistischen Marktwirtschaft, die Hauptfunktion dieses Umgangs mit den Begriffen liegt eben darin, es China weiterhin zu ermöglichen, sich als sozialistisches Land zu definieren.

„Auf die Einführung der Marktwirtschaft ist die rasche Entwicklung des Privatsektors gefolgt. Wegen ihrer geschlossenen Organisationsstruktur und der mangelnden Leistungsfähigkeit ihres Managements können sich die Staatsunternehmen nicht auf die Marktmechanismen einrichten und erfolgreich mit den Privatunternehmen konkurrieren

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Die Unternehmensformen in China können, lt. der neuen Verordnung des Staatlichen Statistikamtes und des Staatlichen Industrie- und Handelsamtes, in zwei Hauptgruppen unterschieden werden. Die „Unternehmen im Allgemeineigentum“ umfassen im Allgemeinen staatliche und kollektive Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen, Kooperationsunternehmen auf Aktien, staatliche Aktiengesellschaften und GmbH`s mit staatlichen Kapital. Zu den „Unternehmen nicht in Allgemeineigentum“ gehören die Privatunternehmen (Betriebe mit mehr als sieben Beschäftigten), Einzelunternehmen (Betriebe mit weniger als acht Beschäftigten), chinesisch-ausländische Gemeinschaftsunternehmen oder Kooperationsunternehmen, ausländische Unternehmen mit 100% ausländischem Kapital und Aktiengesellschaften mit ausländischem Kapital. Im Unterschied zu den noch dominierenden Staatsbetrieben entwickelt sich die Privatwirtschaft prächtig: von 1978 bis 1996 ist ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt von einem Prozent auf 24 Prozent gestiegen. Der industrielle Bruttoproduktionswert privater Unternehmen stieg um 13,5%, dagegen der kollektiver Unternehmen nur um 8,8% und der staatlichen Unternehmen sogar nur noch um 4,8%. 24

Derzeit gibt es ca. 23.000 große und mittlere Staatsunternehmen, das sind zwar nur 0,3% aller Betriebe, sie beschäftigen jedoch 26,4% aller Industriearbeiter und Angestellten. Ende 1998 beschäftigten die 1,04 Mio. „Privatunternehmen“ und 2,86 Mio. „Individualunternehmen“ mehr als 78,23 Millionen Menschen. 25 Beim Parteikongreß Ende 1997 wurde die Bedeutung der Privatwirtschaft erstmals anerkannt und seit Ende 1998 können auch Außenhandelsrechte erteilt werden. Bis dahin konnten Privatunternehmen nur über die staatlichen Außenhandelsgesellschaften im- und exportieren.

Im März 1999 wurde die Funktion der Privatunternehmen sogar als wichtiger Bestandteil der sozialistischen Marktwirtschaft in der Verfassung verankert, sie sind damit rechtlich den „Unternehmen im Allgemeineigentum“, also staatlichen und den kollektiven Betrieben, nahezu gleichgestellt. 26

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2.3 Die ungleiche Entwicklung zwischen den Regionen

Die Ostregion Chinas umfaßt 12 Provinzen, macht 14% der Gesamtfläche und 40% der Gesamtpopulation aus. Durch die Einrichtung der 5 Sonderwirtschaftszonen, die alle an der Küste liegen vollzog sich ein schrittweiser Wandel der gesamten regionalen Wirtschaftsstruktur. Sie bildeten ein vom Umland abgeschirmtes Experimentierfeld für ausländische Produktions- und Managementmethoden und verfügen heute im Vergleich zum Westen Chinas über ein überdurchschnittlich ausgebautes Infrastrukturnetz und eine relativ hohe Anzahl an qualifizierten Arbeitskräften. Durch die zahlreichen finanziellen und steuerlichen Sonderregelungen, entwickelte sich die Küstenregion zu einem riesigen Produktionszentrum für den Export und zum dynamischen Wachstumspol der chinesischen Wirtschaft.

Da 90 Prozent der Auslandsinvestitionen in die Küstenregionen fließen, liegt hier die Wachstumsrate um 50 bis 100 Prozent über dem Landesdurchschnitt. Bereits 1996 waren 57,9% des Bruttoinlandsproduktes den östlichen Regionen zuzuschreiben. 28 Im Vergleich zu den Ostregionen ist der Westen und das Landesinnere hinsichtlich Infrastruktur relativ zurückgeblieben und im Allgemeinen weit davon entfernt eine export- und investitionsführende Wirtschaft zu sein.

