Einsatz von ausgewählten Risiko- und Performancekennzahlen zur Beurteilung unterschiedlicher Hedge-Fonds Strategien


Diplomarbeit, 2007

69 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Ziel und Gang der Untersuchung

2. Einführung in die Hedge-Fonds Branche
2.1. Definition und Abgrenzung zu traditionellen Investmentfonds
2.2. Grundlegende Merkmale der Hedge-Fonds
2.2.1 Absolut Return Ziele
2.2.2. Strategie und Strukturmerkmale
2.2.3. Rechtliche Grundlagen und aktuelle Regulierungsansätze
2.3. Historische Entwicklung und Bedeutung der Hedge-Fonds für die Finanzmärkte
2.3.1. Geschichte, Krisen und Evolution der Branche
2.3.2. Gesamtwirtschaftliche Bedeutung

3. Klassifizierung der Hedge-Fonds Handelsstrategien
3.1. Opportunistische Strategien
3.1.1. Global Macro
3.1.2. Long/Short Equity
3.1.3. Emerging Markets
3.2. Relative Value oder marktneutrale Strategien
3.2.1. Equity Market Neutral
3.2.2. Fixed Income und Convertible Arbitrage
3.3. Event Driven oder ereignisorientierte Strategien
3.3.1. Merger Arbitrage
3.3.2. Distressed Securities
3.4. Managed Futures

4. Allgemeine und spezielle Risiken der Vermögensanlage in Hedge-Fonds
4.1. Allgemeine Risiken
4.1.1. Markt- und Managerrisiko
4.1.2. Kreditrisiko
4.1.3. Leveragerisiko
4.2. Spezielle Risiken
4.2.1. Liquiditätsrisiken
4.2.2. Operationelle Risiken

5. Risikomanagement von Hedge-Fonds
5.1. Praxisrelevante Risikokennzahlen als Beurteilungsmaßstab der Hedge-Fonds
5.1.1. Standardabweichung
5.1.2. Drawdown Analyse und Margin to Equity Ratio
5.1.3. V alue at Risk Konzept 3
5.2. Überblick über die wichtigsten Performancekennzahlen bei der Berechnung der Wertentwicklung von Hedge-Fonds
5.2.1. Sharpe Ratio
5.2.2. Sortino und Calmar Ratios
5.3. Portfolio Selection Modell nach Markowitz
5.3.1. Grundlagen der modernen Kapitalmarkttheorie
5.3.2. Diversifikationseffekt und Portfolioeffizienz

6. Aufbau eines vollautomatischen Handelssystems und Einsatz von Risiko- und Performancekennzahlen am Fallbeispiel Super fund
6.1. Merkmale des Superfund Tradingsystems und gezieltes Risikomanagement im Managed Futures Bereich
6.2. Portfoliooptimierung anhand der Superfund Q-AG

7. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. Nr. 1: Universum alternativer Investments

Abb. Nr. 2: Korrelation des CSFB/Tremont Hedge Fund Index mit Aktien- und Anleihenmärkten 1994-2005

Abb. Nr. 3: Wechselbeziehungen zwischen der Risikotypen

Abb. Nr. 4: Operationelle Risiken bei Hedge-Fonds

Abb. Nr.5: Schiefe einer Verteilung

Abb. Nr. 6: Korrelation des Barclay CTA Indizes mit Aktienindizes

Abb. Nr. 7: Effizienzkurve bei möglichen Portfolios

Abb. Nr. 8: Klassisches Portfolio aus Aktien, Renten und Immobilien

Abb. Nr. 9: Klassisches Portfolio mit Beimischung von Superfund Q-AG

Tabellenverzeichnis

Tab. Nr. 1: Rendite von Managed Futures

Tab. Nr. 2: Risiko- und Performancekennzahlen eines klassischen Portfolios

Tab. Nr. 3: Risiko- und Performancekennzahlen eines klassischen Portfolios mit Beimischung von Superfund Q-AG

Anhangsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1. Problemstellung

Weltweit stehen die Investoren am Beginn einer neuen Ära. Seit dem Jahre 1952 - als Harry Markowitz die moderne Portfoliotheorie in seinem Artikel „Portfolio Selecti­on“ niedergeschrieben und im Journal of Finance publiziert hat - folgen immer mehr Anleger dem dort propagierten Diversifikationsansatz.[1] Von der primären Ausrich­tung auf festverzinsliche Kapitalanlagen und Immobilien nach der Weltwirtschafts­krise und in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, erweiterte sich die Asset­allokation[2] in den 80er und 90er Jahren immer stärker in Richtung der Aktieninvest­ments. Insbesondere die Jahre 2000 bis 2003 haben den Anlegern vor Augen geführt, dass die Risikostreuung ihrer Portfolios bei weitem zu gering gewesen ist und die Bewertung des volkswirtschaftlich sinnvollen Aktienmarktes weniger wertorientiert, sondern vorwiegend auf emotionalen und liquiditätsbezogenen Gründen beruhte. Dies hat zu starken negativen Verwerfungen am Kapitalmarkt geführt, bis es schließ­lich weltweit zu extremen Problemen bei den großen Kapitalsammelstellen, wie der Versicherungs- und Bankindustrie, gekommen ist. Viele Investoren haben große Vermögen verloren, die langfristig zur Altersvorsorge gedacht waren.

Aus Sicht der Branchenexperten steht die Assetmanagement Industrie vor einem fundamentalen Strukturwandel, deren Veränderungskraft noch jenseits mancher Vor­stellung liegt. Die entscheidende Frage für jeden Investor ist: Wie kann ich in Zu­kunft möglichst stetige und attraktive Nettorenditen erzielen, die also nach Gebüh­ren, Steuern und Inflation zu einem realen Vermögenszuwachs führen und gleichzei­tig das Risiko großer Kapitalverluste vermeiden? Auch auf dem deutschen Kapital­anlagemarkt vollzieht sich derzeit ein Paradigmenwechsel. In den 90er Jahren stand meist die Vermögensmaximierung durch Investitionen in Aktien im Fokus. Seit dem Jahr 2000 aber erinnern die starken Kursverluste und wachsenden Volatilitäten an den weltweiten Aktienmärkten Anleger daran, dass das Risiko von Investments in börsennotierte Unternehmen höher ist, als man zunächst glauben würde. Gleichzeitig reduziert das niedrige Zinsniveau die Ertragsaussichten festverzinslicher Anlagen. Vor diesem Hintergrund gewinnen alternative Anlageformen stark an Bedeutung. Innerhalb des Spektrums von Alternativen Investments erfahren insbesondere die liquideren dieser Strategien - z. B. Hedge-Fonds eine weite Verbreitung. Der Haupt- nutzen dieser Anlagen liegt darin, dass sie dem Anleger die Möglichkeit geben, neue Ertragsquellen zu erschließen und somit das Gesamtportfolio zu optimieren. Man kann heute mit klaren Beweisen argumentieren, dass der Einsatz von Alternativen Anlagen das Risiko eines Portfolios vermindern und den Gesamtertrag wesentlich erhöhen kann. Trotz dieser positiven Volatilitäts- und Korrelationseigenschaften sieht der Gesetzgeber Hedge-Fonds, die im Investmentgesetz als „Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken“ bezeichnet werden, als eine überdurchschnittliche risiko­behaftete Anlageklasse an. Natürlich sind auch diese Investments nicht risikofrei. Die Risiken sind beachtlich, sie sind vor allem anders als die in der traditionellen Anlageklassen-Welt gewohnten. Es ist daher notwendig, die Risiken zu verstehen und sie steuerbar zu machen.

1.2. Ziel und Gang der Untersuchung

Die aktuelle Lage an den Finanzmärkten zeigt, dass die Investoren ihr Portfolio allein aus traditionellen Anlagen wie Aktien und Renten nicht mehr genügend diversifiziert aufbauen können. Sie benötigen alternative Anlagen. Doch wie wirken sich diese Investments im Portfolio überhaupt aus? Sind sie in der Lage die Rendite des Portfo­lios zu verbessern bzw. das Risiko zu senken?

