Die Behandlung des Kreditrisikos nach Säule I der Basler Eigenkapitalempfehlung

Eine kritische Betrachtung der zulässigen Ansätze und Analyse des Auswahlproblems


Diplomarbeit, 2007

89 Seiten, Note: 1


Leseprobe


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Abkürzungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Einleitung

Das erste Konsultationspapier des Basler Ausschusses zur Überarbeitung der Basler Eigenkapitalempfehlung sah zunächst vor, die Eigenkapitalunterlegung für das Kreditrisiko anhand der externen Ratings der Kreditnehmer zu bestimmen. 1 Dagegen regte sich massiver Widerstand in der deutschen Kreditwirtschaft, die aufgrund der im Vergleich insbesondere zu den USA geringeren Verbreitung externer Ratings Wettbewerbsnachteile befürchtete. 2 Daher wurde die ab dem zweiten Konsultationspapier vorgesehene Möglichkeit der Anwendung interner Ratingverfahren für Zwecke der Bemessung des Kreditrisikos und der bankaufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen als der „größte deutsche Gewinn“ bezeichnet. 3

über die Umsetzung der Rahmenvereinbarung in europäisches und deutsches Recht mehrten sich jedoch wieder kritische Stimmen aus Wissenschaft und Industrie, die dem Regelwerk insgesamt Nachteile für kleine und mittlere Institute zuschrieben, die Verwendung der Standardverfahren zur Risikomessung an Stelle der internen Verfahren empfahlen oder opportunistisches Verhalten der Kreditinstitute durch die Verwendung bankinterner Ratings begünstigt sahen. 5

struktur des Regelwerks so zu gestalten, dass Banken möglichst zur Anwen-

dung der fortgeschrittenen Risikomessverfahren motiviert und Innovationen im deutschen Kreditgewerbe gefördert werden. 7 Unmittelbar nach Einführung der neuen Regeln scheint jedoch zumindest das erste Ziel in weite Ferne gerückt zu sein. Erklärten in Umfragen, welche die Aufsicht in 2003 und 2004 durchführte, noch 576 bzw. 239 Institute, den IRB-Ansatz zum 1.1.2007 anzustreben, so sind es tatsächlich rund 40 Banken, die diesen Ansatz im Jahr der Einführung von Basel II nutzen werden. 8 Obgleich der Gesetzgeber den Banken eine Übergangsfrist zur Einführung der neuen Regeln bis 2008 einräumt, zweifeln Vertreter der Kreditwirtschaft an einer flächendeckenden Einführung fortgeschrittener Risikomessansätze auch nach Ablauf dieses verlängerten Umsetzungszeitraums. 9 Ähnlich verhalten zeigen sich die Banken in den anderen Mitgliedsstaaten der EU. 10

ditrisikomessansätze auf Ebene der Gesamtbank vornehmen zu können. Im Gegensatz zu dem in der Literatur verbreiteten Verständnis der Balanced Scorecard als System, in dem bestimmte Kennzahlen eine Vorgabefunktion erfüllen bzw. explizit als Zielgrößen verwendet werden, ist es jedoch das Ziel dieser Arbeit, vielmehr eine Heuristik denn einen festen Algorithmus für die Untersuchung des Auswahlproblems zu entwickeln. 12

Problem der Adäquanz von Risikomessverfahren stellt sich daher auch für Risiken, die nicht in Säule I enthalten sind, so z.B. die Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch. 15 Im Interesse einer Arbeit, die eine ausreichende Detailtiefe bietet und dabei handhabbar bleibt, wird hier jedoch ausschließlich das Auswahlproblem im Bereich des Kreditrisikos erörtert.