Die liberale Wirtschaftspolitik hat aber nicht nur zu interregionalen Wachstumsunterschieden geführt, sondern auch eine soziale Ungleichheit und politische Instabilität hervorgebracht. Die Einkommensunterschiede und der Entwicklungsstand zwischen den Neureichen im Osten und den Armen im Westen stellt eine ernsthafte Bedrohung für die

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2.4 Die wichtigsten Reformmaßnahmen

2.4.1 Die Reform der Staatsindustrie

Der Transformationsprozeß der staatseigenen Industrie ist jedoch noch nicht abgeschlossen, denn auch Ende der 90er Jahre lehnt die chinesische Regierung die offene Privatisierung der großen Staatsbetriebe ab. Kleinere Unternehmen dagegen können inzwischen aus dem Staatssektor durch Verkauf, Verpachtung etc. herausgelöst werden, und auch eine „stille“ Privatisierung durch Gründung von sino-ausländischen Joint-Venture-Unternehmen und den Verkauf von Unternehmensanteilen über den Aktienmarkt ist möglich.

„Die Reformen zielen u.a. darauf, durch einen Konzentrationsprozeß Industrieunternehmen zu großen Konglomeraten (einstiges Vorbild Korea) zu vereinen, die künftig als Aktiengesellschaften mit staatlicher Mehrheitsbeteiligung strukturiert werden sollen.“ 31

Ziel der Reformen der staatseigenen Unternehmen ist es, durch eine Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen auf die Unternehmensleiter Effizienzsteigerungen herbeizu-

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Trotz einer Reihe von spektakulären Konkursen besteht nach wie vor wenig Bereit- die Unternehmen Bankrott gehen zu lassen, insbesondere nicht auf lokaler Ebene. Verfahrensprobleme machen Konkurse außerdem schwierig, zeitintensiv und kostenträchtig. Außerdem werden Konkurse aufgrund der damit verbundenen Zunahme der offenen Arbeitslosigkeit und sozialen Instabilität soweit wie möglich vermieden.

Der zweigleisige und schrittweise Reformansatz ist auch charakteristisch für die außen- Öffnungspolitik.

In der folgenden Betrachtung soll ein Überblick über die Transformation der drei zentralen Elemente des Außenwirtschaftssystems - des Außenhandel, der Wechselkurse sowie des Kapitalverkehrs - mit dem Ausland gegeben werden. „Ziel der Reform des Außenhandels war die Anpassung der Import- und Exportgüterstrukturen an Marktnachfrage und -angebot im In- und Ausland.“ 33 Dies geschah zunächst durch die Aufweichung der Planvorgaben im Außenhandel und der Einführung von Außenhandelsgesellschaften (vorwiegend große staatliche Unternehmen), die für die Umsetzung der Pläne verantwortlich waren und ein Außenhandelsmonopol hatten. Daneben haben mittlerweile auch einige große Industrieunternehmen das Außenhandelsrecht zugestanden bekommen. Ebenso haben inzwischen etwa 150.000 ausländische Investoren, seien es Joint-Ventures oder 100% Auslandsunternehmen in der Zwischenzeit eine Außenhandelsgenehmigung erhalten. 34 „Die Export - und Importplanung wurde schrittweise durch die indirekte staatliche Lenkungsmechanismen ersetzt. Mitte 1996 veröffentlichte das chinesische Außenwirtschaftsministerium (MOFTEC) einen neuen Katalog über diejenigen Importe, die

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Von Einfuhrquoten sind derzeit insbesondere Produkte folgender Produktkategorien betroffen: Naturkautschuk, Reifen, Zucker, chemische Dünger, Tabak, Baumwolle, Wolle, Autos und Autoteile, Motoren, Farbfernseher, Kameras, Waschmaschinen usw. Weiterhin gab es Ende 1996 116 Exportgüterkategorien, für die Lizenzen erforderlich waren; davon unterlagen 96 Güterkategorien zusätzlichen Quotenvorgaben (freiwillige Exportbeschränkungen und Zwangsweise vom Ausland verhängte Quoten). Seit Januar 1999 wurde die Exportlizenzkontrolle auf 58 Warenkategorien reduziert und Quotenbeschränkungen für 24 Waren aufgehoben. 36