Vor diesem Hintergrund soll in der vorliegenden Diplomarbeit gezeigt werden, wie sich die spezifischen Risiken der verschiedenen Hedge- Fonds Stile umfassend und sachgerecht quantifizieren und abschätzen lassen. Die hierbei erzielten Ergebnisse liefern auch Hinweise für die Ausgestaltung eines Risikomanagementsystems, wel­ches einen zentralen Baustein des Investitionsprozesses darstellt. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Einsatz von Risiko- und Performancekennzahlen, die eine quan­titative Messung und eine qualitative Bewertung der Risiken und der Wirkungszu­sammenhänge zwischen ihnen ermöglichen. Auch der Managed Futures Anbieter Superfund[3] hat sich als betreuendes Unternehmen dieser Diplomarbeit das Thema Risikostreuung und Verlustbegrenzung bei den Investitionen in Alternative Anlagen angenommen. Er setzt sich vor allem mit der Fragestellung auseinander, welche Er­gebnisse bzgl. der Risiko-Ertragsstruktur eines Portfolios die Beimischung von Hed­ge-Fonds und Managed Futures liefern kann.

Diese einführenden Anmerkungen skizzieren die Struktur dieser Diplomarbeit. Das nächste Kapitel dient zur Hinführung zum Thema sowie der Abgrenzung traditionel­ler Investments im Vergleich zu Hedge-Fonds. Es werden nicht nur die grundlegen­den Merkmale dieser Anlageform aufgezeigt, sondern auch ihre historische Entwick­lung und ihre gesamtwirtschaftliche Bedeutung erklärt. Der darauf folgende Ab­schnitt widmet sich den verschiedenen Hedge-Fonds Handelsstrategien. Dabei sollen die vier prominentesten Handelsrichtungen im Einzelnen dargestellt werden. Im wei­teren Verlauf werden die allgemeinen und die speziellen Risiken, die eine Anlage in Hedge-Fonds mit sich bringt, genauer erläutert. Thema des fünften Kapitels ist das aktive Risikomanagement in einem Portfolio mit Anteil an Alternativen Investments. Dabei wird auf praxisrelevante Risiko- und Performancekennzahlen als Beurtei­lungsmaßstab der Hedge-Fonds eingegangen. Abschließend wird das Portfolio Selec­tion Modell von Markowitz näher erläutert. Damit verbunden, werden der bereits genannte Begriff der Diversifikation sowie der Grundgedanke der Portfolioeffizienz erklärt. Im sechsten Kapitel wird der Aufbau eines Money Management Systems am Fallbeispiel von Superfund dargestellt. Durch das bereits erlangte Wissen über die Charakteristik der Risiko-Ertragsprofile der Hedge-Fonds wird dann kritisch hinter­fragt, inwieweit eine Beimischung von Hedge-Fonds bzw. Managed Futures zu einer effektiven Risikostreuung führen kann. In der Schlussbetrachtung werden nochmals die wichtigsten Kernpunkte dieser Diplomarbeit zusammengefasst.

2. Einführung in die Hedge-Fonds Branche

In de letzten Jahren rücken die Hedge-Fonds immer wieder in den Focus der Auf­merksamkeit von Investoren und Anlegern und erregten zuletzt auch in der Presse durch die Bezeichnung als „Heuschrecken“[4] allgemeines Interesse. Dieses war je­doch meist eher negativer Natur und stark von Vorurteilen geprägt. Dass es über­haupt erst zu solchen vorschnellen Behauptungen und der damit verbundenen Angst vor einer noch unbekannten Anlageform kommen kann, liegt möglicherweise daran, dass es streng genommen keine einheitliche Definition für Hedge-Fonds gibt.[5]

2.1. Definition und Abgrenzung zu traditionellen Investmentfonds

Der Begriff Alternative Investments ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Formen des verwalteten Vermögens, die auf Grund ihrer Andersartigkeit nicht der

