Die Skalen der Persönlichkeit. Ein Test zur Bestimmung sozialer Repräsentationen am Beispiel der Denkschule des Irak-Kriegs unter Georg W. Bush


Seminararbeit, 2006

39 Seiten, Note: 1


Leseprobe


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1. Bedarf eines Tests für Soziale Repräsentationen

Repräsentationen entstehen, wenn die Wahrnehmung Eindrücke von realen Sachverhalten im Gehirn erzeugt.

Eine Repräsentation ist in komplex konfigurierter Anordnung von neuronalen Verbindungen gespeicherte Information von einer Gruppe gleichzeitig ablaufender und thematisch zusammengehöriger Reize, die einen gesamten realen Sachverhalt betreffen,

„ohne auf Symbole, auf Operationen mit ihnen oder auf Regeln zurückgreifen zu müssen, die ein System speichert und befolgt. Die erforderliche Verarbeitung wird durch die Grundkonfiguration des Systems ermöglicht. Hierbei sind Repräsentationen lediglich Zustände eines Organismus oder einer Maschine, die aufgrund der Rolle, die sie bei der Ausführung einer Aufgabe oder einer Funktion dieses Organismus bzw. dieser Maschine spielen, zu Repräsentationen werden.“

Gardner (1989; S. 414) Es geht aufgrund dieser neuronalen Sichtweise nicht darum, „Symbole“ zu enkodieren, sondern:

„Mark Blickhard und seine Mitarbeiter haben sich aus komplexer entwicklungspsychologischer und erkenntnistheoretischer Perspektive gegen eine Erklärung von Kognition ausgesprochen, die auf symbolischer Enkodierung basiert. (…) Er meinte, wir sollen uns, a la Piaget, vorstellen, daß Organismen ständig mit ihrer Umwelt interagieren, wenn sie verschiedene Ziele und Fähigkeiten anstreben. Repräsentationen entstehen während der Entwicklung sowohl als Folge von Differenzierungen der Umwelt als auch, allgemeiner, als Folge bestimmter zielorientierter interaktiver Steuerungsstrukturen. Nach dieser Auffassung können Enkodierungen als Spezialisierungen der emergenten repräsentationalen Funktion abgeleitet werden.“

(S. 414-415)

Nach Durkheim (1987) sind so genannte „kollektive Repräsentationen“ Realitäten, die kollektiv konstruiert und von einer Gesellschaft geteilt werden. Moscovici (1981, 1984) spricht schon von „sozialen Repräsentationen“. Diese sind kein Synonym für Stereotypen oder Einstellungen, sondern ein umfassenderes Konzept, das Ähnlichkeiten mit Mythen und Glaubenssystemen aufweist. Soziale Repräsentationen sind „verwandt mit Konzepten wie Ideologie, Weltanschauung, Macht der Gedanken, Mythos und Utopie.“ (Kirchner,…) All diese Begriffe sind einerseits Spiegelungen der sozialen Beziehungen und andererseits Beitrag zu deren Aufbau. Soziale Repräsentationen sind nach Moscovici und Hewstone 1. „common sense“ Theorien und 2. resultieren sie aus „Bedürfnissen nach Vertrautem und Bekanntem im Dschungel der gesellschaftlich-sozialen Erfahrungswelt“ (Kirchler, 1999). Kirchler (1999) führt weiter aus: Soziale Repräsentationen von Individuen

a) werden innerhalb einer Gruppe entwickelt, sind Bedürfnisse des Kollektivs, garantieren Einhaltung der Norm

b) können Trennfunktion zu anderen gesellschaftlichen Gruppen besitzen

c) haben Rechtfertigungsfunktion zur Distanzregulation, um wirtschaftliche Differenzierung aufrecht zu halten

d) haben nach Doise (1978) Prognosefunktion für Interaktion zwischen verschiedenen

Gruppen

e) haben nach Hewstone, Jaspars, Lalljee (1982) Attribuierungsfunktion, um Ursachen sozialen Verhaltens zu klären

f) haben eine Funktion zur Schaffung von sozialer Identität.