1.1.1 Motivation für die Neufassung

Bereits seit Mitte der neunziger Jahre wurde insbesondere von Seiten der Finanzindustrie Kritik an den bis zum letzten Jahr geltenden Basler Eigenkapi-

talregelungen (Basel I) geübt, wobei drei Kernargumente die Diskussion do- haben: Zum einen war die nur eingeschränkt nach der Bonität des Schuldners differenzierende Ermittlung der Eigenkapitalunterlegung oft dem tatsächlichen Risiko nicht adäquat und mit den seit Verabschiedung des Akkords 1988 erheblich weiter entwickelten Methoden des modernen Kreditrisikomanagements nicht mehr zu vereinbaren. 16 Zweitens fanden neuere Instrumente der Kreditrisikosteuerung und des Risikotransfers, beispielsweise die Verbriefung von Forderungen, in dem alten Regelwerk nur unzureichend Berücksichtigung. 17 Drittens wurde die ausschließliche Fokussierung der Eigenmittelübereinkunft auf die Unterlegung von Kredit- und Marktpreisrisiken dem Gesamtrisikoprofil einer Bank nicht gerecht.

torischer Arbitrage vermindert und Anreize für ein verbessertes Risikomanagement gegeben werden. 19 Mit einem Drei-Säulen-Konzept wird der regulatorische Rahmen für die Kreditinstitute grundlegend neu gestaltet. 20

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bankinternes die Aufsicht

Obgleich diese drei Säulen gleichberechtigt nebeneinander stehen, kann die erste Säule, die Regelungen für die Bestimmung der Mindesteigenkapitalanforderungen enthält, als Herzstück des Regelwerks angesehen werden. 22 Die zweite Säule umfasst das bankaufsichtliche Überprüfungsverfahren (Supervisory Review Process, SRP), das die institutseigenen Prozesse und Methoden der Risikomessung und -steuerung sowie der Kapitalallokation in das Zentrum der aufsichtlichen Würdigung rückt. 23 Zum einen werden in diese Betrachtung die Risiken mit einbezogen, die in Säule I nicht berücksichtigt sind (z.B. das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch), zum anderen wird mit der Umsetzung des SRP einem Aufsichtsansatz Rechnung getragen, der von einer Primärverantwortung der Institute selbst für die Ermittlung gegenwärtiger und künftiger Risiken und einer diesen Risiken adäquaten Kapitalausstattung ausgeht. 24 Mit der dritten Säule über die Offenlegungspflichten schließlich wird eine Verknüpfung zwischen aufsichtlichen Regeln und einer durch Marktprozesse bedingten Disziplinierung der Institute hergestellt. 25 Neben Informationen über die Höhe und die Bestandteile des Eigenkapitals, die eingegangenen Risiken sowie das Risikomanagement werden auch Offenlegungsanforderungen an Verwendung, Art und Ergebnisse interner Ratingverfahren gestellt. Diese Anforderungen müssen erfüllt werden, um bankinterne Ratings für die aufsichtliche Eigenkapitalermittlung nutzen zu dürfen. 26 Der Basler Ausschuss ist der Ansicht, dass durch diese umfangreichen Publizitätsvorschriften marktseitige Anreize für die Banken entstehen, eine solide Eigenkapitalausstattung und ein effektives Risikomanagement anzustreben. 27

1. Die Risikogewichte für die Ermittlung der bankaufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen werden stärker in Abhängigkeit von der Bonität des Schuldners differenziert. Hierfür sieht die Rahmenvereinbarung grundsätzlich zwei Ansätze, nämlich den Standardansatz sowie den auf internen Ratings basierenden Ansatz (IRBA), vor. Letzterer kann