Investmentfondsbranche zugeordnet werden können.[6] Er charakterisiert somit alle neuartigen und progressiven Investments, die wenig mit den traditionellen Anlage­formen wie Aktien und Anleihen gemeinsam haben. In der deutschen Öffentlichkeit werden aber in erster Linie Hedge-Fonds und Private-Equity[7] sowie mit der aktuel- len Diskussion verbundene Einführung von Real Estate Investment Trusts (Reits)[8] auch Immobilien als Alternative Investments wahrgenommen.[9] Diese Anlageklasse ist wesentlich breiter aufgestellt und bietet für die Anleger vielfältige Möglichkeiten; denn die Alternativen zu einerseits riskanten und anderseits unter Renditeaspekten unattraktiven herkömmlichen Investitionsformen sind z.B. Hedge-Fonds, Private Equity, Devisen, Immobilien, Rohstoffe, Kunst, Forst- und agrarische Nutzflächen sowie CO2 Emissionszertifikate. Die folgende Abbildung (Abb. Nr.1) gibt einen Überblick über die verschiedenen Varianten der Alternative Investments.

Abbildung Nr. 1: Universum alternativer Investments

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Kaiser, D. (2004), S. 6

Auf eine weitere Definition der unterschiedlichen Alternativen Investments wird an dieser Stelle verzichtet, da diese den Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit spren­gen würde. Daher beschränken sich die weiteren Begriffserklärungen nur auf Hed­ge-Fonds und Managed-Futures. Dabei werden die Managed-Futures als Teil des Hedge-Fonds Universums weiter im Kapitel 3 ausführlich behandelt.

Hedge-Fonds können als Geldsammelstellen definiert werden, bei welchen treuhän­derische Vermögensverwalter keinerlei rechtlichen Beschränkungen und Anlage­grundsätzen unterliegen. Der Manager kann jede denkbare Anlagestrategie einsetzen, um monatlich eine Rendite, unabhängig von den allgemeinen Kursbewegungen, zu erzielen. Dabei bedienen sich diese Kapitalanlagegesellschaften grundsätzlich der Anlageformen, die auch bei institutionellen Investoren üblich sind.

Im Zusammenhang mit Hedge-Fonds darf man sich nicht von dem Begriff Hedging verunsichern lassen. Die wirtschaftlich-finanzielle Bedeutung von Hedging ist das Absichern eines Investments durch eine weitere Anlage mit dem Ziel, das Risiko finanzieller Verluste zu minimieren. Hedging lässt sich definieren als die Kombinati­on einer Position des physischen Handelns mit einer konträr angelegten Terminposi­tion zum Zweck der Risikominimierung. Hierfür wird ein Zukunftskontrakt als zeit­liches Substitut einer später ohnehin notwendigen realwirtschaftlichen Transaktion gezeichnet.[10] So kann man z. B. Aktiengeschäfte durch den Kauf oder Verkauf von derivativen Instrumenten (Futures, Optionen, Warrants) absichern. Solche Absiche­rung ist durch eine Investition in Hedge-Fonds nicht in allen Fällen gegeben. Ein Hedge-Fonds ist im Gegensatz zu Investmentfonds in der Lage, in unbegrenztem Ausmaß in solche derivative Instrumente zu investieren[11] und übernimmt gezielt Risiken, um seine Ertragsziele zu erreichen. Die Deutsche Bundesbank findet aber den Begriff Risikofonds im Zusammenhang mit Hedge-Fonds passender, da Hedging nur insofern Bestandteil der Fondsstrategie ist, als das Portfolio gegen andere als die bewusst in Anspruch genommenen Risiken abgesichert ist und die Wertentwicklung lediglich von der Korrektur der vermuteten Fehlbewertung abhängt.[12]

2.2. Grundlegende Merkmale der Hedge-Fonds

2.2.1. Absolute Return Ziele

Der wesentliche Unterschied zwischen Hedge-Fonds und traditionellen Anlagefor­men ist die Vorgabe absoluter Ertragsziele. Dabei stellen Hedge-Fonds Manager sich dem Anspruch, eine Rendite zu erzielen, die von der allgemeinen Marktentwicklung unabhängig ist. Traditionelle Fondsmanager setzen sich zum Ziel, eine Risikomini­mierung in bestimmten Märkten zu erreichen und relative Ertragsziele zu verfol- gen. Ein traditioneller Fondsverwalter wird immer anhand seiner Performance im Vergleich zu einer Benchmark gemessen.[13] Bei diesem Benchmark Approach wäre es denkbar, dass eine Korrelation zur Benchmark den Kapitalerhalt nicht gewährleistet. Der Manager eines traditionellen Anlagefonds erhält darüber hinaus neben seiner fixen Vergütung meist einen Bonus auf Basis seiner relativen Performance zur Benchmark.[14] Das Risiko für den traditionellen long-only Manager besteht also dar­in, von der Benchmark stark abzuweichen (Tracking Risk). Hedge-Fonds folgen da­gegen dem Absolute Return Approach. Dadurch, dass ein Hedge-Fonds Vermögens­verwalter nicht nur eine Benchmark replizieren muss, sind dessen Fähigkeiten der dominierende Faktor der Renditeerzielung und nicht die allgemeinen Marktbewe­gungen, wie bspw. bei den Aktienfonds.[15]

