Ökonomische Transformation in Kasachstan

Das Entwicklungsregime eines rohstoffexportierenden Transformations- und Entwicklungslandes


Diplomarbeit, 2005

93 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


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1. Einleitung

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und nach der Erklärung seiner Unabhängigkeit zerbrachen für Kasachstan, wie für die anderen ehemaligen Sowjetstaaten, die gewohnten Wirtschaftsstrukturen. Bis zu diesem Zeitpunkt war die kasachische Industrie fest eingebunden in das sowjetische Produktionssystem. Sie war spezialisiert auf Landwirtschaft, Metallurgie und den Abbau von Rohstoffen. Nun mussten neue Absatzwege gefunden, neue Kontakte geknüpft und wirtschaftliche Beziehungen sowie eine eigene Industrie aufgebaut werden. 1

Seit dem Beginn der Transformation Kasachstans tendiert die wirtschaftliche Neuausrichtung des Landes in Richtung Westen. Einer der wichtigsten Partner dabei ist Deutschland. Der bilaterale Warenaustausch mit einem Gesamtvolumen von 1,9 Milliarden Euro im Jahre 2003 entspricht jedoch bei weitem noch nicht den beiderseitigen Möglichkeiten. Deutschland belegte damit bei den Handelsbeziehungen den 3. Platz (deutsche Statistik). Betrachtet man die bisher in Kasachstan von ausländischen Investoren getätigten Direktinvestitionen stellt man fest, dass in diesem Bereich deutsche Unternehmen sehr zurückhaltend agierten. 2

Zur Unterstützung der deutschen Wirtschaft wurde 1994 die Repräsentanz der deutschen Wirtschaft 3 in Almaty eröffnet. Zusätzlich schlossen sich Vertreter deutscher Unternehmen und Organisationen im Deutschen Wirtschaftsklub Kasachstan zusammen. Der Klub dient dem Informationsaustausch und als gemeinsame Interessenvertretung. Die Repräsentanz der deutschen Wirtschaft in Kasachstan ist hier ebenfalls vertreten. Zur Zeit arbeiten etwa 150 Repräsentanzen und Filialen deutscher Unternehmen in Kasachstan. 4

Während eine Vielzahl großer deutscher Unternehmen wie beispielsweise Siemens, die MAN TAKRAF Fördertechnik GmbH und Thyssen Krupp in Kasachstan ansässig sind, wagten viele klein- und mittelständische Unter-

1 Vgl.Kuralbayeva, K., Kutan, A.M., Wyzan, M.L., a.a.O., S. 8-9; Europäische Union

(2004), a.a.O.; Kronenberg, T., a.a.O., S. 14-19; Vgl. Federal Research Division, a.a.O.

2 Vgl. Auswärtiges Amt (2005), a.a.O.

3 Weitere Informationen unter http://www.ahk.de.

4 Vgl. Shunusalijewa, G., a.a.O., S. 5-6; Hoffmann, M. (2004b), a.a.O., S. 16; Piskorskaja,

L. (, .) (2004a), a.a.O., S. 54-55; o.V. (2004a), a.a.O., S. 58-59.

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geographischen Lage des Landes, zur Demographie, zur innen- wie auch zur außenpolitischen und wirtschaftlichen Situation. Da Kasachstan als Stabili-tätsfaktor in Zentralasien bezeichnet wird, scheint es wichtig, auf die Beziehungen Kasachstans zu den anderen zentralasiatischen Staaten sowie zu den angrenzenden Staaten Russland und China einzugehen. Die Beziehungen zur Europäischen Union und zu Deutschland werden hier besonders beschrieben.

Den Hauptteil dieser Arbeit bilden die Ausführungen über die wirtschaftliche Entwicklung der Republik Kasachstan seit der Erklärung der Unabhängigkeit. Daraus wird ersichtlich, dass es in den letzten Jahren zu der bereits oben erwähnten Rohstoffabhängigkeit des Landes kam. Die Konzentration kann zu den Phänomenen Fluch der Ressourcen und „holländische Krankheit“ („Dutch Disease“) führen, deren Folgen sich negativ auf die Entwicklung eines Landes auswirken können. Zum besseren Verständnis wird diese Problematik zunächst theoretisch behandelt. Anschließend wird eine Analyse anhand der aktuellen Wirtschaftssituation Kasachstans vorgenommen. Inwieweit treten diese Phänomene bereits auf? Welche Risiken ergeben sich daraus in der Zukunft?