in einer Basis- oder einer fortgeschrittenen Variante angewendet werden. 29 Grundsätzlich ist das gesamte Portfolio einer Bank innerhalb einer Übergangsperiode von maximal fünf Jahren in den anspruchsvollsten angestrebten Ansatz zu überführen, wobei Ausnahmen für bestimmte Geschäftsbereiche sowie generell bis zu einer Obergrenze in Höhe von 8% der RWA und des EAD möglich sind. 30 Diese Regelungen führen dazu, dass aus Sicht der Bank grundsätzlich ein Auswahlproblem zwischen drei Ansätzen für ihr gesamtes Portfolio besteht. Da sich der IRBA methodisch grundlegend vom Standardansatz unterscheidet, die beiden Varianten des IRBA jedoch konzeptionell die gleiche Grundlage haben, soll das Auswahlproblem im folgenden zwischen Standardansatz auf der einen und IRB-Ansatz auf der anderen Seite diskutiert werden. 31 2. Für Restlaufzeiten müssen im fortgeschrittenen IRB-Ansatz eigene Schätzungen vorgenommen werden. 32 3. Instrumente zur Kreditrisikominderung können in größerem Umfang als bisher für Zwecke der Reduzierung der aufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen eingesetzt werden. Im fortgeschrittenen IRB-Ansatz gibt es keine Beschränkungen hinsichtlich der Art der risikomindernden Instrumente, jedoch sind in allen drei Ansätzen Mindestanforderungen zu erfüllen. 4. Assetkorrelationen sind im IRB-Ansatz grundsätzlich in Abhängigkeit von der Ausfallwahrscheinlichkeit der Schuldner vorgegeben. Im Retailportfolio sowie bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz von maximal 50 Mio. EUR wird im Vergleich zu den anderen Forderungsklassen von geringeren Korrelationen ausgegangen. 33 Mitunter entsteht bei dieser Privilegierung der kleinen und mittleren Unternehmen der Eindruck, dass dafür vor allem politische Motive den Ausschlag gegeben haben. 34 Insgesamt lässt sich festhalten, dass empirischen Studien zu Folge die aufsichtlich vorgegebenen über den zu beobachtenden Assetkorrelationen liegen. 35

1.1.3 Der Standardansatz

Dieser einfachste Ansatz zur Bemessung des Kreditrisikos unterscheidet sich von dem im derzeitigen Grundsatz I vorgesehenen Verfahren dadurch, dass die Risikogewichte weniger pauschaliert, sondern in Abhängigkeit von externen Ratings aufsichtlich vorgegebenen Risikoklassen zugeordnet werden können. 36 Im Falle eines Ratings schlechter als B- würde sich das Risikogewicht im Regelfall gegenüber dem Grundsatz I von 100% auf 150% erhöhen, im Bereich AAA bis A- kann sich je nach Forderungsklasse ein Risikogewicht von 0% bis 50% ergeben. 37 Eine Ratingagentur benötigt eine aufsichtliche Anerkennung, wenn ihre Beurteilungen für Zwecke der Risikogewichtung herangezogen werden sollen. Darüber hinaus sind die gewählten Agenturen vom Institut zu nominieren und der Aufsicht gegenüber anzuzeigen. Eine Übersicht über die Risikogewichte des Standardansatzes nach SolvV gibt die nachstehende Tabelle:

Tabelle 1: Risikogewichte im Standardansatz 38

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Gegenüber dem Grundsatz I sind im Einzelnen folgende wesentliche Ände- festzustellen:

- Das Risikogewicht eines Staates wird künftig stärker an externen Ratings bzw. Mindestprämienkategorien für Exportversicherungen gemäß der OECD-Methodik ausgerichtet. Bislang war hierfür eine stark pau-

schalierte und mitunter stark verzerrende Risikogewichtung in Abhän- von der OECD-Zugehörigkeit vorgesehen.

- Unter dem alten Akkord erhielten Kreditinstitute innerhalb von OECD-Staaten eine privilegierte Risikogewichtung von 20%. Künftig sind in Abhängigkeit von der Bonitätsbeurteilung des Sitzstaates vier verschiedene Bonitätsgewichte vorgesehen. Das heißt, es bleibt trotz stärkerer Risikodifferenzierung grundsätzlich bei einer indirekten Bestimmung des Risikogewichts. Die Rahmenvereinbarung sieht neben dieser Option 1, die in Deutschland angewendet wird, noch eine weitere Option vor, bei der die Bonitätsgewichte aufgrund externer Ratings der Institute bestimmt werden.