Gleichzeitig waren die Reformen im Außenhandel begleitet von der Umgestaltung des Wechselkurssystems hin zur Teilkonvertibilität der Währung. Hierzu zählte zunächst die Aufspaltung des Wechselkurses in einen offiziellen Wechselkurs, der staatlich festgelegt wurde und v.a. für Außenhandelstransaktionen galt, und einem zweiten Wechselkurs der durch die Devisen-Swapzentren im Jahre 1986 entstand und besonders für Devisengeschäfte ausländischer Unternehmen bestimmt war. Seit dem 30. November 1996 ist die chinesische Währung RMB teilkonvertibel oder über laufendem Konto vollkonvertibel. Im Dezember 1998 werden auch die überflüssig gewordenen Swap-Märkte abgeschafft, an denen legitimierte Kunden ihren Devisenumtausch vornehmen können. Seit 1996 können Devisen über laufende Konten bei Banken gekauft und verkauft werden. Die noch bestehenden 35 Swap-Märkte werden in lokale Zweigstellen des China Foreign Trade Exchange System unter der Bank of China umgewandelt. 37

Nach verschiedenen Abwertungen der chinesischen Währung gab es seit der Vereinheitlichung der gespaltenen Wechselkurse nur noch geringe Kursschwankungen. Die Liberalisierung des Kapitalverkehrs hatte ebenfalls eine herausragende Bedeutung im Rahmen der Reform des Außenwirtschaftssystems und für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung.

Durch die verbesserten gesetzlichen Rahmenbedingungen für Kapitalimporte und durch die steigende Attraktivität des chinesischen Binnenmarktes konnte China in den letzten Jahren hohe ausländische Direktinvestitionen absorbieren.

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2.4.3 Umstrukturierung des öffentlichen Finanz- und Bankensystems

Ziel der Reformmaßnahmen ist die Neuaufteilung der Banken in Geschäftsbanken, die nach Effizienzkriterien arbeiten, und solchen, die nach wirtschaftspolitischen Richtlinien Kredite vergeben. 39 Das Problem: Die vier fraglichen Banken sind faktisch bankrott, da man sie seit Jahren zwingt, Gelder an Staatsunternehmen zu verteilen, die nicht rückzahlungsfähig sind. Nun sollen die Banken gegenüber Unternehmen durch die Kreditvergabe nach Effizienzkriterien eine Kontrollfunktion ausüben. Da Staatsunternehmen bei den Banken jedoch hoch verschuldet sind, besitzen diese ein eigenes Interesse daran, die Unternehmen durch neue Kredite vor dem Konkurs zu schützen. Schätzungsweise beträgt der Anteil notleidender Kredite am gesamten

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Spekulationen über eine mögliche Abwertung der chinesischen Währung um die derzeit schwache Exportnachfrage anzukurbeln geben weiterhin Anlaß zur Beunruhigung. „Ausländisches Kapital, das zur Sanierung der Wirtschaft und besonders des Bankensystems in China dringend benötigt werde, könnte im Falle sich mehrender Abwertungsgerüchte scheu werden.“ 41 Eine Abwertung des Renminbi hätte aber auch weitreichende Folgen für Hong Kong, dessen Währung an den amerikanischen Dollar gebunden ist. Mit einem solchen Schritt würde nämlich der Fortbestand des Hong Kong-Dollar in Frage gestellt. Ausländische Anleger wären dann über Nacht nicht mehr im berechenbaren Hong Kong-Dollar, sondern im Renminbi engagiert und damit Kapitalverkehrskontrollen unterworfen.

In Shanghai und Kanton dürfen ausländische Versicherungsgesellschaften mit eigenen Filialen tätig sein. Bis Ende Oktober 1998 waren es neun Versicherungsgesellschaften aus acht Ländern. Ihre Geschäftstätigkeit ist allerdings hinsichtlich ihres Kundenklientel bei Lebensversicherungen (nur Einzelpersonen) und Versicherung für Eigentum und Gegenstände (nur Auslandsunternehmen) stark eingeschränkt. 43 Ein wichtiger Schritt zur Öffnung des chinesischen Marktes für ausländische Investoren, besonders im Finanz- und Bankensektor sind in den laufenden Verhandlungen über den Beitritt Chinas in die WTO erzielt worden. Danach müßte China, um in die WTO aufgenommen zu werden, unter anderem genau diesen Bereich für den Wettbewerb freigeben.

