Product Placement von Automobilherstellern in internationalen Kinofilmen

Vergleich mit anderen Kommunikationsinstrumenten und Diskussion am Beispiel der Volksrepublik China


Diplomarbeit, 2006

100 Seiten, Note: 1


Leseprobe


DIPLOMARBEIT

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Helge Wittkugel vorgelegt von:

Marketing und Technologie- Fach:

management

24. Januar 2006 Abgabetermin:

Abkürzungsverzeichnis III

Einleitung

Product Placement dient Markenherstellern schon seit vielen Jahren als wirksames Instrument, um ein angestrebtes Markenimage zu kommunizieren und eine Emotionalisierung eines bestimmten Produktes bzw. der gesamten Marke zu erreichen. Seine Anwendung hat sich im Laufe der Zeit stark gewandelt und sich von teilweise offensichtlicher Werbung hin zu einem unterschwelligen Kommunikationsinstrument entwickelt. Heutzutage gibt es kaum noch einen Medienzweig, der nicht mit Hilfe von Product Placement kommunikationspolitisch genutzt wird.

Technische und wirtschaftliche Entwicklungen führten in den vergangenen Jahrzehnten zu Globalisierungseffekten, die im Rahmen internationaler Vernetzungen auch zu Veränderungen in den Bereichen Medienverfügbarkeit und -nutzung führten. Diese Entwicklung lässt es sinnvoll erscheinen, das Kommunikationsinstrument Product Placement näher zu betrachten. Es bietet eine interessante Möglichkeit, den veränderten Rahmenbedingungen zu begegnen und die sich ergebenden Chancen - z.B. nachhaltige positive Imagebildung auf neuen Märkten - erfolgreich zu nutzen. Im Rahmen dieser Arbeit werden die Veränderungen und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten am Beispiel des Wachstumsmarktes der Volksrepublik China 1 näher betrachtet. Dieser durchläuft momentan im weltweiten Vergleich die stärksten Veränderungen. Die Betrachtung der Nutzung von Product Placement als Kommunikationsinstrument beschränkt sich dabei auf Automobilhersteller, die das Instrument als Kommunikationsmaßnahme in international gezeigten Kinofilmen nutzen. Der Begriff Product Placement bezieht sich in dieser Ausarbeitung grundsätzlich auf die Platzierungen in den audiovisuellen Medien Kino und Fernsehen. Sind Platzierungen in anderen Medien (Bücher, Zeitschriften, Hörbücher, Radio, Computerspielen) gemeint, wird dies explizit hervorgehoben.

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich nicht nur um eine Abbildung des Status quo, sondern im wesentlichen auch um einen Ausblick auf eine denkbare zukünftige Entwicklung der Product Placement-Nutzung in China innerhalb der nächsten Jahre. Um diesen Ausblick zu ermöglichen, werden folgende elementare Annahmen getroffen:

Einleitung 2

xx Die Entwicklung und das Wachstum auf dem chinesischen Markt - insbesondere im Automobilsektor - bleiben innerhalb des betrachteten Zeitraums konstant. xx Die wirtschaftliche, politische und ideologische Öffnung des Landes wird weiter vollzogen.

1.2 Aufbau der Arbeit

Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Zunächst erfolgt eine kurze Einleitung. Das zweite Kapitel beinhaltet neben definitorischen Grundlagen eine Einordnung des Instruments Product Placement in den Marketing-Mix. Zudem werden mögliche Varianten des Instruments dargestellt und ein Überblick über die einzelnen Elemente des Product Placement-Marktes sowie die rechtlichen Grundlagen gegeben. Die Ausführungen dieses Kapitels bilden die Basis für die nachfolgenden.

Im dritten Kapitel wird genauer auf die Notwendigkeit, Zielsetzung und Wirkungsweise des Product Placements eingegangen. Hierzu wird ein Vergleich mit anderen Kommunikationsinstrumenten durchgeführt. Praxisbeispiele und statistische Fakten verdeutlichen die Ausführungen.

Im vierten Kapitel wird das zuvor beschriebene Instrument Product Placement hinsichtlich seiner Anwendbarkeit auf dem Absatzmarkt der VR China untersucht und kritisch hinterfragt. Unterstützend werden ein Überblick über die marktspezifischen Besonderheiten gegeben, eine Analyse des chinesischen Automobilsektors vorgenommen und kommunikationspolitische Alternativen gezeigt.

Eine ausführliche Schlussbetrachtung rundet die Arbeit ab, fasst die gewonnen Erkennt- nisse zusammen und gibt eine mögliche Handlungsempfehlung.

Grundlagen des Product Placements

2 Grundlagen des Product Placements

2.1 Definition

Sich dem Kommunikationsinstrument Product Placement per Definition zu nähern scheint zunächst einfach, gibt es doch zahlreiche wirtschaftswissenschaftliche Autoren, Fachzeitschriften und Gesetzgeber, die sich mit diesem Instrument auseinander gesetzt haben. Bei näherer Betrachtung muss jedoch der Schluss gezogen werden, dass eine allgemeingültige Definition in der jahrzehntelangen Entwicklung des Instruments bisher unterblieben ist. 2

Oftmals wird der verallgemeinernde Ausdruck „Sonderwerbeform“ benutzt oder das Product Placement mit den Begriffen „Schleichwerbung“ oder „Sponsoring“ gleichgesetzt bzw. verwechselt. Hierzu ist anzumerken, dass eine enge Verwandtschaft des Product Placements zum Sponsoring - vor allem zum Kultur-Sponsoring - besteht und in der Literatur das Product Placement oftmals als eine Unterart des Sponsorings bezeichnet wird. 3