- Nach Grundsatz I wurden alle Risikopositionen, die keinen privilegierten Anrechnungssatz erhielten, mit 100% gewichtet. Gemäß den neuen Regeln ist für Nichtbanken mit einer sehr guten Bonität ein geringerer Gewichtungssatz von 20% oder 50% möglich. Im Falle eines Ratings schlechter als BB- gemäß der S&P-Notation sind die Forderungen mit 150% zu gewichten. Sofern kein Rating verfügbar ist, bleibt es jedoch beim Risikogewicht von 100%. Dies trifft auf den überwiegenden Teil der deutschen Nichtbanken zu. 39 Forderungen an natürliche Personen und kleine und mittlere Unternehmen erhalten ein Risikogewicht von 75%, sofern die gesamten Forderungen an einen Schuldner eine Million EUR nicht übersteigen.

gensatz zu den Regelungen für Marktpreisrisiken werden jedoch auch unter dem neuen Regelwerk keine bankinternen Portfoliomodelle für das Kreditrisiko zugelassen. Die aufsichtlich festgelegten Risikogewichtsfunktionen werden mittels eines vereinfachten Asset-Value-Modells ermittelt. Die Grundannahmen dieses Modells sind, dass genau eine Einflussgröße auf das systematische Risiko, nämlich der so genannte ökonomische Faktor, und ein asymptotisch granulares Portfolio existieren. 42 Der Einfluss der Diversifikation auf das Portfoliorisiko wird nicht berücksichtigt. Das regulatorische Eigenkapital wird

auf dem 99,9%-Quantil der Verlustverteilung abzüglich des erwarteten Verlus- ermittelt. 43 Im Unterschied zum Standardansatz mit festen Risikogewichten erfolgt die Berechnung der Eigenmittelanforderungen im IRBA mit Hilfe von Parametern, für die die Bank eigene Schätzungen verwenden darf. Dabei werden grundsätzlich der Basis- und der fortgeschrittene IRB-Ansatz unterschieden.

rekt erfolgen. Im ersten Fall wird der ermittelte Scorewert als Ausfallwahrscheinlichkeit interpretiert. Bei der indirekten Schätzung hingegen wird zunächst die Zuordnung zu einer Ratingklasse anhand der Verteilung der Scorewerte vorgenommen und anschließend eine durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeit für jede Ratingklasse ermittelt. 45

Eine Ausnahme bildet das so genannte Mengengeschäft, für das im IRB- ausschließlich bankeigene Schätzungen sowohl der Ausfallwahrscheinlichkeit als auch der Verlustquote bei Ausfall sowie des Konversionsfaktors herangezogen werden dürfen. 47 Dabei wird den Banken zugestanden,

Forderungen, die hinsichtlich der Risikotreiber homogen sind, zu Pools zu- und die Verlustparameter auf Ebene dieser Pools zu schätzen. Dieses Vorgehen stellt für die Banken gegenüber den anderen Forderungsklassen eine Prozessverschlankung dar. 48 Darüber hinaus erhalten Forderungen des Retailportfolios eine Privilegierung durch die im Vergleich zu Forderungen des Unternehmensportfolios flacher verlaufenden Risikogewichtsfunktionen. Dies wird mit der höheren Granularität und Diversifizierung von Privatkundenportfolios im Vergleich zu Unternehmensportfolios begründet. 49 Zusammenfassend lassen sich die Forderungsklassen im IRBA wie folgt darstellen:

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- Trennschärfe und Stabilität des Ratingsystems,

- Verwendung der Ergebnisse des Ratingsystems für Zwecke des bankinternen Risikomanagements,

- Qualität der für Entwicklung verwendeten Daten. 51

1.2.1 Umsetzung auf internationaler Ebene

Obgleich der bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich beheimatete Basler Ausschuss für Bankenaufsicht über keine Rechtssetzungskompetenz verfügt, war es Ziel des Ausschusses, mit dem neuen Akkord zu einer weiteren internationalen Harmonisierung bankaufsichtlicher Rechtsnormen beizutragen. 53 Dieses Ziel schien mit der Veröffentlichung der Rahmenvereinbarung im Juni 2004, die Ergebnis eines fünfjährigen internationalen Konsultationsprozesses war, erreicht. 54 Ein Zurückfallen auf nationale Alleingänge sollte vermieden werden, da für diesen Fall Regulierungsarbitragen sowie destabilisierende Wirkungen auf das Weltfinanzsystem befürchtet wurden. 55 Dieses Ziel ist jedoch gefährdet. Obgleich in den USA die neuen Regelungen ohnehin lediglich für zehn international tätige Institute verpflichtend angewendet werden sollten, ist derzeit offen, ob es überhaupt zu einer Umsetzung kommt. 56 Aufgrund von Befürchtungen, dass die Einführung Basel II-konformer Regelungen zu einer erheblichen Reduzierung der regulatorischen Kapitalanforderungen und zu einer Bedrohung der Wettbewerbsfähigkeit und Unabhängigkeit der US-Banken führen könnte, wird die Basel II-Umsetzung von Vertretern