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2.4.4.1 Infrastruktur

Chinas Wirtschaftsentwicklung wird durch die ungenügende Infrastruktur behindert. Besonders fehlende Transportkapazitäten bereiten den ansässigen Unternehmen oft Probleme. Die Folgen der unzureichenden Transportstruktur, die eine pünktliche und vorhersehbare Bereitstellung von Gütern erheblich erschweren, sind vor allem für den verarbeitenden Sektor gravierend. Dabei wurden in den letzten Jahren bereits große Anstrengungen beim Ausbau eines Schienen- und Straßennetzes für die Güter- und Personenbeförderung unternommen. Mit der Einführung von Märkten und der damit verbundenen Veränderung der Distribution von Waren und Dienstleistungen sind jedoch die Ansprüche an die Effizienz der Infrastruktur, insbesondere der Verkehrsinfrastruktur, aber auch Telekommunikation und Dienstleistungen gestiegen. China benötigt dafür modernste Techniken sowie Logistikkonzepte und vor allem sehr viel Kapital. „Für den Ausbau des Verkehrsnetzes sind nach Schätzungen insgesamt etwa 100 Mrd. US $ notwendig, und die Beteiligung ausländischer Unternehmen .. wird erforderlich sein, um die hochgesteckten Ziele im Transportsektor zu erreichen.“ 44

Telekomnetze sind nach wie vor Staatssache, ausländische Betreiber sind bisher nicht zugelassen. Neuüberlegungen über das Aufbrechen des Monopols der Telekom wurden erstmals mit dem Beitritt Chinas in die WTO gemacht. Die Pläne zum Ausbau des Telekommunikationssektors in den nächsten fünf Jahren, z.B. die Ausweitung der Anschlüsse sowie die Erhöhung der Telefondichte, erfordern Investitionen von ca. 56 Mrd. US $. 46

Mit dem Beginn des Internetzeitalters 1994 wird die Informationswirtschaft zum Motor der Konjunktur. Doch trotz durchschnittlicher Wachstumsrate von etwa 120%, ist die

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Deswegen setzt hier das Konzept des amerikanischen Webbetreibers MyWeb an, der zunächst 200.000 Chinesen den Internetzugang über das Kabelfernsehen durch eine sogenannte Set-Top-Box seit Juli 1999 ermöglicht. Doch auch Gigant Microsoft, versucht sich mit seiner Set-Top Technologie bekannt als „Venus Projekt“ im chinesischen Markt zu etablieren. 48

Chinas Service Sektor macht zur Zeit etwa 30% des gesamten BIP`s aus, ist aber dabei sich sehr schnell zu entwickeln. Generell leidet der Binnenhandel 1998, angesichts hoher städtischer Arbeitslosenzahlen, unter einem Überangebot und der Zurückhaltung der Verbraucher.

China öffnete seinen Dienstleistungssektor erst 1992 und dies auch nur teilweise dem Ausland. Nur in elf ausgewählten Küstenstädten sind Auslandsbeteiligungen im Handelsbereich erlaubt. 49 Die chinesische Regierung verhindert nach wie vor Gründungen von Auslandsunternehmen (Wholly foreign owned Enterprise) im Einzel-und Großhandelsbereich. Ausländische Handelshäuser dürfen bislang nur in der Sonderwirtschaftszone Pudong (Shanghai) errichtet werden. Der Reformbedarf im Handelsbereich ist also hoch. Neuer Wachstumsmarkt im Servicesektor ist zunehmend die Werbebranche und auch der Tourismus.

Ende 1997 sind 57.204 Werbeagenturen (darunter weit mehr als 100 Joint-Ventures) registriert und auf sie entfällt ein Umsatz von 46,2 Mrd. RMB. 50 In der Tourismusbranche arbeiten derzeit 13,5 Mio. Menschen und sie gilt als großes Wachstumsfeld. Doch auch hier durften ausländische Unternehmen bislang jedoch nur in Form von Repräsentanzen tätig werden.

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Zum 01.07.1997 ist die britische Kronkolonie als Sonderverwaltungszone Teil der V.R. China geworden. Gemäß dem „Basic Law of the Hong Kong Special Administrative Region of People`s Republic of China“ soll Hong Kong nach 1997 ein hohes Maß an Autonomie besitzen und mit einer eigenen exekutiver, legislativer und „unabhängiger juristischen Gewalt“ ausgerüstet sein. „Das wirtschaftliche und politische System bleibt nach dem Prinzip (Zitat)„ein Land -zwei Systeme“ unverändert. Formal ist die Regierung in Beijing nach der Übergabe lediglich für die Außen- und Sicherheitspolitik Hongkongs zuständig.“ 51

Zwei Jahre danach behält Hong Kong, dank stabiler Rahmenbedingungen für Unternehmen, zwar weitgehend sein wirtschaftliches System, doch sind Grundsatzfragen immer mehr abhängig von der Haltung der Regierung in Peking. Auch politisch gesehen wird der Autonomie Grenzen gesetzt. Die Autonomie wird nur erhalten werden können, solange die Verwaltung Hongkongs im Sinne Chinas erfolgt 52

