Implizite Bewertung der Lieferoption für den Bund-Future


Diplomarbeit, 1998

93 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Implizite Bewertung der Lieferoption
für den Bund-Future
Diplomarbeit
Universität Mannheim
von cand. rer. oec. Andreas B i c h l e r
Sommersemester 1998

II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... II
Darstellungsverzeichnis ... IV
Abkürzungsverzeichnis ... VI
1 Einleitung ... 1
2 Der DTB-Bund-Future ... 4
2.1 Kontraktmerkmale und Liefervorgang ... 5
2.2 Zweck und Konsequenzen der Lieferoption ... 10
2.2.1 Futures ohne physische Lieferung
... 10
2.2.2 Futures mit physischer Lieferung
... 11
2.2.3 Notwendigkeit von Preisfaktoren
... 15
2.3 Der Preisfaktor der DTB ... 17
2.4 Preisbildung durch Cash-and-Carry-Arbitrage ... 18
2.4.1 Genau eine lieferbare Anleihe
... 19
2.4.2 Mehrere lieferbare Anleihen
... 22
2.4.3 Klassifizierung der Basis
... 23
3 Analyse und Kritik des Preisfaktors der DTB ... 24
3.1 Die CTD und der Futurepreis ... 24
3.2 Determinanten der CTD ... 28
3.2.1 Rendite bis Fälligkeit
... 28
3.2.2 Modified Duration
... 29
3.2.3 Verzerrung durch unpräzise Zeitmessung
... 31
3.3 Ein alternatives Preisfaktorsystem ... 32
3.4 Preisfaktorvergleich und CTD ... 34
3.4.1 Flache Zinsstrukturkurven
... 35
3.4.2 Nichtflache Zinsstrukturkurven
... 35

III
4 Konzept der impliziten Bewertung der Lieferoption ... 38
4.1 Bewertungsvoraussetzungen ... 38
4.2 Implizite Prämie für die Lieferoption ... 39
4.3 Ausübungswert der Lieferoption ... 41
4.4 Klassifizierung der Lieferoption ... 45
4.5 Kritik ... 47
5 Empirische Untersuchung ... 50
5.1 Beschreibung von Vorgehensweise und Datenbasis .. 50
5.2 Implizite Optionsprämien ... 53
5.3 Ausübungswerte der Rollover-Strategie ... 56
5.4 Ausübungswerte der Buy-and-Hold-Strategie ... 57
5.5 Vergleich der Ergebnisse mit anderen
Untersuchungen ... 58
6 Zusammenfassung ... 63
Anhang
A Herleitung der Preisfaktorformel der DTB ... 66
B Untere Schranke für den arbitragefreien Futurepreis
bei mehreren lieferbaren Anleihen ... 69
C Vergleich der Preisfaktoren und futuresäquivalenten
Kassakurse ... 71
D Bestimmung des arbitragefreien Forwardpreises ... 73
E Stammdaten der lieferbaren Anleihen ... 78
F Statistische Angaben zu Optionsprämien und
Ausübungswerten ... 80
Literaturverzeichnis ... 84
Ehrenwörtliche Erklärung ... 88

IV
Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1: Die Entwicklung des Bund-Futures an der
DTB ... 4
Darstellung 2: Der Liefervorgang an der DTB ... 10
Darstellung 3: Perfekte Absicherung einer leer-
verkauften Anleihe durch einen Future ohne
Lieferoption ... 13
Darstellung 4: Arbitragetableau zur Bestimmung des
fairen Preises eines Futures ohne Lieferoption ... 20
Darstellung 5: Unterschiedliche Anleihekurse trotz
identischer Rendite und Restlaufzeit ... 25
Darstellung 6: Modified Duration versus Yield to
Maturity bei exemplarischen Zinsstrukturkurven ... 36
Darstellung 7: Zahlungsströme der kontinuierlichen
Rollover-Strategie ... 42
Darstellung 8: Anzahl der lieferbaren Anleihen je
Liefermonat ... 51
Darstellung 9: Durchschnittliche Restlaufzeit und
durchschnittlicher Kupon der lieferbaren Anleihen
je Liefermonat ... 51
Darstellung 10: Implizite Optionsprämien in Abhängig-
keit von der Restlaufzeit des Bund-Futures ... 53
Darstellung 11: Rollover-Ausübungswerte in Abhängig-
keit von der Restlaufzeit des Bund-Futures ... 57
Darstellung 12: Buy-and-Hold-Ausübungswerte in Ab-
hängigkeit von der Restlaufzeit des Bund-Futures . 58
Darstellung 13: Mittelwertvergleich der Ergebnisse für
die impliziten Optionsprämien ... 59
Darstellung 14: Mittelwertvergleich der Ergebnisse für
die Ausübungswerte der Buy-and-Hold-Strategie ... 60