der gesetzgebenden Organe in Frage gestellt. 57 Insbesondere die Ergebnisse der vierten Auswirkungsstudie des Basler Ausschusses, die eine Absenkung der regulatorischen Eigenkapitalanforderungen an die US-Banken um durchschnittlich 17% auswies, beförderten die Skepsis der US-Regulatoren. 58 Darüber hinaus bestehen Zweifel, ob die US-Banken hinreichend auf Basel II vorbereitet sind. 59 Da die Basel II-Umsetzung in den USA unter der Maßgabe erfolgen würde, ausschließlich die fortgeschrittenen Messansätze für das Kredit- und das operationelle Risiko zuzulassen, werden Wettbewerbsnachteile für die Banken befürchtet, die nicht in der Lage sind, diese Ansätze zu implementieren. Da dies den Großteil der US-Banken, nämlich die kleinen und mittleren Institute, betreffen würde, haben sich die US-Behörden in 2005 entschlossen, zusätzlich zu dem Basel II-Regelwerk einen weiteren neuen Standard zu entwickeln. 60 Dieser mit „Basel IA“ bezeichnete Ansatz soll eine risikosensitivere Eigenkapitalunterlegung als der Basel II-Standardansatz ermöglichen, allerdings im Gegensatz zum IRB-Ansatz auf der Basis externer Ratings. 61 Ob und wie die Basel II-Umsetzung in den USA erfolgen wird, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Experten zu Folge ist eine vollständige Abkehr von Basel II jedoch inzwischen unwahrscheinlicher geworden. 62

Das bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich angesiedelte Financial Stability Institute (FSI) kam in einer im Jahr 2006 durchgeführten Umfrage zu dem Ergebnis, dass neben den dreizehn im Ausschuss vertretenen Ländern 82 weitere Staaten den neuen Akkord umsetzen wollen. Damit würden mehr als 80% der Bankaktiva, die in den nicht im Basler Ausschuss vertretenen Jurisdiktionen verwaltet werden, regulatorisch nach Maßgabe des neuen

Akkords behandelt. 64 Abgesehen von der offenen Frage der Implementierung in den USA, scheint der neue Akkord wie sein Vorgänger zur Vorlage für international harmonisierte regulatorische Standards zu werden, obgleich in vielen Detailfragen unterschiedliche Vorstellungen bestehen. 65

wesentliche Unterschied besteht jedoch im Anwendungsbereich der Regeln. Während sich die Basler Rahmenvereinbarung nur an international tätige Kreditinstitute richtet, sind in den Geltungsbereich der Richtlinien alle Kreditinstitute sowie Wertpapierfirmen einbezogen. Im Gegensatz zu der nur partiellen Umsetzung in den USA ist somit die Wettbewerbsgleichheit unter den Banken innerhalb der EU gewahrt. 68 Darüber hinaus enthalten die Brüsseler Richtlinien von Basel abweichende Detailregeln, die den Besonderheiten des europäischen Bankenmarkts und der Struktur der kleinen und mittleren Institute Rechnung tragen. 69 Zu den wesentlichen Erleichterungen gehört, dass Segmente eines Bankportfolios, die nur eine geringe Materialität aufweisen sowie bestimmte Schuldner, beispielsweise Banken oder Staaten, die unter Umständen von einer externen Ratingagentur besser als mit internen Verfahren beurteilt werden können, dauerhaft von der Anwendung des IRBA ausgenommen werden dürfen. 70 Darüber hinaus können zusätzlich acht Prozent des Kreditportfolios von der Anwendung des IRBA ausgenommen werden, ohne dass die grundsätzliche Eignung des Instituts für den IRBA gefährdet wäre. Eine weitere wichtige Abweichung in der europäischen Umsetzung besteht darin, dass Forderungen innerhalb einer Institutsgruppe unter bestimmten Voraussetzungen nicht mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. Wesentliche Voraussetzung hierfür ist, dass die Institute in demselben Mitgliedsstaat der EU domizilieren und einem Institutssicherungssystem angehören, das von