Die Wirtschafts- und Investitionsschwerpunkte Hongkongs liegen vor allem im Dienst- besonders wegen seiner Drehscheibenfunktion in der asiatisch-pazifischen Region und dem bedeutenden Banken- und Finanzplatz. „Hongkong ist jetzt ein Investitionsstandort in China, der sich jedoch durch den Entwicklungsgrad, die Infrastruktur und das Know-how weit von den anderen Investitionsstandorten abhebt. China benötigt dieses Know-how und Kapital Hongkongs für seine Entwicklung,...“ 54 umgekehrt ist Hong Kong sehr wohl auch von Chinas Wirtschaftsentwicklung abhängig.

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Hong Kong ist der viertwichtigste Handelspartner der Volksrepublik, wobei ein erheblicher Anteil des Handels mit Hong Kong Reexporte umfaßt, d. h. Hong Kong reexportiert Güter, die in der VR China produziert wurden, in andere Länder ebenso wie es Güter auf dem Weltmarkt kauft, um sie in der VR China zu reexportieren. Der Anteil der Reexporte an den Gesamtexporten Hongkongs beläuft sich inzwischen auf 85%. Insgesamt ergab sich gegenüber 1997 ein geringfügig vermehrtes Handelsbilanzdefizit von 15 Mrd. US$.

Hong Kong ist auch die wichtigste Quelle ausländischer Investitionen in der Volksrepublik. 1998 investierte Hong Kong etwa 18,8 Mrd. US$, einen Anteil von über 40% der Gesamtinvestitionen in der Volksrepublik und setzte dabei 7.805 Projekte um. Umgekehrt ist die VR China das zweitwichtigste Investorland (nach Großbritannien) von Hong Kong. 56

Hongkongs Wirtschaftswachstum leidet aber ab 1998 immer stärker unter den Auswirkungen der Asienkrise. Das machte sich sowohl am Rückgang des Wachstums -5,1% (1997: +5,7%) als auch an der schleppenden Entwicklung des Außenhandels bemerkbar. 57

Die Rückgabe der portugiesischen Kolonie Macao, erfolgte am 20. Dezember 1999, nach dem gleichen Prinzip wie Hong Kong. Aus der Sicht der Chinesen wird der Machtwechsel in Macao als zweiter Schritt (nach Hong Kong) auf dem Weg zum großen Ziel betrachtet: der Rückgewinnung Taiwans. 58

Ursprünglich wurde das System „Ein Land - zwei Systeme“ für Taiwan konzipiert. Die Taiwanesische Regierung lehnte jedoch bisher die Vereinigung unter diesem Model ab und pocht statt dessen auf ihrer staatlichen Eigenständigkeit und der internationalen Anerkennung der "Republik China“.

Anders als Hong Kong hat Taiwan die Asienkrise dank seiner frühen Intervention besser überstanden. Die Abwertung und die Stabilität der Banken schufen der dominie-

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Auch die sonst sehr intensiven wirtschaftlichen Beziehungen zwischen China und Taiwan leiden immer mehr unter den Unstimmigkeiten der beiden Länder.

Das tatsächliche Investitionsvolumen der Taiwanern in der Volksrepublik kann jedoch nur vermutet werden, da viele Investitionen aus Taiwan über Firmen in Hong Kong getätigt werden.

demnach sowohl die wirtschaftliche Beziehung der zwei Länder stark beeinträchtigt als auch die Aussicht auf eine Vereinigung. Inzwischen gibt es für die Wirtschaft Taiwans wieder deutliche Zeichen der Erholung. So verzeichnete der Export, der im vergangenen Jahr vor allen wegen des Einbruchs der Lieferungen nach Asien zurückging, inzwischen wieder ein positives Wachstum. „Vor allem die für Taiwans Wirtschaft außerordentlich wichtigen Speicherchipverkäufe auf dem Spotmarkt zogen bis Mitte August im Vergleich zum Vorjahr um 154,4 Prozent an.“ 62

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zogen, z. B. die Bank Boston, Royal Bank of Canada und die Schweizer Großbank UBS.

Bis Ende 2000 sollen die Währung New Taiwan Dollar konvertierbar und freier Kapitalverkehr möglich sein. Auch bisher geschützte Güter- und Dienstleistungsmärkte, etwa die Telekommunikation, sollen für Ausländer besser zugänglich werden.