Für diese Arbeit wird jedoch nicht mit diesem Ansatz konform gegangen. Der wesentliche Unterschied lässt sich am Beispiel Kinofilm kurz erläutern: Beim Sponsoring kann eine Filmvorführung (z.B. die Premiere eines neuen Kinofilms) durch einen Sponsor unterstützt werden. Sein Produkt wird im Rahmen dieses Sponsorings jedoch nicht in die Handlung des Filmgeschehens eingebunden. Es wird lediglich die Vorführung gesponsert, wobei die Gegenleistung des Gesponserten z.B. darin besteht, dass der Sponsor zu Beginn der Sendung genannt wird und er eventuell im Rahmen des weiteren Events mit anderen Werbemaßnahmen exklusiv auftreten darf. 4

Grundlagen des Product Placements 4

dung von Produkten bekannter Markenhersteller in ein Filmgeschehen. Als Basis für die weiteren Ausführungen soll folgende Definition von Bänsch gelten: „Beim Product Placement geht es um die möglichst wahrnehmbare, aber unaufdringlich bleibende Plazierung von Produkten/Marken in den Handlungsablauf von Spielfilmen, um damit ihren Bekanntheitsgrad zu steigern/zu stabilisieren und/oder ein bestimmtes Image zu schaffen/zu stabilisieren.“ 6

Diese Begriffsbestimmung beinhaltet sowohl die Grundregel, dass ein Placement nach Möglichkeit nicht als solches erkannt werden soll, als auch die wichtigsten Zielsetzungen der platzierenden Unternehmen: die Bekanntheit der Marke zu steigern, eine gewisse Reputation zu schaffen bzw. die vorhandenen positiven Charaktereigenschaften einer Marke zu erhalten.

Ein wesentliches Merkmal wird von Bänsch jedoch außer Acht gelassen. Dieses betrifft die Kosten bzw. Aufwendungen, die mit einem Product Placement verbunden sind. Eine Platzierung wird niemals ohne Gegenleistung des Markenherstellers ihren Weg in das Filmgeschehen finden, da die Filmbranche das Instrument als Finanzierungsmittel nutzt. Wie eine solche Gegenleistung auszusehen hat, liegt im Verhandlungsspielraum der am Placement beteiligten Parteien. 7 Zudem bezieht sich Bänsch in seiner Definition lediglich auf die Platzierung von Produkten in Spielfilmen. Tatsächlich aber hat das Instrument Product Placement mittlerweile alle Bereiche der Unterhaltungsmedien erreicht. Dazu gehören neben Fernsehserien und -shows auch Bücher, Hörbücher, Computerspiele und Radiosendungen.

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Mittlerweile kann Product Placement als etabliertes - wenn auch nicht kritikfreies - Kommunikationsinstrument angesehen werden. Dem heutigen Image liegt jedoch eine lange und wechselvolle Entwicklung zu Grunde, die in diesem Abschnitt kurz dargestellt wird.

Auch wenn es gelegentlich noch als solches betrachtet wird, ist Product Placement kein neues Instrument mehr, da es seit nahezu einem Jahrhundert Anwendung in verschiedenen Medien findet. 8 Erste Placements hielten in den USA zu Beginn der 1920er Jahre in Radiosendungen Einzug. Die Zunahme und die Ausweitung auf andere - vor allem die audiovisuellen - Medien wurde von der flächendeckenden Verbreitung des Fernsehens Ende der 1940er gefördert und hatten Mitte der 1950er einen ersten großen Höhepunkt erreicht. Bereits vor dem Einzug in das Fernsehen, wurde das Instrument von Filmproduzenten in Hollywood als zusätzliche Einnahme- und Finanzierungsquelle entdeckt. Metro-Goldwyn-Mayer eröffnete 1939 als erstes Filmstudio ein eigenes Product Placement-Office. 9 In Deutschland kam Product Placement erst sehr viel später auf. Als wohl bekanntestes Beispiel wird die Platzierung einer Suchard-Schokolade in dem Heimatfilm „Und ewig rauschen die Wälder“ (1956) genannt, die dort einen 18 Sekunden langen Auftritt hatte. 10

Der berühmte Quizshow-Skandal - die Rede ist hier von der gesponserten Fernsehsendung „Twenty-One“, bei der herauskam, dass die Kandidaten vom Sponsor schon vor der Sendung mit den Antworten versorgt wurden - sorgte in den USA Ende der 1950er Jahre für ein abruptes und nahezu komplettes Ende der Produktplatzierungen. 11 Die Regierung forderte im Rahmen der „Payola-Laws“, einer Wortschöpfung aus „pay“ und „Victrola“ 12 , eine Offenlegung aller finanziellen Zusammenhänge von Werbung und Programm. 13

Die rigorose Reglementierung sorgte dafür, dass die gestalterische Einflussnahme der Werbung auf das amerikanische Fernsehprogramm sank. 1957 lag der von Markenherstellern gestaltete Programmanteil bei über 30%. Dieser sank in Folge der geänderten Rechtslage auf ca. 3% im Jahr 1968. 14 Gegen Ende der 1960er wurden Platzierungen

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Kinoproduktionen waren im Allgemeinen von den legislativen Regelungen weniger stark betroffen als die Fernseh- oder Radiosendungen. Das zeigt sich auch in der Tatsache, dass der zweite - bis heute andauernde - Boom des Product Placements von einem international erfolgreichen Kinofilm ausgelöst wurde. Hierbei handelt es sich um Steven Spielbergs „E.T.“, der 1982 in den Kinos anlief. Eng verbunden mit dem Erfolg des Films ist auch der Erfolg von „Reeses Pieces“ des Schokoladenherstellers Hershey, der sich in einer Absatzsteigerung von 65% innerhalb der ersten drei Monaten nach Kinostart des Films niederschlug. 16

Ein weiterer Grund für die erneute Zunahme von Placements in Kinofilmen lag in den zurückgehenden Ticketverkäufen und steigenden Produktionskosten, die es notwendig machten, weitere Finanzierungsquellen zu erschließen. Product Placement erschien dafür ideal, zumal sich die Filme aus Hollywood zu einem enormen Kommunikationsmedium entwickelt haben. 17 Mit dem Erfolg in verschiedenen Kinofilmen kehrte das Instrument langsam und in abgeschwächter Form ebenfalls wieder ins Fernsehen zurück.