V
Darstellung 15: Mittelwertvergleich der Ergebnisse für
die Ausübungswerte der Rollover-Strategie ... 60
Darstellung 16: Arbitragetableau zur Bestimmung der
unteren Schranke des Futurepreises bei mehreren
lieferbaren Anleihen ... 69
Darstellung 17: Vergleich der alternativen Preis-
faktoren mit den Preisfaktoren der DTB und die
Gegenüberstellung der jeweiligen futures-
äquivalente Kassakurse bei verschiedenen flachen
Zinsstrukturkurven ... 71
Darstellung 18: Vergleich der futuresäquivalenten
Kassakurse bei verschiedenen nichtflachen
Zinsstrukturkurven ... 72
Darstellung 19: Zeitliche Lage der relevanten Tage
beim kreditfinanzierten Anleihekauf ... 73
Darstellung 20: Stammdaten der lieferbaren Anleihen ... 79
Darstellung 21: Statistische Angaben zu Optionsprämien
und Ausübungswerten ... 82

VI
Abkürzungsverzeichnis
bzw. beziehungsweise
ca. circa
CBOT
Chicago Board of Trade
CDR
Collateralized Depositary Receipt
CTD Cheapest-to-Deliver-Anleihe
d.h. das
heißt
Diss. Dissertation
DM Deutsche
Mark
DTB Deutsche
Terminbörse
ed. edition
EDSP
Exchange Delivery Settlement Price
evtl. eventuell
f. folgende
Seite
GNMA
Government National Mortgage Association
Hrsg. Herausgeber
hrsg. herausgegeben
IRR
Implied Repro Rate
LIFFE
London International Financial Futures and
Options Exchange
Mio. Millionen
Mrd. Milliarden
o.V. ohne
Verfasserangabe
PF Preisfaktor
REX Rentenindex
S. Seite
vgl. vergleiche
Vol. Volume
WPKN Wertpapierkennummer
z.B. zum
Beispiel
ZSK Zinsstrukturkurve

1
1 Einleitung
Dem im November 1990 an der Deutschen Terminbörse (DTB)
1
eingeführten Bund-Future liegt eine fiktive 6%-Bundes-
anleihe mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren (Notional
Bond) zugrunde.
2
Während sich der Verkäufer eines Bund-
Futures verpflichtet, am Liefertag den Notional Bond zum
vorher vereinbarten Preis zu liefern, muß ihn der Käufer
zu diesem Preis abnehmen. Da eine 6%-Bundesanleihe mit
zehn Jahren Restlaufzeit am Liefertag regelmäßig nicht
existiert, hat der Verkäufer das Recht, aus einer gegebe-
nen Menge an Bundesanleihen (Lieferkorb) eine Anleihe zur
Lieferung auszuwählen. Dieses Recht des Verkäufers heißt
Lieferoption.
Mit der Einführung einer Lieferoption bezweckt man ers-
tens, die Anzahl der lieferbaren Anleihen zu erhöhen und
so eine mögliche Marktenge zu erschweren. Zweitens wird
die Liquidität, die alternativ für viele entsprechende
Terminkontrakte auf die einzelnen Bundesanleihen bereit-
steht, auf den Bund-Future konzentriert. Allerdings wer-
den diese Vorteile mit einer verminderten Hedging-
Effektivität erkauft, da der Preis des Bund-Futures bei
Verfall aufgrund der Lieferoption nicht perfekt mit dem
Kassakurs einer bestimmten abzusichernden Bundesanleihe
korreliert.
Um den Wert der Lieferoption zu ermitteln, bedient man
sich folgender Überlegung: Der Käufer eines Forwards auf
eine bestimmte im Lieferkorb enthaltene Anleihe ist be-
reit, einen gewissen Preis für diesen Forward zu bezah-
len. Für den Bund-Future wird er weniger zu zahlen bereit
sein, da er nicht wissen kann, welche Anleihe ihm am Lie-
fertag geliefert werden wird. Der Verkäufer wird seine
1
Seit dem 18.06.1998 heißt die DTB ,,Eurex Deutschland" (vgl. o. V.
(1998a)).
2
Vgl. Deutsche Börse AG (1998a), S. 5.