Über 13 Jahre laufen inzwischen die Verhandlungen um den Eintritt Chinas in die Welthandelsorganisation (WTO).

Nun konnte am 15. November 1999, mit der Unterzeichnung eines bilateralen Abkommens zwischen USA und China ein wichtiger Schritt für die weitere Reform- und Öffnungspolitik auf dem chinesischen Markt erreicht werden. Zwar hat die Regierung in China, angefangen mit der Deng Xiaoping Reformpolitik immer wieder Handels- und Importbeschränkungen liberalisiert, auch Importtarife wurden in den vergangenen Jahre mehrfach gesenkt aber erst durch die Aufnahme Chinas in die WTO können diese weiter gefestigt und restrukturiert werden.

China verpflichtet sich in dem Abkommen, seine Zölle von durchschnittlich 22,1 Prozent auf 17 Prozent zu senken. Weiterhin wolle das Land seine bislang abgeschotteten Märkte für ausländische Banken, Versicherer, Internet und Telekommunikationsfirmen öffnen. 64 Damit würden die Hürden bei ausländischen Investitionen im Finanz-und Dienstleistungsbereich weiter abgebaut werden. Beispielsweise können nun

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Als weiteres Signal für Chinas Entgegenkommen gegenüber der WTO wird die Bereitschaft gewertet, ausländische Firmen die Gründung großer Gemeinschaftsunternehmen im Groß- und Einzelhandel zu erlauben. Bisher konnte der Vertrieb nur über einen chinesischen Vertriebspartner dezentral geregelt werden. Doch auch im Industrie- und Agrarsektor konnte in der Verhandlung eine Einigung erzielt werden. Die Importzölle für Agrarprodukte sollen auf 14,5% gekürzt werden und Exportsubventionen abgebaut werden.

In bestimmten Industriesparten wie der Automobilbranche, würden die Importzölle von jetzt 100% wohl erst in sechs, sieben Jahren auf 25% sinken.

US-Präsident Bill Clinton sagte, das Abkommen sei (Zitat) „gut für die USA, gut für China und gut für die Weltwirtschaft.“ 67

In China wird vor allem, durch den zunehmenden Druck und dem Wettbewerb aus dem Ausland, die Reformen der Staatsindustrie und Außenwirtschaftssystem, weiter vorangetrieben. Chinas Konsumenten dürfen sich über mehr Wettbewerb und billigeren Einkauf freuen, der Exportwirtschaft Chinas werden neue Märkte geöffnet. Ein China in der WTO wäre ein Stückchen weiter eingebunden in die Gemeinschaft der Nationen und insgesamt würde das Ansehen des Landes in der Weltwirtschaft deutlich steigern. Darüber hinaus könnte nicht nur wirtschaftlich sondern möglicherweise auch im Hinblick auf die Menschenrechte einige Fortschritte erzielt werden. Mit der Marktöffnung in China sind jedoch auch Gefahren verbunden. Kurzfristig wird die Zahl der Arbeitslosen anschwellen, wenn marode Staatsbetriebe kollabieren unter dem Druck der neuen Konkurrenz. Nicht konkurrenzfähige Unternehmen werden durch

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Ein deutscher Konzernvertreter in Peking bringt es auf den Punkt: (Zitat)„ China öffnet den Markt. Doch wann und wie die jeweilige Genehmigung zustande kommt, ist für China auch als WTO-Mitglied reine Auslegungssache“ 69 Auch andere Grundprinzipien der WTO, wie z. B. Transparenz bereiten China Probleme. Entscheidungswege, vor allem über Importe, sind immer noch zu undurchsichtig. Es gibt nach wie vor viele sogenannte „interne“, also nicht veröffentlichte Regelungen.

Da Beziehungen seit längerer Zeit Vorrang vor Gesetze haben, operieren viele Investoren in einer „legalen Grauen Zone“.

Diese Erfahrung mußten auch ein Dutzend ausländische Telekommunikationsunternehmen machen, als sie bereits vor einigen Jahren mit über 1,4 Mrd. US-Dollar Kapital über vierzig verschiedene Telekom-Joint-Ventures mit Chinas zweitgrößtem Telekom-Unternehmen Unicom gründeten. Das Problem war, daß die Investitionen zwar illegal waren, nichtsdestotrotz von Offiziellen Stellen genehmigt wurden. Inzwischen sind die ausländischen Unternehmen von Peking aus unter Druck gesetzt worden ihre Anteile zu verkaufen und das Geschäft zu liquidieren. Seit die Regierung im Rahmen der WTO-Verhandlungen ankündigte, daß Ausländer einen Anteil bis zu 50% des lokalen Telekom-Venture besitzen können, hoffen die bereits ansässigen Unternehmen auf Legitimation ihrer Investitionen. Doch Peking bestreitet jegliche Verbindung zwischen den neuen WTO-Richtlinien und den Unicom-Investitionen und besteht weiterhin auf den Rückzug der Investitionen. 70