Personen einer Gruppe aufbauend können sich für diese Gruppe

bezeichnende soziale Repräsentationen entwickeln, die

zusammengefasst eine Denkschule begründen.

2.1. Voraussetzungen für die Überprüfung der Theorie

In dieser Theorie werden eine Einflußnahme des kognitiven Stils auf die sozialen Repräsentationen und eine Einflussnahme der sozialen Repräsentationen auf eine Denkschule postuliert. Ausgehend von einem in dieser Arbeit zu untersuchenden Zusammenhang zwischen dem kognitiven Stil der Persönlichkeit und bestimmten sozialen Repräsentationen kann ein kausaler Zusammenhang vermutet werden. Auszuschließen ist ein Zusammenhang dahingehend, daß das Vorhandensein von sozialen Repräsentationen den Kognitiven Stil der Persönlichkeit beeinflußt. Wenn somit ein Zusammenhang festgestellt wird, ist es möglich, daß der kognitive Stil der Persönlichkeit bestimmte soziale Repräsentationen verursacht. Hier ist es aber nicht angebracht, eine Verursachung in diese Richtung durch statistische Methoden (Z.B. Pfadanalysen) zu versuchen, weil eine Ursachenzuschreibung nicht aufgrund einer Stichprobenuntersuchung feststellbar ist. Das induktive Prinzip kann hier nicht weiterhelfen. Das Vorgehen einer solchen Untersuchung kann mit Ursula Interholzingers (1995) Worten, die sie in einem Kommentar zu Zeilen des amerikanischen Intelligenz- und Kreativitätsforschers Gardner so formuliert hat:

„Die Wissenschaft kann nicht ausschließlich induktiv vorgehen, und es stellt sich für Gardner nicht unbedingt die Frage, wie sicher Wissen ist, sondern wie Wissen überhaupt erlangt wird. Es ist für Gardner unumgänglich, von einer Hypothese oder Theorie auszugehen und sie dann zu prüfen. Erst wenn die Stärken und Unzulänglichkeiten einer Theorie offenkundig werden, stellt sich heraus, ob diese plausibel ist.“

Wichtig ist im Falle eines festgestellten Zusammenhangs, von einer möglichen Tendenz der Personen mit einem bestimmten kognitiven Stil, sich leicht mit gewissen sozialen Repräsentationen zu beschäftigen und auch diese zu internalisieren. Ob jene sozialen Repräsentationen in dem in dieser Untersuchung angeführtem Beispiel schon im Bewußtsein der Testpersonen gelagert waren, bevor die Untersuchung durchgeführt würde, ist nicht gesagt. Zweifelsohne aber war in solch einem Fall die soziale Repräsentation im Einzelnen latent vorhanden. Wie Einstellungen nach Kirchler (19…) nicht so einfach direkt meßbar sind, so sind es soziale Repräsentationen noch viel weniger. Das heißt nicht, daß die Testpersonen zu bestimmten sozialen Repräsentationen keine Meinung haben. Spätestens beim Beginn einer Intervention kann ein soziales Gebilde wie eine Denkschule nicht mehr anders, als die sozialen Repräsentationen gleichermaßen als Dogma zu betrachten. Im Folgenden wird nahtlos übergegangen zu einer jener Dankschulen, die zur Entwicklung weltpolitischer Ereignisse unserer Zeit maßgeblich beitragen. 2.2. Der Zeitungs-Bericht

Im Standard vom … steht folgender Bericht: „Am 7. Juni 2003 erschien in der New York Times ein ungewöhnlicher Text. Jenny Strauss Clay, eine Professorin für alte Sprachen an der Universität von Virginia, sah sich aus familiären Gründen zu einer Medienschelte provoziert: „Berichte in jüngster Zeit beschreiben meinen Vater, Leo Strauss, als den Vordenker hinter den neokonservativen Ideologen, die die Außenpolitik der Vereinigten Staaten kontrollieren. Aus seinem Grab, in dem er seit dreißig Jahren liegt, heraus, so berichtet man uns, leitet er eine „Kabale" (ein Begriff mit ausdrücklich antisemitischen Anklängen) aus Mitgliedern der Regierung Bush, die hoffen, das amerikanische Volk der Herrschaft einer rücksichtslosen Elite zu unterwerfen. Ich erkenne Leo Strauss, wie er in diesen Artikeln erscheint, nicht wieder." Der Protest von Jenny Strauss Clay markierte einen Einschnitt in einer Diskussion, die bis heute anhält und einer Denkschule gilt, von der nicht einmal ganz klar ist, ob es sie gibt. Vollends umstritten ist, in welchem Maß und mit welchem Recht sich „Neo-Cons" wie Paul Wolfowitz auf den