Im Frühjahr 2003 unterzeichnete der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew die „Strategie der industriellen und innovativen Entwicklung Kasachstans von 2003 bis 2015“. Ziel ist es, die einseitige Abhängigkeit der kasachischen Wirtschaft vom Rohstoffbereich durch eine Diversifizierung zu verringern.

2. Kasachstan im Überblick

Zur besseren Orientierung deutscher Investoren folgen zunächst ein paar Informationen über das Land hinsichtlich der geographischen Lage, seiner Demographie, der innen- und außenpolitischen sowie wirtschaftlichen Situation.

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2.1 Geographische Lage

Die Republik Kasachstan liegt in Zentralasien, an der Grenze zwischen Europa und Asien. Im Dezember 1997 wurde Astana zur neuen Hauptstadt des Landes ernannt. Almaty, die größte Stadt des Landes und bis dahin Hauptstadt Kasachstans, ist aber weiterhin kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des Landes. Kasachstan erstreckt sich über ein Territorium von 2.724.900 Millionen km 2 , das bedeutet in etwa über eine Fläche in der Größe Westeuropas und ist damit flächenmäßig das neuntgrößte Land der Erde. Die Ausdehnung des Territoriums von Ost nach West beträgt mehr als 3.000 Kilometer und von Norden nach Süden 1.700 Kilometer. Im Norden und Westen grenzt die Republik an Russland, im Osten an China und im Süden an Kirgistan, Usbekistan und Turkmenistan.

Kasachstan besitzt keinen Zugang zum Meer, die einzigen Häfen befinden sich am Kaspischen Meer (größtes Binnengewässer der Erde). Der größte Teil des Landes ist Steppe. Ansonsten gibt es Wälder, Gebirge, rund 11.000 Flüsse und mehr als 7.000 Seen und Reservoirs. 8

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Quelle: http://www.eia.doe.gov/emeu/cabs/kazak.html [03.02.2005].

8 Vgl. United Nations Development Programme in Kazakhstan, a.a.O.; Auswärtiges Amt

(2004a), a.a.O.; Kurganbajewa, G., Galjamowa, W., a.a.O., S. 7; Energy Information Ad-

ministration, a.a.O.

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2.2 Demographie

In Kasachstan leben 14,951 Millionen Menschen (Stand 01.01.2004). Dies ergibt aufgrund der riesigen Ausdehnung des Landes eine Einwohnerdichte von 5,5 Einwohnern pro km 2 . Damit zählt Kasachstan zu den am dünnsten besiedelten Ländern der Erde. Die Mehrheit der Bevölkerung stellen die Kasachen mit 57,2 Prozent und die Russen mit 27,2 Prozent (Stand 2003). Die restlichen 16,6 Prozent der Bevölkerung setzen sich aus ungefähr 110 verschiedenen Nationalitäten zusammen, darunter 373.300 Deutschstämmige. 56,9 Prozent der Bevölkerung leben in Städten, die anderen 43,1 Prozent bilden die Landbevölkerung. In den letzten zwei Jahrzehnten nahm die Bevölkerung Kasachstans ab. Dies liegt zum einen an der Auswanderung vieler Deutschstämmiger und Russen in ihre ehemalige Heimat und zum anderen an der abnehmenden Geburtenrate. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 64,4 Jahren. 9

2.3 Innenpolitische Situation

Kasachstan ist eines der politisch stabilsten Länder innerhalb der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS 10 ). Es erklärte als letztes der GUS-Länder am 16. Dezember 1991 seine Unabhängigkeit. Kasachstan ist eine konstitutionelle Republik mit einem starken Präsidenten, dem Oberhaupt des Staates, und einem Zwei-Kammer-Parlament mit eingeschränkten Kompetenzen (Präsidialsystem). Im Jahre 1999 wurde der Präsident, Nursultan Abischewitsch Nasarbajew, nach einer Verfassungsänderung vom Oktober 1998 für sieben Jahre wiedergewählt. Die Verfassungsänderung sieht die Aufhebung der zeitlichen Begrenzung des Präsidentenamtes vor, so dass im Jahre 2006 Nasarbajew erneut bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren darf. Er besitzt weit reichende Vollmachten. Dazu gehören die Ernennung und Entlassung der Regierung, die allein ihm gegenüber verant-

9 Vgl.Auswärtiges Amt (2004a), a.a.O.; Europäische Union (2004), a.a.O.

10 Die Gemeinschaft unabhängiger Staaten (kurz: GUS) ist der Zusammenschluss von

Nachfolgestaaten der Sowjetunion (UdSSR) nach deren Zusammenbruch und formalen

Aufhebung. Ihr gehören Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgistan, Moldawien,

Russland, Tadschikistan, Turkmenistan, die Ukraine, Usbekistan und Weißrussland an.