2
Lieferoption zum eigenen Vorteil ausüben, d.h. er wird
die im Lieferzeitpunkt günstigste Anleihe liefern. Diese
Chance des Verkäufers ist gleichzeitig das Risiko des
Käufers, das er sich über einen geringeren Futurepreis
vergüten läßt. Zentral ist, daß sich diese ex ante-
Unsicherheit allein aus der Existenz der Lieferoption
ergibt.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß an der DTB Preisfakto-
ren eingeführt wurden, die zum Ziel haben, die verschie-
denen lieferbaren Anleihen im Lieferzeitpunkt gleichwer-
tig zu manchen. Dazu wird der Futurepreis bei Verfall mit
dem Preisfaktor der im Gegenzug gelieferten Anleihe mul-
tipliziert. Im wesentlichen resultiert der Wert der Lie-
feroption daraus, daß die Preisfaktoren ihren Zweck nicht
bzw. nur unzureichend erfüllen.
In der vorliegenden Arbeit werden drei Ansätze zur impli-
ziten Bewertung der Lieferoption verfolgt, wobei stets
der Wert der Lieferoption aus beobachtbaren Marktdaten
ermittelt werden soll. Vor Fälligkeit entspricht die Op-
tionsprämie für die Lieferoption dem Überhang des Termin-
preises der günstigsten lieferbaren Anleihe über den mit
ihrem Preisfaktor multiplizierten Preis des Bund-Futures.
Bei Fälligkeit des Futures ergibt sich der Ausübungswert
über die Zahlungsströme einer Strategie, bei der man vor
Fälligkeit des Futures die billigste Anleihe (Anleihe j)
kauft und eine entsprechende Anzahl Bund-Futures ver-
kauft. Bei der diskreten Buy-and-Hold-Variante wird le-
diglich die bei Fälligkeit billigste Anleihe (Anleihe l)
gegen den Future geliefert, und der Ausübungswert ergibt
sich als Liefergewinn aus der Lieferung der Anleihe l
statt j. Wird die kontinuierliche Rollover-Strategie ver-
folgt, so werden auch zwischen diesen beiden Zeitpunkten
profitable Umschichtungen des Portefeuilles vorgenommen,
sobald sich die Möglichkeit dazu bietet. Aus der ex ante

3
ermittelten Optionsprämie und dem sich ex post ergebenden
Ausübungswert kann dann der Ausübungsgewinn berechnet
werden.
Diese Arbeit untersucht ausschließlich die Lieferoption
bezüglich der zu liefernden Anleihe (Quality Option), da
sie die einzige Lieferoption im Bund-Future ist. Weitere
Lieferoptionen, wie die Wild-Card-Option
3
, die End-of-
the-Month-Option
4
oder die Timing- (Accured-Interest-)
Option
5
, sind nicht im Bund-Future enthalten.
Die vorliegende Arbeit ist wie folgt gegliedert: In Kapi-
tel 2 wird der Bund-Future näher vorgestellt, die Liefer-
option von der theoretischen Seite aus betrachtet und die
Preisbildung anhand der Cash-and-Carry-Arbitrage erläu-
tert. Im Mittelpunkt des Kapitels 3 steht der Preisfaktor
der DTB, der, wie gezeigt wird, durch seine Ausgestaltung
der Lieferoption erst einen Wert verschafft. Ein theore-
tisches Konzept zur Bewertung der Lieferoption wird in
Kapitel 4 erarbeitet, worauf in Kapitel 5 die Ergebnisse
der empirischen Untersuchung für die impliziten Options-
prämien und die beiden Varianten des Ausübungswertes vor-
gestellt, diskutiert und mit ähnlichen Untersuchungen
verglichen werden. Kapitel 6 enthält abschließende Bemer-
kungen und faßt die Ergebnisse zusammen.
3
Vgl. Stickland (1992), S. 87; Kolb (1991), S.
353-356; Hedge
(1990), S. 743; Duffie (1989), S.
325
f; Hedge (1988), S. 471
f.
4
Vgl. Chance/Hemler (1993), S. 127; Stickland (1992), S. 87; Kolb
(1991), S. 357; Hedge (1990), S. 743; Duffie (1989), S. 325;
Hedge (1988), S. 471.
5
Vgl. Chance/Hemler (1993), S. 127; Stickland (1992), S. 86;
Duffie (1989), S. 325.