Über die letzten Jahrzehnte hinweg hat sich ein Produkt als besonders geeignet und beliebt für die Anwendung von Product Placement herausgestellt: das Automobil. 18 Nahezu mit Beginn des Product Placements in audiovisuellen Medien haben Automobilhersteller dieses Instrument genutzt, um ihr Produkt wirksam zu inszenieren. Dabei sei als Beispiel an dieser Stelle eine Platzierung besonders hervorgehoben, die im Rahmen dieser Ausarbeitung noch mehrfach bemüht wird: das Placement der Studie RSQ von Audi in dem Science-Fiction Film „I, Robot“ (2004). Sie zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus:

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xx Es handelt sich um eine der bekanntesten Platzierungen aller Zeiten, obwohl das Fahrzeug voraussichtlich so niemals die Marktreife erlangen wird. Über den Audi RSQ wurde in mehr als 40 Ländern berichtet. 19 Zudem bekam die Platzierung in den USA eine Auszeichnungen für die größte Reichweite in der Presse verliehen. 20 xx Die automobile Studie wurde auf Anfrage des Regisseurs Alex Proyas speziell für den Film gebaut. Neben der Studie wurden auch alle weiteren Pkw im Film - sofern sie etwas länger im Bild waren - von Audi bereitgestellt. Zu diesem Zweck wurde das Aussehen aktueller Modelle des Herstellers an das Jahr 2035 angepasst. xx Das Fahrzeug ist insgesamt für etwa neun Minuten zu sehen und spielt damit aus Product Placement-Sicht eine Hauptrolle in dem Film. 21

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1997

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2002 1998 2004 2005 Tabelle 1: Besonders bekannte bzw. erfolgreiche Automobil-Placements

(Eigene Darstellung.)

Zum jetzigen Zeitpunkt hat das Wiederaufleben des Instruments Product Placement einen neuen Höhepunkt erreicht und dafür gesorgt, dass das Instrument eine vergleichbare Bedeutung wie das Sport-Sponsoring hat. 22

Grundlagen des Product Placements 8

Bevor eine Einordnung des Product Placements in den Marketing-Mix vorgenommen werden kann, ist dieser kurz zu definieren. Der Marketing-Mix ist die Zusammensetzung aller marketingpolitischen Instrumente innerhalb eines Unternehmens. 23 Im Folgenden wird der Systematisierung der Instrumente nach Nieschlag, Dichtl, Hörschgen entsprochen.

Demnach umfasst der Marketing-Mix die absatzpolitischen Instrumente der Produkt-, Preis-, Distributions- und Kommunikationspolitik. 24 Besonderes Augenmerk ist in dieser Arbeit auf die Kommunikationspolitik zu legen, da diese „alle Entscheidungen und Handlungen zur Gestaltung und Übermittlung von Informationen an marktrelevante Adressaten“ 25 umfasst. Diesem Element des Marketing-Mix ist folglich auch das Product Placement zuzuordnen, da es genau eine solche Botschaftsübermittlung darstellt. Eine detaillierte Unterteilung der Kommunikationspolitik und Einordnung des Product Placements hat Kloss vorgenommen. Diese ist in der folgenden Abbildung 1 wiedergegeben und dient den weiteren Ausführungen als Grundlage.

Kommunikationspolitik

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Abbildung 1: Unterteilung der Kommunikationspolitik

(Quelle: Kloss (2000), S. 421.)

Die Unterscheidung von Werbung Above- und Below-the-Line kennzeichnet hierbei die Trennung von klassischen und nicht-klassischen Kommunikationsinstrumenten. Als klassische Werbung - auch Mediawerbung - wird vor allem jene über Massenmedien wie Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen und Hörfunk angesehen. 26 Als Beispiele seien hier Printanzeigen und Werbespots genannt. Ebenfalls zu den Above-the-Line-Instrumenten wird die Außenwerbung gezählt, die vor allem mittels Plakaten und Werbung

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auf (öffentlichen) Verkehrsmitteln erfolgt. 27 Eine exakte Abgrenzung zu den als Sonder- bezeichneten Below-the-Line-Instrumenten fällt bei alleiniger Betrachtung des Kommunikationskanals 28 schwer, da auch bei ihnen die Massenmedien - mit Ausnahme des Direct Marketing und der Verkaufsförderung - als Werbeträger fungieren. 29 Ein besserer Ansatzpunkt zur Abgrenzung der nicht-klassischen Instrumente von den klassischen ist der Grad der Individualisierung. Dieser ist bei den Below-the-Line-Instrumenten deutlich höher, was sich in einer effizienteren Kommunikation mit den selektierten Zielgruppen niederschlägt. 30 Die Auswahl der geeigneten Zielgruppe erfolgt in einem Unternehmen bereits durch die Marktsegmentierung. 31 Sie umfasst neben aktuellen und potentiellen Käufern eines Marktsegmentes auch alle anderen Personen, die direkt oder indirekt an einer späteren Kaufentscheidung beteiligt sind. 32 Als weiteres Merkmal der nicht-klassischen Instrumente - vor allem aber als wesentliches Merkmal des Product Placements - kann zudem die Tatsache angeführt werden, dass sie i.d.R. nicht alleiniges Kommunikationsinstrument sind, sondern meist eine flankierende Maßnahme zu anderen Werbeformen darstellen. 33 Zudem erfordert der Einsatz eines Below-the-Line-Instruments einen gewissen Bekanntheitsgrad des kommunizierten Produktes bzw. der Marke. Fehlt dieser, besteht die Gefahr dass die Marke vom anvisierten Publikum (z.B. beim Sponsoring und beim Product Placement) nicht wahrgenommen und der Kommunikationszweck nicht erfüllt wird. 34 Daraus lässt sich folgern, dass diese Instrumente nicht geeignet sind, um ein Produkt oder eine Marke in einen neuen Markt einzuführen.