Wikipedia. Die freie Enzyklopädie, a.a.O.

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wortlich ist, die Ernennung der Verwaltungschefs (Akime) und die Erlassung von Rechtsverordnungen. Der Präsident ist dem Parlament gegenüber politisch nicht verantwortlich. 11 Über die Zeit nach Nursultan Nasarbajew wird anscheinend bereits nachgedacht. Es gibt Hinweise dafür, dass die Präsidententochter Dariga Nasarbajewa zu seiner späteren Nachfolgerin aufgebaut wird. Sie gründete ihre eigene Partei „Asar“ („Alle zusammen“), mit der sie im September 2004 bei den Parlamentswahlen teilnahm und damit neben der Partei „Otan“ („Vaterland“) das Präsidentenlager im neu gewählten Parlament weiter verstärken wird. 12

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte 1999 wegen verschiedener Unregelmäßigkeiten, wie die administrative Ausschaltung des Hauptgegenkandidaten, die Präsidentenwahl als „weit entfernt von OSZE-Standards“ kritisiert. 13 Auch bei den 2004 stattgefundenen Parlamentswahlen kam es laut der OSZE zu Beanstandungen. 14 Oppositionsparteien haben immer noch einen schweren Stand. Während im September erstmals die aus einer Bürgerbewegung hervorgegangene oppositionelle „DCK“ („Demokratische Wahl Kasachstans“) auf internationalen Druck zugelassen wurde, blieb ihr Führer Galymschan Schakijanow weiter in Haft. 15

2.4 Außenpolitik

Wie bereits erwähnt, liegt Kasachstan im Zentrum Eurasiens. Kasachstan selbst sieht sich als Mittler zwischen Europa und Asien. Gerade unter dem Aspekt der globalen Sicherheit befindet sich das Land mitten in einer Region, in der die Interessen ausländischer Staaten aufeinander stoßen. Zwei so wichtige Mächte wie China und Russland sind unmittelbare Nachbarn Kasachstans. Aber auch die territoriale Ausdehnung des Landes, sein Potenzial im Transport- und Kommunikationsbereich sowie die immensen Vorräte an

11 Vgl. Auswärtiges Amt (2004a), a.a.O.; Auswärtiges Amt (2004b), a.a.O.; United Nations

Development Programme in Kazakhstan, a.a.O.; Europäische Union (2004), a.a.O.

12 Vgl. F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen GmbH, DEG,

Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH, GTZ, Deutsche Gesellschaft für

Technische Zusammenarbeit GmbH, a.a.O., S. 5; BMZ, a.a.O., S. 6-8.

13 Vgl. Auswärtiges Amt (2004b), a.a.O.; Wittschorek, P., a.a.O.

14 Vgl. Freudenreich, D., a.a.O.; Auswärtiges Amt (2004b), a.a.O.; BMZ, a.a.O. S. 6-7;

Europäische Union (2004), a.a.O.; Kissane, C., a.a.O., S. 12-16.

15 Vgl. Europäische Union (2004), a.a.O.; Kissane, C., a.a.O., S. 12-16; EBRD, a.a.O., S. 5.

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Rohstoffen verschaffen dem Land eine strategische Bedeutung. 16 All diese Faktoren wirken sich unmittelbar auf die außenpolitische Strategie Kasachstans aus, die Präsident Nasarbajew als multivektoral bezeichnet. Laut ihm ist die politische Führung Kasachstans bestrebt, das Kräftegleichgewicht in der Region zu wahren. 17

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Ökonomische Transformation in Kasachstan
Untertitel
Das Entwicklungsregime eines rohstoffexportierenden Transformations- und Entwicklungslandes
Hochschule
Fachhochschule für Wirtschaft Berlin
Note
1.3
Autor
Jahr
2005
Seiten
93
Katalognummer
V186032
ISBN (eBook)
9783869439648
ISBN (Buch)
9783867468145
Dateigröße
932 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ökonomische, transformation, kasachstan, entwicklungsregime, transformations-, entwicklungslandes
Arbeit zitieren
Katja Wedig (Autor:in), 2005, Ökonomische Transformation in Kasachstan, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186032

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