Die moderne Portfoliotheorie nach Markowitz lehrt, dass das Risiko von Investitio­nen nicht auf Einzelbasis sondern immer im Portfoliokontext zu beurteilen ist. Bei einer solchen Betrachtung zeigt sich ein weiteres Merkmal von Hedge-Fonds. Auf­grund der historisch niedrigen Korrelation zu den traditionellen Vermögensklassen ergibt sich eine Verbesserung des Rendite-Risiko Profils des Gesamtportfolios durch die Kombination von klassischen Anlagen mit Hedge-Fonds. Dies bedeutet, dass sich gegenüber einem traditionellen Portfolio, bestehend bspw. aus Aktien oder Anleihen durch die Beimischung von Hedge-Fonds eine Steigerung der Rendite bei gleichzei­tiger Verminderung des Risikos erreichen lässt.[16]

Auf der Jagd nach Alpha-Renditen[17] setzen sich die Hedge-Fonds zum Ziel, die Effi­zienzverluste bei der Managerauswahl zu vermeiden. Deshalb sollten die Hauptgrün­de für die Investition in einen Hedge-Fonds stets das Können und die Erfahrung des Fondsmanagers sein.[18] Deshalb sind ein umfangreicher Due Diligence Prozess[19] sowie die richtige Managerselektion entscheidend für die Sicherheit und Rentabilität der getätigten Investition. Leider legen viele Anleger bei der Auswahl von Vermö­gensverwaltern ein hohes Gewicht auf die absolute, historische Performance der Ma- nager, ohne eine gründliche qualitative Analyse durchzuführen. Qualitative Aspekte von Due Diligance beinhalten vor allem das gewisse Fingerspitzengefühl des Mana­gers für Renditen, seinen Investmentstil und seine Einstellung genauso wie einen Überblick über die Details seines Investitionsentscheidungsprozesses sowie seine Tradingmöglichkeiten.[20]

2.2.2. Strategie- und Strukturmerkmale

Die Hedge-Fonds sind dadurch gekennzeichnet, dass sie bei der Eröffnung von Han­delspositionen an einer Vielzahl von Märkten agieren. Dabei stehen ihnen unter­schiedliche Anlagetechniken zur Verfügung, die zu einer besseren Portfoliooptimie­rung beitragen. Leerverkäufe, Einsatz von Derivaten und Leverage sind die zentralen Instrumente der Hedge-Fonds.