Das Instrument Product Placement hat im Laufe seiner Entwicklung vielfältige Erschei- angenommen. Die Platzierung eines einzelnen Produktes findet zwar nach wie vor statt, weitere Anwendungsmöglichkeiten machen das Instrument jedoch für einen breiteren Nutzerkreis attraktiver. Im Folgenden werden die einzelnen Arten und Erscheinungsformen des Product Placements sowie diverse Sonderformen vorgestellt. Zudem wird ein Überblick über den unterschiedlichen Grad der Programmeinbindung, die Anbindung an den Hauptdarsteller und die Art der Produktdarstellung - die Form

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· visuelles Placement · mit Unterstützung · On-Set-Placement · Product Placement i.e.S.

· verbales Placement · ohne Unterstützung · Creative Placement · Generic Placement

· kombiniertes Placement · Image Placement · Corporate Placement

· Sonderformen Abbildung 2: Unterteilung des Instruments Product Placement

(Eigene Darstellung nach Tolle (1995), S. 2096.)

2.4.1 Product Placement im eigentlichen Sinne

Diese Art der Platzierung entspricht am ehesten der ursprünglichen Praxis, da es sich hierbei um die Platzierung eines - i.d.R. einzelnen - Markenartikels innerhalb der Handlung eines Films handelt. 35 Product Placement i.e.S. entsteht durch den Austausch von in einer Filmhandlung eingebundenen No-Name-Produkten durch Markenartikel und deren kreative Einbindung in das Filmgeschehen. 36 Die dramaturgische Notwendigkeit realistischer Requisiten schuf die Grundlage für das Entstehen von Produktplatzierungen. 37 Auer, Kalweit und Nüßler bezeichnen das Product Placement i.e.S. als „das speziellste Instrument mit größtem Wirkungspotential“ 38 .

2.4.2 Generic Placement

In diesem Fall wird ein unmarkiertes Produkt - also ohne sichtbares Markenlabel - platziert, was bedingt, dass der Markenartikel anhand seiner typischen Form oder Farbe erkannt werden muss. 39 Als Beispiel dafür sei hier die geschwungene Form von Coca-Cola-Flaschen genannt, die auf der ganzen Welt eindeutig mit dem Markenartikel in Verbindung gebracht werden kann. Auer, Kalweit und Nüßler bezeichnen diese Form der Platzierung als Generic Placement im weiteren Sinne und liefern zur Abgrenzung eine zweite Kategorie: das Generic Placement im eigentlichen Sinne. In diesem Fall werden ganze Warengattungen mit dem Ziel platziert, den Absatz einer Branche

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2.4.3 Corporate Placement

Diese Form der Platzierung unterscheidet sich von den vorherigen dadurch, dass in diesem Fall keine Markenartikel platziert werden, sondern eine Dienstleistung bzw. ein Unternehmen. 41 Gerade in einer sich weiter entwickelnden Gesellschaft mit steigender Nachfrage nach Dienstleistungen 42 lässt sich dieser Art von Platzierung ein gewisses Potential bescheinigen, zumal bei homogenen Dienstleistungen dem Unternehmensimage ein besonderer Wert zukommt. Beispielhaft kann die Nachfrage nach dieser Art von Platzierung durch das bekannte Placement des Unternehmens FedEx in dem Film „Cast Away“ (2000) belegt werden.

Neben den bereits beschriebenen Platzierungsarten existieren diverse Sonderformen. Im Folgenden werden einige Arten exemplarisch beschrieben, wobei für die Auflistung kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.

xx Historic Placement: Hierbei handelt es sich um eine Platzierung von Markenartikeln, die an den historischen Hintergrund einer Filmhandlung angepasst wird. 43 Spielt die Handlung eines Films beispielsweise im Jahr 1950, müsste ein Automobilhersteller entsprechende Modelle dieser Ära bereitstellen, um eine realistische Platzierung vornehmen zu können. Die Intention eines solchen Placement liegt für ein Unternehmen darin, seine Marke als langjährig am Markt vertreten darzustellen. Dies suggeriert eine gewisse Qualitätsgarantie und stärkt dadurch die Erfolgsfaktoren Vertrauen und Sicherheit bei den Konsumenten. 44 xx Innovation Placement: In diesem Fall wird ein neues, noch nicht auf dem Markt erhältliches Produkt in die Handlung eingebunden, um damit u. a. die Neugier auf

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den bevorstehenden Markteintritt zu erhöhen. 45 Diese Art von Platzierung ist i.d.R. mit der Verknüpfung der klassischen Werbung und dem entsprechenden Filmauftritt

- so genanntes Tie-In-Advertising - verbunden. 46 Diese Tie-In-Maßnahmen sind angesichts des bevorstehenden Markteintritts des Produktes besonders wirkungsvoll, da sich die Aktualität von Film und Produkt gut ergänzen. Auch hierfür finden sich in der Automobilbranche zahlreiche Beispiele: BMW mit seinen Modellen Z3 (1995) und Z8 (1999) in den James Bond-Filmen (Tab. 1, S. 7) oder Mercedes-Benz mit der M-Klasse in „The Lost World: Jurassic Park“ (1997) und der neuen E-Klasse in „Men In Black II“ (2002). xx Futuristic Placement: In diese Kategorie fällt das oben bereits beschriebene Placement des Audi RSQ. Es handelt sich also um die Platzierung visionärer Produkte, die vornehmlich in Science-Fiction-Filmen Anwendung findet. Die Absicht, die hinter einer solchen Platzierung steckt, ist die Darstellung des platzierenden Unternehmens als Hersteller innovativer und zukunftsfähiger Produkte. Dadurch soll die Beständigkeit des Unternehmen am Markt und somit ein Qualitätsindikator vermittelt werden. Neben der angesprochenen Audi-Studie in dem Film „I, Robot“ (2004) ist auch die Platzierung des Automobilherstellers Lexus in dem Film „Minority Report“ (2002) als gutes Beispiel für ein gelungenes Futuristic Placement zu nennen. Der Hersteller hat hier ebenfalls einen Großteil der Fahrzeuge des Films geschaffen und zur Verfügung gestellt. Der wesentliche Unterschied zu einem gewöhnlichen Placement besteht vor allem darin, dass bei einem Futuristic Placement das Produkt speziell für die Platzierung in einem Film geschaffen wird und in dieser Form mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf den Markt kommt. xx Location Placement: Bei dieser Art von Platzierung werden regionale Gebiete werbewirksam - z.B. aus touristischer Sicht - in Szene gesetzt. 47 Dabei kann es sich um Städte, Regionen oder ganze Länder handeln. xx Replacement: Diese besondere Form ist im herkömmlichen Sinne kein Product Placement, sondern die Verhinderung eines solchen. Mit einem Replacement sollen Schäden am Markenimage verhindert werden Diese könnten z.B. dadurch entstehen, dass in einem Film die Fahrzeuge einer Marke ausschließlich von Kriminellen genutzt oder die Produkte in einem schlechten Licht dargestellt werden. 48 In einem solchen Fall würden die Fahrzeuge gegen andere Fabrikate ausgetauscht.