einer breiten Basis von Instituten mit ähnlichem Geschäftsprofil getragen wird. In Deutschland erfüllen nach einer Entscheidung der BaFin der Haftungsverband der Sparkassen-Finanzgruppe sowie die Sicherungseinrichtung des BVR die Voraussetzungen für die Nullanrechnung verbundinterner Forderungen. 71

Form einer Verwaltungsvorschrift die Anforderungen der §§ 10 und 10a KWG an die Eigenkapitalausstattung der Institute konkretisierte, durch die als Rechtsverordnung erlassene „Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholdinggruppen“ (Solvabilitätsverordnung - SolvV) ersetzt. Die detaillierten Anforderungen der Basler Säulen I und III sind zum größten Teil in diese Verordnung aufgenommen worden, während die qualitativen Anforderungen der Säule II in Form der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift zu § 25a Abs.1 KWG umgesetzt sind. 73 Die MaRisk wurden im Geiste des in den Brüsseler Regelungen verankerten Prinzips der doppelten Proportionalität formuliert und setzen die Entwicklung in Richtung einer stärker qualitativ geprägten Aufsicht fort. 74 Unter diesem Prinzip ist zu verstehen, dass sich sowohl der bankinterne Risikomanagementprozess als auch die aufsichtliche Einschätzung und Bewertung der Angemessenheit des bankinternen Risikomanagementansatzes an der Größe, dem Risikoprofil und der systemischen Relevanz des Instituts orientieren sollen. 75 Mit ihren zahlreichen Öffnungsklauseln tragen die MaRisk insbesondere der Art und dem Umfang der Geschäfte kleinerer Kreditinstitute Rechnung. 76 Die im Vergleich zu den bisherigen Mindestanforderungen an das Handelsgeschäft größere Flexibilität untermauert die Intention der deutschen Aufsichtsbehörden, von einer traditionell starren, regelbasierten hin zu einer prinzipienbasierten Aufsicht zu gelangen. 77 Die Konzepte für die Behandlung eher quantitativer Phänomene, die jedoch nicht Regelungsgegenstand der ersten

Säule sind, werden derzeit erarbeitet. 78 Die nachstehende Abbildung veran- die rechtliche Umsetzung des Basler Akkords in Deutschland:

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§ 25a: § 25a: § 10: §§ 13, 14: § 10: §§ 13, 14: Pflichten. Pflichten.

1.3 Realisierung des IRBA in deutschen Kreditinstituten

Mit dem Ziel, eine möglichst breite Anwendung des IRBA zu unterstützen, haben die Verbände der Kreditwirtschaft in Kooperationsprojekten Ratingverfahren entwickelt, die insbesondere für die Anwendung in kleinen und mittleren Instituten vorgesehen sind, für die eine eigene Modellentwicklung zu auf-

wendig gewesen wäre. 81 Die Kooperation betrifft die Entwicklung der Rating- die Verbreiterung der Datenbasis, das so genannte Datenpooling, sowie die Pflege der Ratingverfahren. 82 Somit besteht für nahezu jede deutsche Bank die Möglichkeit, auf ein Verbandsmodell zurückzugreifen, sofern eine Eigenentwicklung nicht in Frage kommt. Damit allen Banken die Anwendung ihrer Ratingsysteme für Zwecke des IRBA zum angestrebten Zeitpunkt möglich ist, nimmt die deutsche Aufsicht bereits seit Dezember 2004 Anträge auf Zulassung an und ist seit diesem Zeitpunkt bereit, die Ratingsysteme hinsichtlich ihrer Eignung für die Ermittlung der regulatorischen Eigenkapitalanforderungen zu prüfen. 83