Während Fremdkapital (Leverage)[21] bei zahlreichen Unternehmen eine Bilanzposi­ tion ist, beschreibt Leverage bei Hedge-Fonds die Finanzierung, die nötig ist, um ein bestimmtes Niveau an Positionen (Exposure) über das Anlagevermögen des Fonds hinaus zu erreichen.[22] Eine Möglichkeit für Hedge-Fonds, ihr Portfolio zu hebeln, besteht über den Aktien- und Anleihenmarkt. Dabei verleihen die Hedge-Fonds ihre Positionen an andere Geschäftspartner und erhalten dafür ungefähr den aktuellen Marktwert. Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Aktienposition zu einem Preis zu­rückgekauft, der dem Wert des vereinbarten Darlehens entspricht. Der Darlehensge­ber wird durch eine zusätzliche Prämie entschädigt.[23] Optionen und andere Derivate (z. B. Swaps) bieten eine weitere Möglichkeit für Hedge-Fonds, substanzielles Leve­rage innerhalb des Portfolios aufzubauen. Bei Optionen wird eine Umwandlung in die zugrunde liegenden Wertpapiere anhand des Delta gemessen. Dabei misst Delta die Sensitivität der Option zu Preisänderungen des zugrunde liegenden Wertpa- piers.[24] Eine weitere Möglichkeit, das Eigenkapital des Hedge-Fonds mit Fremdkapi­tal zu hebeln, besteht durch Termingeschäfte (Futures). Dabei ist das implizierte Fremdkapital von Kontrakt zu Kontrakt unterschiedlich, da jede Börse die Höhe der Hinterlegung von Kapital für die Kontrakte selbst bestimmt. Die Aufnahme von Fremdkapital ist bei den Hege-Fonds sehr hilfreich, um das gewünschte Rendite­Risiko Profil von verschiedenen Handelsstilen abzubilden. Dieses Anlageprinzip stößt aber weltweit auf breite Kritik. Es stellt sich die Frage, ob die Fremdkapitalver­gabe an Hedge-Fonds ein hohes Risiko für die Stabilität der Finanzmärkte darstellt? Dabei ist es zu beachten, dass Leverage alleine kein adäquates Risikomaß ist. Ein hohes Leverage ist nicht unbedingt mit einem hohen Risiko gleichzusetzen.[25] Haben die Fremdkapitalgeber (Banken und Prime Broker) jedoch angemessene Risikoma­nagementsysteme und -kontrollmechanismen, werden die eingesetzten Leverage In­strumente die Finanzmarktstabilität nicht negativ beeinflussen können.[26]

Hedge-Fonds betreiben als ein weiteres Instrument so genannte Leerverkäufe, die derivativen Strategien sehr ähnlich sind und aufgrund der Transaktion in realen Ver­mögensgegenständen häufig auch Kursreaktionen induzieren, die allerdings nur sehr kurzfristig sind. Bei Leerverkäufen (short-positions) leihen sich Hedge-Fonds gegen eine Gebühr Aktien oder andere Vermögensgegenstände, um sie sofort weiterzuver­kaufen. Sie spekulieren darauf, diese Vermögensgegenstände am Ende der Leihperi­ode zu einem geringeren Kurs zurückkaufen zu können (d.h. sie spekulieren auf sin­kende Kursnotierungen) und eine positive Differenz aus An- und Verkauf abzüglich der Leihgebühr zu erzielen. Da Leerverkäufen häufig reale Transfers der zugrunde­liegenden Vermögenswerte einschließen, können die entsprechenden Kursnotierun­gen insbesondere zu typischen Stichtagen, an denen Leiheperioden auslaufen (z.B. quartalsweise), durch solche Geschäfte - allerdings nur kurzfristig - beeinflusst wer­den.[27]

Auch bezüglich der Gebührenstruktur unterscheiden sich traditionelle Investment­fonds und Hedge-Fonds voneinander. Investmentfonds im Aktienbereich verlangen neben einem Ausgabeaufschlag (Agio oder Kaufgebühr) von ca. 4 % bis 5 % meist eine jährliche Managementgebühr von rund 1,5 % sowie eine Umschichtungsgebühr (Switching Fee) von etwa 1% bei einem Fondswechsel in einen Fonds derselben Ge­sellschaft.[28] Die Entlohnung der Hedge-Fonds Manager besteht aus einer Kombinati­on von einem fixen Teil und einer erfolgsabhängigen Vergütung, der so genanten Performance-Fee. Weit verbreitete Anwendung findet die sogenannte 1,5/20-Regel. Der Hedge-Fonds Vermögensverwalter stellen hierbei ihren Investoren eine jährliche Verwaltungsgebühr (Management-Fee) von 1,5% in Rechnung. Zusätzlich lässt sich der Manager 20% der erwirtschafteten Renditen (Performancegebühr oder Incentive Fee) abtreten. Dabei ist der Sinn der Managementgebühr, die Vermögensverwalter für die entstehenden Kosten zu entschädigen.[29]