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Eine weitere Unterteilung dieses Abschnitts lässt sich hinsichtlich drei wesentlicher Hauptgruppen vornehmen, die hier zu unterscheiden sind: der Grad der Programmintegration, die Anbindung an den Hauptdarsteller und die Art der Informationsübertragung. 49

Es werden grundsätzlich drei verschiedene Stufen der Programmintegration unterschieden. Die erste Möglicht ist das On-Set-Placements, bei dem das Produkt lediglich im Vorder- oder Hintergrund zu sehen ist - also am Filmset rein als Dekorationselement vorhanden ist - aber nicht weiter in die Handlung des Films eingebunden wird. 50 Diese Art der Programmintegration lässt sich auch als „stilles Placement“ bezeichnen und stellt den niedrigsten Integrationsgrad dar. 51

Anders verhält es sich bei der zweiten Variante. Beim so genannten Creative Placement, dessen Bezeichnung schon darauf hinweist, dass in diesem Fall das zu platzierende Produkt kreativ in die dramaturgische Handlung des Films eingebunden wird. 52 Die Kreativität spiegelt sich auch darin wider, dass für das platzierte Produkt hin und wieder kleine Handlungsstränge abseits des eigentlichen Drehbuchs geschaffen werden. In manchen Fällen kommt es sogar dazu, dass derartig platzierte Produkte einen gewissen Rollencharakter bekommen. Hier lässt sich als hervorragendes Beispiel erneut der Audi RSQ aus dem Film „I, Robot“ (2004) nennen, da das Fahrzeug für Product Placement-Verhältnisse geradezu eine Hauptrolle in dem Film einnimmt. Die wohl seltenste Form der Programmeinbindung verkörpert das Image Placement. In diesem Fall wird der gesamte Film auf ein einziges Produkt oder ein einzelnes Unternehmen zugeschnitten. 53 Ein geeignetes Beispiel für ein Image Placement stellt der Film „Top Gun“ (1986) dar, in dem die US-Navy so perfekt und vorteilhaft in Szene gesetzt wurde, dass die Bewerbungen zur Pilotenausbildung nach dem Filmstart überproportional anstiegen. 54

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Eng verknüpft mit dem Grad der Programmintegration ist - vor allem beim Creative Placement - das Ausmaß des Kontakts bzw. der Interaktion zwischen dem Produkt und den Hauptcharakteren des Films. Grundsätzlich muss hier differenziert werden zwischen Platzierungen mit Unterstützung des Schauspielers und solchen ohne dessen Unterstützung. 55 Diese Unterscheidung bzw. die Umsetzung einer Platzierung mit Unterstützung des Schauspielers - sei es nun durch Gebrauch oder Nennung - wirft jedoch weitere zu berücksichtigende Punkte auf, da ein Schauspieler zu dem Produkt bzw. zu dem angestrebten Image des platzierenden Unternehmens passen muss. Als denkbares Szenario kann z.B. die Nutzung eines sportlichen Fahrzeuges von einem jungen und dynamischen Schauspieler angeführt werden, der den Wagen entsprechend sportlich bewegt. Andererseits erscheint es kommunikationspolitisch kaum sinnvoll, selbigen Wagen von einem älteren, Hut tragenden Sonntagsfahrer durch den Film chauffieren zu lassen.

Informationen über das eingebundene Produkt können auf unterschiedliche Arten an den Filmzuschauer übertragen werden. Die häufigste und bekannteste Form ist das visuelle Placement, bei dem das Produkt gut sichtbar in die Filmhandlung eingebaut wird. Kinoleinwände bringen hier auf Grund ihrer Größe erhebliche Vorteile mit sich. Bei derartigen optischen Platzierungen spielt der Zeitraum der visuellen Darstellung eine wesentliche Rolle, da zu lange Großaufnahmen eines Produktes die dahinter verborgene Absicht einer Werbung offensichtlich werden lassen und die Filmhandlung unnötig unterbrechen würden. Dies wiederum erhöht das Risiko einer Ablehnung seitens der Zuschauer. 56 Ein aktuelles Beispiel für eine etwas überzogene, weil zu lange Platzierung, findet sich in der Anfangssequenz des Films „Transporter - The Mission“ (2005), in welcher das Fahrzeug des Hauptdarstellers - ein neuer Audi A8 W12 - von allen Seiten und in diversen Nahaufnahmen gezeigt wird. Diese Form einer Platzierung grenzt aus Sicht des Verfassers schon fast an einen Werbefilm. Ähnliches Feingefühl für das korrekte Maß an Platzierungsdauer bzw. -intensität ist bei der zweiten Variante der Informationsübertragung zu beweisen. Bei dem verbalen Placement besteht ebenfalls die Gefahr, durch zu häufige oder zu offensichtliche

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Nennung eines Markennamens eine Reaktanz 57 beim Zuschauer hervorzurufen. Das ver- Placement besitzt jedoch auch einige Vorteile. Besonders hervorzuheben ist hier die Möglichkeit, verbale Platzierungen in der Nachbearbeitung bzw. der Synchronisation den spezifischen Märkten der Länder anzupassen, in denen der Film letztendlich gezeigt wird. 58