politischen Philosophen Leo Strauss berufen, einen jüdischen Emigranten aus Deutschland, der 1938 in die USA ging und von 1949 an hauptsächlich in Chicago lehrte. Er war kein praktischer Intellektueller, es gibt keine Handlungsanweisungen von ihm. Stattdessen gibt es gründliche Interpretationen vor allem der griechischen Philosophie: Mit Platon, Sokrates, Xenophon und Aristophanes hat er sich immer wieder beschäftigt, außerdem natürlich mit Hobbes, dein Theoretiker des modernen Staats. Als Strauss 1973 starb, hinterließ er ein Werk, das bis heute schwer zu überblicken ist, weil die deutsche Gesamtausgabe nur langsam vorankommt und viele seiner wichtigen Texte aus amerikanischen Fachzeitschriften noch nicht wieder veröffentlicht sind. Er hinterließ aber auch ein paar Schüler. Besonders wichtig wurde (und nahm sich) der Shakespeare-Gelehrte Allan Bloom, der 1987 mit seinem elitistischen Pamphlet The Closing of the American Mind Bauch die deutschsprachigen Konservativen aufschreckte. Bloom, eine schillernde Figur, die Saul Bellow in seinem Roman Ravelstein verewigte, steht für jene Fraktion im akademischen Leben der USA, die sich gegen die zunehmenden kulturellen Differenzierungen wehrte und an einem Kanon festhielt, der vom und für den weißen Mann gedacht war, und die Fragen einer lesenden Afroamerikanerin oder die Kunstproduktion osteuropäischer Immigranten ignorierte. Bloom sah in Strauss einen „harmonischen Ausdruck der Tugenden" und zählt sich glücklich, zum Kreis der Schüler zugehören.

Welche Stichworte finden diese Männer im Werk vom Strauss? Vielleicht sogar die Rechtfertigung einer Diktatur? Interessanterweise erschien das Buch Über die Tyrannis zuerst auf Deutsch, und es handelt sich dabei um eine Auseinandersetzung mit Hieron, einer nicht gerade berühmten Schrift von Xenophon. Der Herrschaft eines Tyrannen redet Strauss darin nur insofern das Wort, als diese Frage die ganze Antike hindurch virulent war und er vor diesem Hintergrund tatsächlich die absolute Herrschaft von Weisen als das ideale Regime betrachtet - allerdings als ein utopisches, das mit der Demokratie nicht unmittelbar konkurriert.

Strauss war kein Verfechter des Liberalismus, aber auch kein Theoretiker des Staatsstreichs. Das unterstellen ihm nur jene Kritiker, die sich daran stoßen, dass er in den Zwanzigerjahren mit Carl Schmitt in Verbindung stand, dem berüchtigten Denker des Ausnahmezustands, der in seiner Schrift Der Begriff des Politischen eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Freund und Feind vornahm. Strauss schrieb 1932 eine Rezension des Schmitt-Texts, die einen „Horizont jenseits des Liberalismus" suchte. Er fand ihn in den Schriften von Thomas Hobbes, dem frühneuzeitlichen Begründer der modernen politischen Philosophie, demer1965 eine Studie widmete. „Politischsein heißt Ausgerichtetsein auf den Ernstfall"', heißt es darin gegen Ende - ein Stichwort, das die „Neo-Cons" nun tatsächlich gut gebrauchen können. Ob allerdings die Rhetorik von Gut und Böse, die in den Reden von George W. Bush vorherrscht, „straussianisch" ist oder einfach religiös-fundamentalistisch, ist schon wieder eine Streitfrage zwischen den Teilnehmern an der „Kabale", die sich darüber gern bedeckt halten, und den Aufdeckern.