4
2 Der DTB-Bund-Future
Der Bund-Future wird seit dem 23. November 1990 an der
DTB gehandelt.
6
Im Jahre 1997 wurden durchschnittlich
125.854 Kontrakte (1996: 65.987) geschlossen, was bei ei-
nem Kontraktwert von 250.000 DM einem täglichen Volumen
von ca. 31,5 Mrd. DM entspricht. Damit war der Bund-
Future 1997 der ,,am meisten gehandelte Zinsterminkontrakt
an der DTB."
7
Im Jahre 1998 setzte der DTB-Bund-Future
seine Erfolgsgeschichte fort. Darstellung 1 zeigt die
Entwicklung der abgeschlossenen Kontrakte und den Markt-
anteil der DTB am Bund-Future.
0 Mio
2 Mio
4 Mio
6 Mio
8 Mio
10 Mio
12 Mio
Feb 96
Apr 96
Jun 96
Aug 96
Okt 96
Dez 96
Feb 97
Apr 97
Jun 97
Aug 97
Okt 97
Dez 97
Feb 98
Apr 98
Jun 98
Aug 98
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Kontraktzahl
Marktanteil
Darstellung 1: Die Entwicklung des Bund-Futures an der DTB
Quelle: Deutsche Börse AG
Der Bund-Future ist in die Gattung der unbedingten Ter-
mingeschäfte einzuordnen. Ein Future unterscheidet sich
von einem Forward durch das tägliche Marking to Market,
bei dem die Gewinne und Verluste börsentäglich berechnet
und den Kontraktpartnern gutgeschrieben bzw. belastet
werden (Variation Margin).
8
6
Vgl. Pscherer (1991), S. 776.
7
Vgl. Deutsche Börse AG (1998a), S. 5.
8
Vgl. Franke (1990), S. 46.

5
Dieses Kapitel erläutert zunächst die Kontraktmerkmale
des DTB-Bund-Futures sowie das Verfahren bei Lieferung
der Anleihe. Anschließend wird die theoretische Begrün-
dung der Lieferoption aufgegriffen. Nach der Vorstellung
des Preisfaktorsystems der DTB wird die Preisbildung an-
hand der Cash-and-Carry-Arbitrage beschrieben.
2.1 Kontraktmerkmale und Liefervorgang
Der Käufer (long) eines Bund-Futures verpflichtet sich,
am Liefertag den Basiswert gegen Zahlung des Futureprei-
ses abzunehmen. Der Verkäufer (short) verpflichtet sich,
am Liefertag den Basiswert gegen Erhalt des Futurepreises
zu liefern.
9
Der Basiswert oder Notional Bond ist eine fiktive lang-
fristige Schuldverschreibung des Bundes oder der Treu-
handanstalt mit zehnjähriger Laufzeit und einem Zinssatz
von sechs Prozent.
10
Zur Erfüllung kann der Verkäufer eines Bund-Futures de
facto aus der Menge der lieferbaren Anleihen (Lieferkorb)
auswählen. Damit eine Anleihe lieferbar ist, muß sie meh-
rere Bedingungen erfüllen: Es muß sich erstens entweder
um eine Bundesanleihe oder aber um eine börsennotierte,
von der Bundesrepublik Deutschland uneingeschränkt und
unmittelbar garantierte Schuldverschreibung der Treuhand-
anstalt handeln. Bis einschließlich 10.09.1997 mußte die
Anleihe zweitens am Liefertag eine Restlaufzeit von acht-
einhalb bis zehn Jahren aufweisen.
11
Seit dem Verfall im
Dezember 1997 muß die Restlaufzeit im Bereich zwischen
achteinhalb und zehneinhalb Jahren liegen.
12
Drittens muß
9
Vgl. DTB (1992), S. 6.
10
Vgl. Kirschner (1992a), S. 387; Kirschner (1992b), S. 648.
11
Vgl. Deutsche Börse AG (1998a), S. 7; DTB (1992), S. 18; Kirsch-
ner (1992a), S. 387; Kirschner (1992b), S. 648.
12
Nach einem Schreiben der DTB vom 04.04.1997 an die Mitglieder der
DTB Deutsche Terminbörse wurde am 01.04.1997 beschlossen, die