Die finale Möglichkeit einer Informationsübertragung stellt die Kombination der gerade beschriebenen visuellen und verbalen Platzierung dar. Die oben genannte Vorsicht bezüglich der Länge und Häufigkeit einer Platzierung ist selbstverständlich auch hier angebracht. Ein Beispiel für ein gelungenes Placement dieser kombinierten Art ist in dem Film „Ronin“ (1998) zu sehen. Platziertes Produkt ist hier ein Audi S8, dessen herausragende Eigenschaften sowohl mündlich beschrieben werden, wie auch im weiteren Verlauf des Films gut in Szene gesetzt werden. Eine Besonderheit ist bei diesem Film noch bemerkenswert: Das Fahrzeug wird hier von Kriminellen genutzt, was im allgemein eher gegen ein Placement-Engagement sprechen würde (vgl. Kap. 2.4.4). In diesem Fall jedoch begründet Audi seine Entscheidung wie folgt: „Solange die Bösen irgendwie auch ‚coole Jungs’ sind, fördert das den Kult-Status.“ 59

Der Weg eines Markenartikels in einen Film ist Gegenstand dieses Abschnitts. Es wird betrachtet, welche Teilnehmer am Zustandekommen eines Product Placements beteiligt sind. Zu diesen Marktelementen gehören die Filmwirtschaft als Anbieter, die werbenden Unternehmen als Nachfrager und eventuell die Agenturen als Vermittler. Abschließend wird auf die Zielgruppen eingegangen, die mittels einer Platzierung angesprochen werden sollen.

Ihnen dient die Platzierung von Markenartikeln als Finanzierungsquelle für ihr Filmprojekt. Dabei kann die Finanzierung entweder durch eine tatsächliche Zahlung erfolgen oder dadurch, dass die Produkte eines platzierenden Unternehmens kostenlos genutzt

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werden. 61 Diese Form der Finanzierung ermöglicht es, die Kosten einer Filmproduktion zu senken, was wiederum zur Folge hat, dass ein gegebenes Filmbudget anderweitig besser nutzbar ist und die Qualität des Films dadurch unter Umständen gesteigert werden kann. 62 Gerade im heutigen Zeitalter der aufwendigen, computergenerierten und kostenintensiven Spezialeffekte ist dies ein nicht zu unterschätzender Nutzen. Zudem können die Werbeaufwendungen für einen Film durch gemeinsame Aktionen mit den platzierenden Unternehmen - sogenannte cross-promotion - gesenkt werden. 63 Ein gelungenes Placement bzw. ein besonders spektakuläres oder innovatives Produkt in einem Kinofilm sorgt zudem in den Medien (Fernsehen, Zeitungen, Internet) und durch Mund-zu-Mund-Kommunikation für so viel Aufsehen, dass dadurch deutlich mehr Zuschauer in die Kinos gelockt werden. Beispiele hierfür sind die Platzierung des BMW Z3 im James Bond-Film „GoldenEye“ (1995) und aus jüngster Zeit das Placement des Audi RSQ in „I, Robot“ (2004). Bei erstgenanntem lag die Besonderheit darin, dass das Fahrzeug bereits kurz vor Markteinführung in dem Film zu sehen war und diese Tatsache nach Bekanntwerden sowohl dem Film als auch dem Roadster von BMW zu einer ausgesprochen hohen und nachhaltigen Popularität verhalf, die im Fall des Fahrzeugs bis heute anhält. 64

Die Nachfrageseite wird von den Unternehmen repräsentiert, die ihre Produkte in einem Kinofilm mit Hilfe eines Placements werbewirksam, imagefördernd, realitätsnah und glaubwürdig in Szene setzen wollen. Eine weitere Motivation besteht in der Erreichung größerer sowie neuer Zielgruppen. Auf die mit der Zielgruppe verbundenen Aspekte wird im nächsten Unterpunkt genauer eingegangen. An dieser Stelle bleibt noch zu fragen, wie der Kontakt mit den Anbietern von Product Placement zustande kommt. Große Unternehmen, vor allem die der Automobilbranche wie z.B. Audi und VW, unterhalten zu diesem Zweck eigene Abteilungen, die sich mit potentiellen Product Placements auseinandersetzen und dabei die Schnittstelle zur Filmwirtschaft bilden. 65 Die Filmproduzenten kontaktieren bei Interesse an einer Zusammenarbeit direkt die Product Placement-Abteilung des Unternehmens 66 - so geschehen z.B. beim Film

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fachend sollen hier nur die Arbeit der Letztgenannten kurz betrachtet werden. Die spezialisierten Agenturen übernehmen sowohl die Zusammenarbeit mit den Produzenten, als auch die Beschaffung und Bereitstellung der benötigten Produkte. In den USA haben sich zu diesem Zweck die Agenturen eigene Warenlager - sogenannte Warehouses - mit Produkten ihrer am Product Placement interessierten Unternehmenskunden aufgebaut. Aus denen können sie die Filmbranche mit den benötigten Produkten beliefern. 68

Um beide Seiten - Produzenten und platzierende Unternehmen - adäquat zu bedienen, werden seitens der Filmwirtschaft die Drehbücher zur Verfügung gestellt, aus denen die Agentur die verwertbaren Exemplare ausgewählt. Diese nutzbaren Drehbücher werden den dazu passenden Unternehmen aus der Wirtschaft zugeordnet, die mit der Agentur zusammenarbeiten. Im weiteren Verlauf übernimmt die Agentur die stimmige Einbettung der zu platzierenden Produkte in die Dramaturgie des Films. Die gesamte Logistik, die das platzierte Produkt betrifft, wird nach Zustandekommen eines Platzierungsvertrages von der Agentur übernommen. Zudem werden die Dreharbeiten an sich sowie die post-production - also die Nachbearbeitung des Films - begleitet und überwacht. 69 Die Agenturen übernehmen mit ihrer Tätigkeit eine Mittlerrolle zwischen Nachfrage- und Angebotsseite.