Nicholas Xenon liefert ein gutes Beispiel dafür, dass eine Denkschule in der Nachfolge von Leo Strauss nur dann auszunehmen ist, wenn man die Begriffe äußerst allgemein hält.“

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Paul Wolfowitz: Foto: EPA in: Der Standard 10. Juli 2004

Dieses Beispiel sei ernüchternd genug, einzusehen, wie sehr von bestimmten Vordenkern entwickelte, in eine gewisse Zeitepoche passende, soziale Repräsentationen fixer Bestandteil im Motor des Weltgeschehens werden können. Es soll im Folgenden erwogen werden, wie sehr vom Vorhandensein sozialer Repräsentationen im Denken der Testpersonen ausgegangen werden kann. Was für Auswirkungen es haben kann, wenn eine fiktive Person immer wieder auf ähnliche Weise (z.B. Printmedien) mit sozialen Repräsentationen konfrontiert wird, kann und soll in dieser Untersuchung nur im theoretischen Teil behandelt werden ( Ein Modell für den für die Entstehung des kognitiven Einflusses auf den Einzelnen in der Gesellschaft, hier auf den einzelnen US-Bürger, gibt dieses Beispiel der Vordenker des Irak-Kriegs).

3. Hypothese: Jemand kann aufgrund seines kognitiven Stiles der

Persönlichkeit (Denkstil von einem Einzelnen) eine überzufällige

Neigung zu bestimmten sozialen Repräsentationen haben.

3.1. Das Thema der im Persönlichkeitstest „Die Skalen der Persönlichkeit“ zu

untersuchenden sozialen Repräsentationen

Neben den im obigen Beispiel angeführten Auswirkungen des kognitiven Stils auf soziale Repräsentationen und ihren Folgen sei noch ein zweites Beispiel Thema dieser Untersuchung. Zu diesem soll im empirischen Teil die Hypothese überprüft werden, ob jemand aufgrund seines kognitiven Stiles der Persönlichkeit (Denkstil von einem Einzelnen) eine überzufällige Neigung zu bestimmten sozialen Repräsentationen haben kann. Ein viel lebensnäherer Kontext als obiges Beispiel macht die Frage nach einem grundsätzlichen Zusammenhang leichter nachvollziehbar. Untersucht wird der

Zusammenhang kognitiver Stile der Persönlichkeit mit jenen sozialen Repräsentationen, die in der Menschheitsgeschichte immer etwas Positives darstellten. Dem Autor liegt viel daran, auf diese Weise eine Innovation in der Persönlichkeitsforschung zu setzen, da die forschende Psychologie zum Großteil mit negativen Szenarien, sicher auch der Anwendbarkeit für psychische Krankheiten wegen, befaßt ist. Kurz eingegangen auf dies Anwendbarkeit: Wenn ein praktizierender Psychologe ein menschenfreundliches, humanes Vorgehen gegenüber seinen Patienten an den Tag legt, so wird er einmal die gut funktionierenden Seiten des Patienten mit seinen Defiziten vergleichen wollen, um in Form einer Beratung oder einer Diagnose inklusive eines Interventions-Ratschlags dem Patienten weiterhelfen zu können.

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Details

Titel
Die Skalen der Persönlichkeit. Ein Test zur Bestimmung sozialer Repräsentationen am Beispiel der Denkschule des Irak-Kriegs unter Georg W. Bush
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Partikulogie)
Note
1
Autor
Jahr
2006
Seiten
39
Katalognummer
V186336
ISBN (eBook)
9783656998280
ISBN (Buch)
9783656998631
Dateigröße
2452 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
skalen, persönlichkeit, persönlichkeitstest, entdeckung, sozialen, repräsentationen, beispiel, denkschule, vordenker, irak-kriegs, george, bush
Arbeit zitieren
David Leitha (Autor:in), 2006, Die Skalen der Persönlichkeit. Ein Test zur Bestimmung sozialer Repräsentationen am Beispiel der Denkschule des Irak-Kriegs unter Georg W. Bush, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186336

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