6
die Anleihe am letzten Handelstag notiert sein, um am
Liefertag geliefert werden zu können, und viertens muß es
sich um eine Anleihe mit festem Kupon handeln. Eine theo-
retische Begründung für die Lieferoption soll in Kapitel
2.2 erfolgen.
Der Kontraktwert beträgt 250.000 DM, d.h. der Verkäufer
eines Bund-Futures hat am Liefertag Anleihen im Nennwert
von 250.000 DM zu liefern.
13
Die Quotierung erfolgt in Prozent pro 100 DM Nominalwert
und wird auf zwei Stellen genau berechnet.
14
Damit ist
die kleinste Preisveränderung (Tick Size) auf 0,01 fest-
gelegt, was einem Wert von 25 DM (Tickwert) entspricht.
15
Liefermonate sind der März, Juni, September und Dezember.
An der DTB sind jedoch nur Kontrakte auf die nächsten
drei Liefermonate verfügbar. So sind beispielsweise am
letzten Handelstag im März die Bund-Futures mit den Lie-
fermonaten März, Juni und September handelbar. Ab dem
nächsten Börsentag können dann die Laufzeiten Juni, Sep-
tember und Dezember gehandelt werden. Die maximale Lauf-
zeit eines DTB-Bund-Futures beträgt somit neun Monate.
16
,,Liefertag ist der 10. Kalendertag des Liefermonats."
17
Ist dieser Tag kein Börsentag - wobei als Börsentage
grundsätzlich die Handelstage der Frankfurter Wertpapier-
börse gelten und Ausnahmen extra bekanntgegeben werden -
so ist der nächstfolgende Börsentag der Liefertag.
18
notwendige Restlaufzeit auf achteinhalb bis zehneinhalb Jahre
auszuweiten. Da für den Bund-Future mit Verfall im Juni und Sep-
tember bereits offene Positionen bestanden, fand die Änderung
erstmals für den Dezember-Future Anwendung.
13
Vgl. Deutsche Börse AG (1998a), S. 7.
14
Vgl. DTB (1992), S. 18.
15
Vgl. DTB (1992), S. 18. 250.000 DM / 100 * 0,01 = 25 DM.
16
Vgl. DTB (1992), S. 19.
17
Siehe DTB (1992), S. 19 [Hervorhebung nicht im Original].
18
Vgl. DTB (1992), S. 19.

7
,,Der letzte Handelstag eines DTB-Bund-Futures ist immer
der zweite Börsentag vor dem jeweiligen Liefertag. Han-
delsschluß ist 12.30 Uhr des letzten Handelstages."
19
Hat
der Verkäufer zu diesem Zeitpunkt noch Kontrakte des fäl-
ligen Liefermonats offen, so muß er der DTB bis zum Ende
der Post Trading Periode
20
anzeigen, welche Anleihen er
liefern möchte (Lieferanzeige).
21
Der tägliche Abrechnungspreis bildet die Grundlage für
das Marking to Market. ,,Als täglicher Abrechnungspreis
gilt der Durchschnitt der Preise innerhalb der letzten
Minute der Handelszeit eines Börsentages."
22
Sollten in
der letzten Handelsminute weniger als fünf Abschlüsse zu-
stande gekommen sein, so wird der Durchschnitt aus den
letzten fünf Abschlüssen gebildet.
23
Die täglichen Gut-
schriften bzw. Belastungen (Variation Margin) errechnen
sich aus der Anzahl der offenen Kontrakte, der Kursände-
rung in Ticks und dem Tickwert:
24
Gleichung 1
Variation
Margin
= Anzahl der
Kontrakte
· Kursänderung
in Ticks
· Tick-
wert.
Beispiel: Ein Investor ist am 18. Mai 1998 fünf Juni-
Bund-Futures short, d.h. er hat fünf Bund-Futures - fäl-
lig im Juni - leerverkauft. Der tägliche Abrechnungspreis
wird am 18. Mai mit 106,82 festgestellt. Am Vortag betrug
der tägliche Abrechnungspreis 106,71. Der Investor be-
kommt somit am 18. Mai 1998 (5 · 11 · 25 DM =) 1.375 DM
seinem Konto belastet.
19
Siehe DTB (1992), S. 19 [Hervorhebung nicht im Original].
20
Die Post Trading Periode dauert von 19 Uhr bis 19.30 Uhr.
21
Vgl. DTB (1992), S. 19.
22
Siehe DTB (1992), S. 19.
23
Vgl. DTB (1992), S. 19.
24
Vgl. Hahn (1990), S. 24.