Im Fall der Zielgruppe kommt es bei einem Product Placement darauf an, diese adäquat anzusprechen. Zu diesen Personen gehören beispielsweise auch Kinder und Jugendliche. Sie stellen eine nicht zu vernachlässigende Zuschauergruppe im Kino dar, wie die folgenden Abbildungen 3 und 4 zeigen. Bei der Nutzung des Kommunikationsinstruments Product Placement sind die Streuverluste verständlicher Weise besonders hoch, da durch eine Platzierung in einem internationalen Kinofilm auch eine große Anzahl an

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Auswahl eines bestimmten Filmgenres minimiert werden, da sich unterschiedliche Zielgruppen i.d.R. für sie spezifische Filme ansehen. 72 Bei der Produktplatzierung eines Automobilherstellers in einem Kinofilm treffen jedoch in den meisten Fällen zwei stark konträre Positionen aufeinander: Zum einen der Automobilhersteller, der mit dem Placement einen werblichen Zweck für sein - i.d.R. hochpreisiges - Produkt verfolgt, und zum anderen der Kinobesucher, der schon auf Grund seines relativ niedrigen Alters und der damit verbundenen geringen Kaufkraft nicht als aktueller Käufer gelten kann. Diese Annahme kann durch die folgenden Abbildungen aus dem Bericht der Filmförderungsanstalt (FFA) des Jahres 2005 gestützt werden.

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Abbildung 3: Alter der Kinobesucher (Angaben in %)

(Quelle: FFA (2005), S. 25.

Abweichungen von 100% ergeben sich aus Rundungsdifferenzen.)

Es lässt sich anhand der Abbildung 3 zwar ein Anstieg der Besucherzahlen in den höheren Altersgruppen erkennen, aber nach wie vor machen die Altersgruppen der bis 29-Jährigen die Hälfte aller Kinobesucher aus. In diesen Altersgruppen wird zudem die höchste Reichweite gemessen (vgl. Abb. 4). Mit dem Begriff Reichweite wird die Anzahl aller Personen bezeichnet, die mit einem Kommunikationsinstrument mindestens

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einmal in Kontakt kommen. 73 Abbildung 4 lässt sich am Beispiel der linken Säule wie folgt lesen: 69% aller 10 bis 19 Jahre alten Menschen in Deutschland werden durch das Medium Kino erreicht - gehen also mindestens einmal im Jahr in eine Vorstellung.

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Abbildung 4: Besucherreichweite des Kinos 2004

(Eigene Darstellung nach FFA (2005), S. 16.)

Das Problem der Streuverluste in Bezug auf das Alter der Kinobesucher lässt sich jedoch aus folgendem Grund relativieren: Product Placement dient in erster Linie der Imagebildung/-stärkung bzw. der Steigerung des Bekanntheitsgrades der Marke und wird nicht dafür genutzt, direkt einen Kaufanreiz auszulösen. 74 Deshalb ist es auch für Automobilhersteller sinnvoll und lohnend, ihr vorhandenes bzw. angestrebtes Markenimage mittels eines Placements in einem Kinofilm zu transportieren und den noch jungen Kinobesuchern einen ersten und vor allem eindrucksvollen Kontakt mit der Marke zu bieten. Bestenfalls resultiert aus diesem Eindruck später ein Kauf.

Dieser Kapitel bildet den Abschluss des Grundlagenteils, indem das bereits in Kapitel 2.1 angesprochene Verwechslungsproblem bezüglich der Schleichwerbung aufgegriffen und eine deutliche Abgrenzung zum Product Placement geschaffen wird. Zudem wird auf die rechtlichen Regelungen bei Platzierungen in Kinofilmen eingegangen. Zur Verdeutlichung der vorhandenen Freiheiten in diesem Bereich werden die Unterschiede zur Rechtslage bei Fernsehfilmen und -sendungen in Deutschland gezeigt.

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Gegensatz zum Product Placement fehlt diesen Einblendungen jedoch zum einen die dramaturgische Notwendigkeit und zum anderen die Einbindung in den Handlungsablauf eines Films oder einer TV-Sendung. Dieses ist u.a. daran zu erkennen, dass bei Schleichwerbung lediglich eine Nennung oder Einblendung des Produktes erfolgt, es jedoch nicht in Aktion gezeigt wird. 76 Als Schleichwerbung wird demnach die offensichtliche und ausschließlich zu Werbezwecken erfolgte Platzierung von Markenartikeln im Programmablauf bezeichnet. 77 Wesentliches Abgrenzungsmerkmal ist also die dramaturgische Einbindung eines Produktes in die Filmhandlung. Was dramaturgisch notwendig ist, liegt im Ermessen des Regisseurs - erneut gut zu verdeutlichen am Beispiel des Placements von Audi im Film „I, Robot“ (2004): Der Audi RSQ wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Regisseurs Alex Proyas gebaut und in die Filmhandlung integriert.

Fernsehsendungen betreffend regelt in Deutschland der Rundfunkstaatsvertrag explizit, was Werbung bzw. Schleichwerbung ist und wie sie kenntlich zu machen ist, um sie klar erkennbar vom sonstigen Programm zu trennen. 78 Zusätzlich existieren die „ARD-Richtlinien für die Werbung, zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm und für das Sponsoring in der Fassung vom 06. Juni 2000“. In diesen wird im achten Grundsatz „Verbot von Schleichwerbung/Product Placement“ die generelle Unzulässigkeit von Schleichwerbung festgelegt, gleichzeitig aber die Einschränkung vorgenommen, dass eine Darstellung aus „künstlerischen Gründen“ vorgenommen werden kann. 79 Den Richtlinien zufolge ist vor allem dann von Schleichwerbung auszugehen, wenn für die Einblendung eines Produktes ein Entgelt vom Unternehmen gezahlt wurde. Wie bereits erwähnt betreffen die Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags und seiner Richtlinien jedoch ausschließlich Sendungen des öffentlichen und privaten Rundfunks (auch Fernsehen) in Deutschland und unterscheiden sich deutlich von den Grundsätzen bezüglich Product Placement bei Filmproduktionen für das Kino. 80