In den meisten Fällen ist die Zahlung einer Performancegebühr an bestimmten Be­dingungen geknüpft. Dabei wird sehr oft das High-Watermark Prinzip angewendet. Eine Performancegebühr wird nur dann gezahlt, wenn zum Stichtag ein neuer histo­rischer Höchststand des NAV (Net Asset Value oder Nettoinventarwert) erreicht wor­den ist. Eine Performance Fee fällt also erst an, nachdem eventuelle Verluste voll­ständig aufgeholt wurden.[30] In manchen Fällen kommt aber auch eine Hurdle Rate zum Einsatz. Nur wenn die erzielte Wertsteigerung einen vorab definierten Wert übersteigt, verdient das Management dabei mit. Dabei kann die Hurdle Rate ein fes­ter Prozentsatz sein, einem Referenzindex (z.B. S&P 500) oder einem marktkonfor­men risikolosen Zinssatz entsprechen(z.B. Euribor).[31] Um das bei einer sehr stark performanceabhängigen Gebührenstruktur verbundene moralische Risiko (Moral Hazard[32] ) zu reduzieren, dass der Vermögensverwalter bspw. riskante Wetten fährt, um seinen eigenen Ertrag zu steigern, ist es üblich, dass der Hedge-Fonds Manager und seine Mitarbeiter große Teile ihres eigenen Vermögens in den Fonds investie­ren.[33]

2.2.3. Rechtliche Grundlagen und aktuelle Regulierungsansätze

Im Folgenden wird das rechtliche Umfeld von Hedge-Fonds erörtert. Dabei sollen die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Auflage und des Vertriebs von Hedge­Fonds in Deutschland dargestellt werden. Im Hintergrund der gegenwärtigen Debatte über die Transparenz der Hedge-Fonds Branche werden auch einige der aktuellen Regulierungsansätze ausführlich diskutiert. Die Ausgestaltung der Rechtsgrundlagen zu Alternativen Investments in anderen europäischen Ländern, sowie in den USA wird nicht behandelt, da diese nicht im Fokus dieses Beitrags steht.

Am 7. November 2003 hat der Deutsche Bundestag das Investmentmodernisierungs­gesetz beschlossen, dessen wichtigste Bestandteile ein neues Investmentgesetz und ein neues Investmentsteuergesetz sind. Nach dem Investmentgesetz (InvG), welches am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist, können deutsche Single- und Dach Hedge­Fonds im Rahmen dieses Gesetzes aufgelegt werden.

Im § 112 InvG werden die Single Hedge-Fonds, auch Zielfonds genant, als sog. „Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken“ eingestuft. Dabei dürfen diese Kapital­anlagegesellschaften Leerverkäufe tätigen, sowie Fremdkapital aufnehmen. Ein En­gagement in Derivaten ist auch von dem Gesetzgeber vorgesehen. Das Bundesminis­terium für Finanzen behält sich aber das Recht, das Ausmaß von Leverage und Leer­verkäufen zu beschränken, soweit dies zu Abwendung von Missbrauch und zur Wah­rung der Integrität des Marktes erforderlich ist. Zum öffentlichen Vertrieb sind aber diese Gesellschaften nicht zugelassen, d.h. dass das öffentliche Anbieten oder Wer­ben strengstens untersagt ist. Stattdessen ist eine gezielte Ansprache über die Finanz­institutionen erforderlich. Dies soll sicherstellen, dass nur „gut informierte Anleger“ angesprochen werden.

Im § 113 InvG werden die Regelungen bzgl. der Auflage von Dach Hedge-Fonds festgehalten. Diese Kapitalanlagegesellschaften sollen einem breiteren Anlegerkreis zur Verfügung stehen. Dach Hedge-Fonds diversifizieren das eingesetzte Kapital in in- und ausländische Zielfonds. Sie dürfen selbst kein Fremdkapital aufnehmen und keine Leerverkäufe tätigen. Zur Risikostreuung dürfen maximal 20 % des Dach Fondsvermögens in einem einzigen Zielfonds angelegt werden. Außerdem haben diese Kapitalanlagegesellschaften die Zielfonds, in die sie anlegen, in Bezug auf die Einhaltung der Anlagestrategien und Risiken laufend zu überwachen. Darüber hinaus unterliegen die Dach Hedge-Fonds einer Auskunftspflicht gegenüber der Bundesan­stalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 115 InvG).