Nutzung des IRBA bislang weit hinter den Erwartungen der Aufsicht und der Verbände zurückbleibt, ist Deutschland im europäischen Vergleich hinsichtlich der Anzahl der IRBA-Banken führend. 85 Darüber hinaus ist die Bedeutung des internen Ratingansatzes für das Bankensystem weit größer, als es die geringe Zahl der Institute, die diesen Ansatz nutzen, vermuten lässt. Bei diesen 38 Instituten handelt es sich nämlich zu einem erheblichen Teil um Großbanken sowie Spitzeninstitute des öffentlich-rechtlichen und des Genossenschaftsbankensektors, so dass nach erfolgreicher Zulassung zum IRBA mehr als 60% der Aktiva aller deutschen Banken nach den Regeln dieses Ansatzes behandelt werden. 86

- Die Anforderungen an das Retailportfolio sind so gestaltet, dass Kredite an ca. 95% aller deutschen Unternehmen sowie nahezu alle Kredite an natürliche Personen in dieses Portfolio fallen. 87 Im Retailportfolio müssen - wenngleich nach einer vereinfachten Methodik auf Basis so

genannter Risikopools - für alle Risikoparameter außer der Restlauf- eigene Schätzungen herangezogen werden. 88 Gleichwohl konzentrierten sich Wissenschaft und Industrie lange Zeit auf Ratingsysteme für das Unternehmensportfolio und hierbei auf die Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit der Schuldner. 89 Die langjährige Vernachlässigung der LGD-Komponente könnte nun zu Verzögerungen bei der Einführung interner Ratingverfahren führen. 90 Insbesondere die Anforderungen an Datenhistorien, die den eigenen Schätzungen zu Grunde liegen müssen, konnten bis zur Einführung von Basel II nicht von allen Instituten erfüllt werden. 92 muss das Institut in einem Validierungsprozess nachweisen, dass das verwendete Modell der Art und dem Umfang des Kreditgeschäfts angemessen ist. 94

konzeptionellen Rahmens für die Analyse des Auswahlproblems zwischen den Kreditrisikomessansätzen nach Säule I

2.1 Kritik an der Basler Eigenkapitalempfehlung

Die Kritik an dem Regelwerk ist durch drei Schwerpunkte gekennzeichnet. Erstens werden die Komplexität und Anreizstruktur insbesondere der sich aus Säule I ergebenden Anforderungen kontrovers diskutiert. 95 Zweitens wird die unterschiedliche Umsetzung der Regeln in Europa und den USA kritisiert. 96 Neben diesen beiden Aspekten, die eher in der praktischen Diskussion um die Einführung von Basel II eine Rolle spielen, wird drittens insbesondere seitens der Wissenschaft eine Debatte um mögliche prozyklische Effekte der Baseler Regelungen geführt. 97 Dabei geht es um die Frage, ob Basel II zu einer Verstärkung konjunktureller Krisen führen kann.

die geringer als erwartet ausfallende Eigenkapitalersparnis sowie den mit der Umsetzung des Regelwerks verbundenen administrativen Aufwand. 99

Ende der Leseprobe aus 89 Seiten

Details

Titel
Die Behandlung des Kreditrisikos nach Säule I der Basler Eigenkapitalempfehlung
Untertitel
Eine kritische Betrachtung der zulässigen Ansätze und Analyse des Auswahlproblems
Hochschule
Wissenschaftliche Hochschule Lahr
Note
1
Autor
Jahr
2007
Seiten
89
Katalognummer
V186374
ISBN (eBook)
9783656997863
ISBN (Buch)
9783869431420
Dateigröße
828 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
behandlung, kreditrisikos, säule, basler, eigenkapitalempfehlung, eine, betrachtung, ansätze, analyse, auswahlproblems
Arbeit zitieren
Diplom-Kaufmann Ivo Jarofke (Autor:in), 2007, Die Behandlung des Kreditrisikos nach Säule I der Basler Eigenkapitalempfehlung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186374

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