Grundlagen des Product Placements 21

Der Hinweis auf die im Film vorkommenden werblichen Darstellungen soll ebenfalls ausreichen, dem Persönlichkeitsschutz vor getarnter Werbung gerecht zu werden, wie er im § 1 UWG gefordert wird. 82

Als Präzedenzfall ist hier der deutsche Film „Feuer, Eis und Dynamit“ von Willy Bogner aus dem Jahr 1991 zu betrachten, der kurz nach seinem Kinodebüt zum Fall für den BGH wurde. In dem Film traten diverse Unternehmen als Werber auf und zahlten für die Inszenierung ihrer Produkte insgesamt ca. 5 Millionen DM. Kino-Werbefirmen klagten auf Grund von Befürchtungen, ihr eigenes Geschäftsfeld würde durch derartige Methoden Schaden nehmen. Diese Klage hatte vor dem BGH jedoch keinen Bestand und die Richter begründeten ihre Entscheidung mit dem Hinweis auf die Freiheit der Kunst, wie sie in Art. 5 Abs. 3 GG festgeschrieben ist. Einzige Bedingung ist der oben erwähnte Hinweis auf erfolgte Product Placements im Vor- bzw. Abspann eines Films. Dieser Hinweis ist aber auch nur dann notwendig, wenn finanzielle Unterstützung durch ein platzierendes Unternehmen in erheblicher Höhe erfolgte. Was jedoch als erheblich einzustufen ist, wurde in dem Urteil nicht festgelegt. 83

Seit diesem Urteilsspruch hat sich bei den Regelungen zum Product Placement in Kinofilmen auf rechtlicher Ebene nichts Entscheidendes geändert. Auf internationaler Ebene

- vor allem in den USA - sind die Reglementierungen allgemein noch weniger festgeschrieben, auch wenn dort immer wieder Anträge von Verbraucherschützern in den Kongress eingereicht werden, die eine strenge Hinweispflicht auf vorgenommene Product Placements fordern. Bisher sind derartige Vorschriften ausgeblieben und werden voraussichtlich auch in naher Zukunft nicht erfolgen. 84 Diese Tatsache liegt im Wesentlichen darin begründet, dass in den USA die freie Meinungsäußerung - unter die auch nach bisherigen Entscheidungen das Product Placement fällt - einen engen Bezug zu der Verfassung hat und nicht aus Gründen des Verbraucherschutzes mit Vorschriften bzw. Einschränkungen belegt werden darf. 85

Product Placement im Vergleich 22

3 Product Placement im Vergleich

3.1 Vorstellung ausgewählter Kommunikationsinstrumente

Für den Vergleich des Product Placements mit anderen Kommunikationsinstrumenten werden die folgende Werbeinstrumente ausgewählt:

xx Klassische Werbung in Massenmedien xx Außenwerbung xx Public Relations xx Sponsoring.

3.1.1 Klassische Werbung in Massenmedien

Als klassische Werbung wird i.d.R. die Absatzwerbung eines Unternehmens bezeichnet. 86 Die Nutzung von Massenmedien spielt dabei insofern eine wichtige Rolle, weil sie die Ansprache eines breiten Publikums ermöglicht. Die Massenmedien lassen sich in

Product Placement im Vergleich 23

Außenwerbung mittels Plakaten. Diesem Werbeträger wird ein separater Unterpunkt gewidmet, da er kein zusätzliches Medium benötigt, um eine Werbebotschaft zu übermitteln und somit eine eigene Kategorie darstellt.

Bei der Mediawerbung, wie die klassische Werbung auch genannt wird, handelt es sich einerseits um eine indirekte - weil über ein Medium transportierte - und zum anderen um eine einseitige Werbung, bei der die angesprochenen Adressaten i.d.R. keine Möglichkeit zu einer Rückkopplung zum Sender der Werbebotschaft haben. 88 Die Einseitigkeit lässt sich jedoch dadurch vermindern, dass dem Adressaten Möglichkeiten zu einer Interaktion in Form von Telefonhotlines oder Kontaktaufnahme via Internet gegeben werden.

Beispielhaft für diesen Punkt werden Zeitungen und Zeitschriften (vor allem die sogenannten Special-Interest-Zeitschriften) genauer betrachtet. Printmedien bieten dem werbenden Unternehmen die Möglichkeit, seine Botschaft exakt zu einem gewünschten Zeitpunkt zu verbreiten und mit entsprechender Auswahl der Zeitung oder Zeitschrift eine Vorauswahl der Leserschaft zu treffen, die am ehesten seiner Zielgruppe entsprechen könnte. 89 Durch eine Zeitung kann zudem eine geographische Selektion erfolgen, da neben nationalen i.d.R. auch zahlreiche regionale Zeitungen existieren. 90 Die allgemein hohe Reichweite - vor allem von Zeitungen - wird durch Einschränkungen im Nutzerverhalten bei den jüngeren Lesern (unter 30 Jahre) deutlich gemindert. 91

Ende der Leseprobe aus 100 Seiten

Details

Titel
Product Placement von Automobilherstellern in internationalen Kinofilmen
Untertitel
Vergleich mit anderen Kommunikationsinstrumenten und Diskussion am Beispiel der Volksrepublik China
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Note
1
Autor
Jahr
2006
Seiten
100
Katalognummer
V186155
ISBN (eBook)
9783656998792
ISBN (Buch)
9783867468930
Dateigröße
31455 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
product, placement, automobilherstellern, kinofilmen, vergleich, kommunikationsinstrumenten, diskussion, beispiel, volksrepublik, china
Arbeit zitieren
Helge Wittkugel (Autor:in), 2006, Product Placement von Automobilherstellern in internationalen Kinofilmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186155

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