8
Wurde ein Kontrakt am selben Tag abgeschlossen, so er-
rechnet sich die Kursänderung aus dem vereinbarten Fu-
turepreis und dem Abrechnungspreis.
Der tägliche Abrechnungspreis am letzten Handelstag heißt
Schlußabrechnungspreis oder Exchange Delivery Settlement
Price (EDSP)
25
und wird um 12.30 Uhr ermittelt
26
. Er bil-
det sowohl die Grundlage für die Berechnung der Variation
Margin diesen Tages als auch für die Vergütung, die der
Lieferant der Anleihe erhält.
27
Die DTB berechnet für je-
de lieferbare Anleihe einen Preisfaktor (PF), welcher die
sich in Restlaufzeit und Kupon unterscheidenden Anleihen
vergleichbar machen soll.
28
Der Rechnungsbetrag für den
Verkäufer eines Bund-Futures ergibt sich als:
29
Gleichung 2
Rechnungsbetrag = (EDSP · PF · 2.500 DM) + Stückzinsen
Der EDSP wird mit dem Preisfaktor der Anleihe multipli-
ziert, die der Verkäufer des Futures liefert. Da sich der
EDSP auf 100 DM nominal und der Preisfaktor sich auf 1 DM
Nennwert bezieht, ist das Produkt daraus noch mit
2.500 DM zu multiplizieren, damit der Kontraktwert von
250.000 DM erreicht wird.
30
,,Zusätzlich werden die vollen
bis zum Liefertag angefallenen Stückzinsen mit berück-
sichtigt, da diese noch dem Verkäufer [des Futures] zu-
stehen."
31
Die Berechnung der Stückzinsen erfolgt nach
der Vorschrift
25
Vgl. DTB (1992), S. 24.
26
Vgl. Deutsche Börse AG (1998a), S. 8.
27
Vgl. Franke (1990), S. 48.
28
Vgl. Hahn (1995), S. 41.
29
Vgl. DTB (1992), S. 25.
30
Vgl. Deutsche Börse AG (1998a), S. 17; DTB (1992), S. 26.
31
Siehe DTB (1992), S. 24.

9
Gleichung 3
Stückzinsen =
Tage Kupon 250.000 DM
360
,
wobei als Tage alle Zinstage exklusive des Liefertages
gelten. Der Monat wird dabei mit 30 Tagen und das Jahr
mit 360 Tagen angenommen.
32
Von den Kontraktpartnern sind Sicherheitsleistungen (Mar-
gins) einzuschießen, welche die DTB nach dem Verfahren
des Risk-Based-Margining berechnet.
33
Kann ein Börsen-
teilnehmer die von ihm geforderten Einschüsse (bzw. im
Verlustfall auch Nachschüsse) nicht leisten, wird seine
Position von der DTB geschlossen bzw. glattgestellt.
Am letzten Handelstag (Notification Day) zeigen die
Marktteilnehmer mit offenen Short-Positionen der Clea-
ring-Stelle an, welche Anleihen sie liefern wollen. Im
Allocation Process, der nächtlichen Datenverarbeitung im
Anschluß an den letzten Handelstag, werden die zur Liefe-
rung angezeigten Anleihen den offenen Long-Positionen per
Zufallsverfahren zugeordnet. Den Clearing-Mitgliedern
werden die Informationen aus dem Zuordnungsverfahren und
die entsprechenden Rechnungsbeträge am ersten Börsentag
nach dem letzten Handelstag zur Verfügung gestellt. Die
tatsächliche Lieferung erfolgt am zweiten Börsentag nach
dem letzten Handelstag.
34
32
Vgl. DTB (1992), S. 25.
33
Vgl. Deutsche Börse AG (1998a), S. 8; DTB (1992), S. 22 f.
34
Vgl. DTB (1992), S. 27.