II Die Umweltfaktoren in der VR China 27

3. Einfluß durch politische Faktoren

Die politischen Spannungen, die während der Demokratiebewegung in der ersten Jahreshälfte des Jahres 1989 zum Vorschein kamen, sind sowohl auf den ökonomischen Erfolg der Modernisierungspolitik und ihre sozialen Konsequenzen, als auch auf das Ausbleiben von nennenswerten Reformen im politischen System der VR China zurückzuführen. So wurde die Protestaktion der Studenten, die zunehmend das politische System kritisierten und auf Bekämpfung der Korruption und der Meinungs-, Presse-und Versammlungsfreiheit pochten, auf dem Platz des Himmlischen Friedens in der Nacht vom 3. auf den 4. Juni durch Einheiten der Volksbefreiungsarmee blutig beendet. „Die internationale Staatengemeinschaft reagierte mit Empörung auf die Ereignisse in Peking... Immerhin, seit dem Massaker vom Juni 1989 ist die Menschenrechtsfrage offizieller Bestandteil der Außenpolitik westlicher Staaten gegenüber China geworden und wurde wiederholt zum Gegenstand diplomatischer Auseinandersetzungen.“ 72

II Die Umweltfaktoren in der VR China 28

Jiang Zemin vereinigt seit 1989 die Positionen des Parteivorsitzenden der Kommunisti- Partei, des Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission und des Staatspräsidenten. Er präsentiert den „Kern“ des Führungs- und Entscheidungszentrum. Des weiteren bilden Jiang Zemin zusammen mit sechs weiteren Politikern den Ständigen Ausschuß des Politbüros der Partei, in welchem alle Grundsatzentscheidungen Chinas getroffen werden

Die Kommunistische Partei und ihre ...“knapp sieben Millionen Führungskader sitzen an allen wichtigen Schalthebeln der chinesischen Politik: Staatsverwaltung, Armee, Sicherheitsorgane, Justiz, Gewerkschaften und Unternehmerverbände werden gleichermaßen von Parteifunktionären kontrolliert.“ 73

Die machtvolle Fassaden der offiziellen Parteiinstitutionen können jedoch nicht die zunehmend porösen, labilen Fundamente verbergen, auf denen der Zusammenhalt der Kommunistischen Partei ruht: Korruption, politische Illoyalität und ideologische Orientierungslosigkeit haben sich auf allen Ebenen der Parteiorganisation ausgebreitet. Ein gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Wandel haben offenkundig zu einem Autoritätsverlust von Partei und Staat geführt. Dennoch erscheint der Weg zur Durchsetzung einer demokratischen Ordnung in China weit.

Die Korruption ist der deutlichste Ausdruck des organisatorischen Verfalls der Kommunistischen Partei. Die öffentliche Verwaltung gehört, trotz aller Beijinger Appelle und Disziplinierungskampagnen, nach Einschätzung ausländischer Geschäftsleute zu den korruptesten in Ostasien.

Die Entstehung regionaler Märkte und Entwicklungsstrategien, die geringe Handelsverpflechtung zwischen den Provinzen, die außenwirtschaftliche Orientierung der Küstenregion und das ausgeprägte Wohlstandsgefälle zwischen Küste und Inland stellen das politische System vor neuen Probleme und Regelungserfordernisse. Aufgrund dieser Entwicklung geraten die alten, auf Machtmonopol, Personalkontrolle und organisatorischen Zusammenhalt der Kommunistischen Partei gestützten politischen Strukturen zunehmend unter Druck.

„Ohne durchgreifende institutionelle Reformen, die den Kern des politischen Systems beträfen - gewaltenteilige Ordnung mit parlamentarischer Kontrolle, unabhängiger Justiz und regierungskritischen Medien -, ist eine Eindämmung des Korruptionspro-

II Die Umweltfaktoren in der VR China 29

3.2 Die Rolle des Staates in der Wirtschaft

Durch die zunehmende Entwicklung der Privatunternehmen und ausländischer Beteiligung, verfügt die Parteiorganisation immer weniger Präsenz in den dynamischen Bereichen der Wirtschaft. Die Partei als Institution ist durch diese Entwicklung in ihren Möglichkeiten, unmittelbaren Einfluß auf betriebliche Entscheidungen zu nehmen, empfindlich geschwächt worden. Große Teile der Funktionärsschicht haben es jedoch verstanden, sich mit den neu entstandenen Unternehmensformen zu arrangieren. Tatsächlich stehen gegenwärtig viele Kader der Partei sogar im Zentrum wirtschaftlichen Geschehens, indem sie und ihre Familien entweder selbst unternehmerisch tätig sind (beispielsweise war jeder fünfte Privatunternehmer 1994 ein Mitglied der KPCh oder ihrer Jugendorganisation) oder aber in dem sie symbiotische Beziehungen zu Unternehmen unterhalten. Somit bestehen enge Verbindungen der Privatunternehmen zu Parteikadern und Funktionären im staatlichen Sektor. 76 Die Macht der Funktionäre gegenüber den Unternehmen beruht heute nicht mehr auf direkter organisatorischer oder ideologischer Kontrolle, sondern erwächst aus den umfassenden Verfügungsrechten der Wirtschaftsverwaltung. Beispielsweise nehmen Verwaltungs- und Parteikader einen entscheidenden Einfluß darauf, welcher Unternehmer billige Kredite erhält, wer bestimmte Grundstücke oder Gebäude zur Nutzung überlassen bekommt, wer günstige Verträge abschließen darf und wer überhaupt politische Protektion genießt.

Gleichzeitig können Behörden durch ihre Wirtschaftsableger bestimmte Wirtschaftssektoren weiter kontrollieren und somit den Marktzutritt für andere Unternehmen erschweren.

Fast alle chinesischen Unternehmer sind deshalb auf eine enge Zusammenarbeit mit der Staats- und Parteibürokratie angewiesen.

II Die Umweltfaktoren in der VR China 30

„Um der drängenden wirtschaftlichen und sozialen Fragen (Inflation, Reform der Staatsbetriebe, Ausbau der Infrastruktur, interregionales Wirtschaftsgefälle) Herr zu werden, muß sich die chinesische Führung auf einen Kurs der schrittweisen institutionellen Erneuerung begeben, der sich am Modell der asiatischen Erfolgsländer Südkorea, Taiwan und Singapur in ihrer autoritären, wirtschaftlich erfolgreichen Herrschaftsphase orientiert.“ 77

Doch viele dieser Konflikte werden nicht ohne größere politische Auseinandersetzungen und wirtschaftlich-soziale Einbrüche zu bewältigen sein, und werden noch über Jahre hinaus einen immensen Konfliktstoff bieten.

Einerseits könnte in absehbarer Zeit mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen innerhalb Chinas der Druck hin auf politische Liberalisierung und demokratische Öffnung steigen. Die Konkurrenzwahlen zwischen verschiedenen Kandidaten, die schon heute auf Dorfebene und bei der Konstituierung der Volkskongresse auf Gemeinde- und Kreisebene gelegentlich stattfinden, könnten schließlich über die Provinzparlamente bis hinauf zur nationalen Volksvertretung ausgedehnt werden. Andererseits sollte die kommunistische Regierung infolge von Massen- und Protestbewegungen und Verselbständigung politischer und militärischer Cliquen kollabieren, würde die gesamte asiatisch-pazifische Wachstumsregion einen schweren wirtschaftlichen Rückschlag erleiden. Der Ordnungszusammenbruch würde sich auch für die meisten ausländischen Wirtschaftspartner negativ auswirken. 78

II Die Umweltfaktoren in der VR China 31

4. Der kulturelle Aspekt

Wertvorstellungen sind die Grundbausteine der Kultur und bilden den Rahmen für Errichtung und Einhaltung von Normen in einer Gesellschaft.

Ende der Leseprobe aus 116 Seiten

Details

Titel
Chancen und Risiken ausländischer Investoren im Hinblick auf die veränderten Rahmenbedingungen im Wirtschaftsraum China
Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Augsburg
Note
1.3
Autor
Jahr
2000
Seiten
116
Katalognummer
V185633
ISBN (eBook)
9783656981312
ISBN (Buch)
9783867465304
Dateigröße
1213 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
chancen, risiken, investoren, hinblick, rahmenbedingungen, wirtschaftsraum, china
Arbeit zitieren
Edith Schmidt (Autor:in), 2000, Chancen und Risiken ausländischer Investoren im Hinblick auf die veränderten Rahmenbedingungen im Wirtschaftsraum China, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185633

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