10
letzter Handelstag
(Notification Day)
Lieferanzeige durch
den Verkäufer
Erster Börsentag
nach dem letzten
Handelstag
Information der
Clearing-Mitglieder
über zu liefernde
Anleihen und
Rechnungsbeträge
Liefertag
Lieferung und
Zahlung Zug
um Zug
Overnight Allocation
Process
Zeit
Darstellung 2: Der Liefervorgang an der DTB
Quelle: Deutsche Börse AG
Damit benötigt die DTB zur Abwicklung der Lieferung einen
Börsentag weniger als die London International Financial
Futures and Options Exchange (LIFFE).
35
2.2 Zweck und Konsequenzen der Lieferoption
Beim Design eines Future-Kontraktes bestehen grundsätz-
lich zwei Möglichkeiten, die Erfüllung zu regeln: Durch
Differenzausgleich oder durch physische Lieferung eines
entsprechenden Titels. Es soll nun kurz dargestellt wer-
den, wieso man sich beim Bund-Future für die physische
Lieferung entschieden hat und welche Konsequenzen daraus
erwachsen.
2.2.1 Futures ohne physische Lieferung
Kontrakte, bei denen keine physische Lieferung erfolgt,
werden allein durch den Ausgleich der Differenz zwischen
Schlußabrechnungspreis und vereinbartem Futurepreis
(Cash-Settlement) erfüllt. Zumeist liegen ihnen breite
Indizes zugrunde, was in mehrerer Hinsicht problematisch
ist: Beim Hedging ist es relativ schwer, einem Future
seinen Index gegenüber zu stellen. Auch die Bildung eines
Index auf Anleihen per se ist problematisch, da sich der
Kurs von Anleihen allein durch Zeitablauf ändert. In der
35
Vgl. Hahn (1995), S. 36.

11
Praxis werden Befürchtungen geäußert, der Future könnte
die Anbindung an den Kassamarkt verlieren.
Wird dagegen die physische Belieferung zugelassen, so ist
es relativ einfach, eine einzelne Anleihe gegen einen Fu-
ture zu stellen, um sich so gegen Veränderungen des An-
leihekurses zu hedgen. Auch bei zahlreichen anderen be-
deutenden Futures besteht deshalb zumindest die Möglich-
keit der physischen Lieferung, wenn dies nicht sogar vor-
geschrieben ist.
36
Dies zeigt, daß die Marktteilnehmer an
das Kontraktmerkmal der physischen Lieferung gewöhnt sind
und es auch akzeptieren.
2.2.2 Futures mit physischer Lieferung
Entscheidet man sich, bei einem Future die physische Lie-
ferung zur Erfüllung der Verbindlichkeit zuzulassen, so
sind zwei Möglichkeiten denkbar: Entweder ist genau eine
Anleihe zu liefern oder es sind mehrere lieferbare Anlei-
hen in einem Lieferkorb zusammengefaßt. Im letzten Fall
hat der Verkäufer des Futures eine Lieferoption.
Für den Lieferkorb und die damit verbundene Lieferoption
spricht nach Manaster grundsätzlich eine Erweiterung der
lieferbaren Anleihen. Je größer der Lieferkorb, desto ge-
ringer die Gefahr der künstlichen Verknappung der liefer-
baren Anleihen. Diese als Squeezing the Short bekannte
Manipulation der Märkte läuft grundsätzlich wie folgt ab:
Der Manipulator stellt ein Portefeuille aus gekauften Fu-
tures und lieferbaren Anleihen zusammen, wobei jeweils
der Großteil der am Markt verfügbaren Instrumente erwor-
ben wird. Die Anzahl der Futures long muß die Zahl der
nicht im Eigentum befindlichen lieferbaren Anleihen über-
36
Zum CBOT Treasury Bond Future vgl. Chance/Hemler (1993), S. 127;
Hedge (1990), S. 743; Hemler (1990), S. 1567; Duffie (1989), S.
324-326; Hedge (1988), S. 470 f. Zum LIFFE Long Gilt Futures Con-
tract vgl. Stickland (1992), S. 85. Zum LIFFE Bund-Future vgl.
Franke (1990), S. 47 f.

12
steigen, damit sich der nötige Kaufdruck (bezüglich der
lieferbaren Anleihen) auf den Verkäufer eines Futures
einstellt.
Die Manipulation ist erfolgreich, wenn der Short entweder
kurz vor dem Liefertag bei dem Manipulator die lieferba-
ren Anleihen zu überhöhten Preisen erwerben oder den Kon-
trakt zu dem ebenfalls überhöhten Futurepreis glattstel-
len muß.
Allerdings ist diese Strategie riskant, denn nach Liefe-
rung fällt der Anleihekurs wieder auf sein normales Ni-
veau zurück, wodurch der Manipulator die Differenz zwi-
schen dem erhöhten Lieferpreis und dem nicht manipulier-
ten Gleichgewichtspreis verliert.
37
Ein weiteres Risiko
besteht darin, daß der Verkäufer die lieferbaren Anleihen
bei einem Dritten erwerben kann.
Eine Ausweitung der lieferbaren Anleihen durch die Ein-
führung einer Lieferoption macht ein Squeezing the Short
aufwendiger, riskanter und damit unwahrscheinlicher.
38
Nachteilig ist die durch die Lieferoption verminderte
Hedging-Effektivität
des Futures.
39
Möchte sich bei-
spielsweise ein Marktteilnehmer gegen steigende Kurse ei-
ner leerverkauften Anleihe absichern, so findet er in ei-
nem Future long auf seine Anleihe ein optimales Instru-
ment, wenn mit dem Future keine Lieferoption verbunden
37
Das Problem des Manipulators, die Anleihen zu einem überhöhten
Lieferpreis akzeptieren zu müssen, wird als ,,where do you bury
the body?" bezeichnet (vgl. Manaster (1992), S. 144).
38
Zur Strategie des Squeezing the Short vgl. Manaster (1992), S.
143 f. Zu ähnlichen Strategien (Position Fraud und Ownership
Fraud) vgl. Easterbrook (1986), S. 106 f. Beim Bund-Future mit
Verfall im September 1998 ergibt sich durch den Überhang der Lie-
ferverpflichtungen über die lieferbaren Anleihen eine dem Short-
Squeeze vergleichbare Situation (vgl. o. V. (1998b); o. V.
(1998c)).
39
Vgl. Chance/Hemler (1993), S. 143; Manaster (1992), S. 145;
Easterbrook (1986), S. 108.

13
ist.
40
Am Verfallstag werden Kassakurs (K
T
) und Abrech-
nungspreis des Futures (F
T
) identisch sein, da andern-
falls Arbitrage möglich wäre.
41
K
T
= F
T
Gewinn/
Verlust
Anleihe
short
K
0
Future
long
F
0
T = Tag der
Fälligkeit des
Futures
K
t
= Kurs der Anleihe
im Zeitpunkt t
F
t
= Preis des Futures
im Zeitpunkt t
abgesicherte
Position
Darstellung 3: Perfekte Absicherung einer leerverkauften Anleihe
durch einen Future ohne Lieferoption
Enthält der Future eine Lieferoption seitens des Verkäu-
fers, so ist die Konvergenz von Schlußabrechnungspreis
und Kassakurs der abzusichernden Anleihe nicht unbedingt
gegeben. Wie in Kapitel 3.1 gezeigt wird, ist lediglich
die Konvergenz gegen den Kassakurs einer vorher nicht be-
kannten Anleihe gewährleistet. Somit entsteht dem Markt-
teilnehmer infolge der nicht vollständigen Korrelation
von Anleihekurs und Futurepreis am Verfallstag ein Risi-
ko.
Auf der anderen Seite führt die Existenz einer Lieferop-
tion zu variableren Einsatzmöglichkeiten des Futures:
Nicht nur eine bestimmte Anleihe kann abgesichert werden,
sondern jede im Lieferkorb befindliche Anleihe. Dadurch
wird die Liquidität, die für viele Futures auf verschie-
dene Anleihen bereitsteht, auf einen einzigen Future kon-
40
Von der Erhebung von Sicherheitsleistungen und vom täglichen Mar-
king to Market sei hier abgesehen.
41
Vgl. Darstellung 3.
Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Implizite Bewertung der Lieferoption für den Bund-Future
Hochschule
Universität Mannheim
Note
1.3
Autor
Jahr
1998
Seiten
93
Katalognummer
V185784
ISBN (eBook)
9783656982395
ISBN (Buch)
9783867466684
Dateigröße
901 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
implizite, bewertung, lieferoption, bund-future
Arbeit zitieren
Andreas Bichler (Autor:in), 1998, Implizite Bewertung der Lieferoption für den Bund-Future, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185784

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