Die starke Expansion der Hedge-Fonds in den letzten Jahren hat eine Reihe von Be­denken geweckt, welche in der Diskussion darüber, ob diese Kapitalanlagegesell­schaften reguliert werden sollten, eine zentrale Rolle spielen. Dabei sollte der wich­tigste Grund für eine Regulierung dieser Branche wohl die Stabilität des Finanzsys­tems sein. Wie aber im nächsten Abschnitt dargestellt wird, ist es allerdings sehr schwierig, ein abschließendes Gesamturteil über die positiven und negativen Aspekte

zu fällen. Es herrscht aber die Meinung, dass das Hedge-Fonds Geschäft wegen sei­ner internationalen Ausrichtung und der fehlenden Markttransparenz besonders an­fällig für illegale Handlungen wie Betrug und Geldwäsche ist. Es gibt allerdings kei­ne eindeutigen Beweise dafür, dass solche Fälle von Missbrauch bei Hedge-Fonds häufiger vorkommen als bei den anderen unregulierten Finanzintermediären.[34]

Was die möglichen Regulierungsansätze anbelangt, so steht ein breites Spektrum zur Verfügung, das von gar keiner Regulierung bis hin zu einer vollständigen direkten Regulierung reicht. Auch Dr. Edgar Meister, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, spricht in seiner Rede bei der Sitzung des Beirates für Finanzen, Steu­ern, Geld und Kredit der Gesellschaft das Thema Regulierung der Hedge-Fonds Branche an. Er schlägt vor, dass sich die großen, systemrelevanten Fonds einem freiwilligen Rating unterziehen sollen.[35] Dabei ist es zu beachten, dass die Auswei­tung des Informationsangebots solcher Agenturen auf Hedge-Fonds einen natürli­chen Entwicklungsschritt darstellt. Solche Ratings sollen aber eine hohe Qualität in Konzeption und Ausführung aufweisen. Sie sollten primär nicht ein Performance Rating, sondern eher ein erweitertes Kredit Rating darstellen, das im Vergleich zu den bereits existierenden Ratings zusätzliche - unter Stabilitätsgesichtspunkten be­sonders relevante Kriterien berücksichtigen könnte.[36] Problematisch erweist sich die Tatsache, dass die Ratingagenturen die konkreten Positionierungen der Hedge-Fonds nicht in Echtzeit nachvollziehen und beurteilen können. Somit besteht die Gefahr, dass eine Verschlechterung der Situation bei diesen Kapitalanlagegesellschaften zu spät erkannt wird.[37]

Eine weitere Gefahr für die Stabilität der Finanzmärkte, die von Hedge-Fonds ausge­hen kann, ist das Kreditrisiko. Es besteht darin, dass sich die Hedge-Fonds bei ihren Hausbanken verschulden - oft mit dem Mehrfachen ihres Eigenkapitals. In den letz­ten Jahren haben die Banken aber ihr Risikomanagement qualitativ dramatisch ver­bessert. Es bleibt aber das Problem, dass große Hedge-Fonds bei mehreren Banken gleichzeitig verschuldet sind und es oft keinen Überblick über ihre Gesamtverschul­dung gibt. Hier könnte in der Tat eine Art zentrales Kreditregister, wie es die Euro- päische Zentralbank favorisiert, verfangen.[38] Es entsteht das Problem, dass ein Kre­ditregister angesichts der dynamischen Entwicklung der Märkte nur schwer ständig aktualisiert werden könnte und somit unter Umständen kein adäquates Bild der aktu­ellen Risikoverteilung gibt. Insofern erscheint die Einführung eines internationalen Kreditregisters nicht als ein möglicher Weg zur Vermeidung systemischer Risiken.[39] Das Thema Transparenz und Notwendigkeit einer Regulierung der Hedge-Fonds ist auch seit einiger Zeit ganz oben auf der Tagesordnung der G 7 Staaten. Bei ihrem Treffen in Essen am 10. Februar 2007 haben die führenden Industrienationen der Welt auf die Risiken hingewiesen, die von den unregulierten Fonds für die Finanz­märkte ausgehen können.[40] Die Finanzminister und Notenbankchefs der G 7 Länder haben erklärt, mit der Hedge-Fonds Branche in einen offenen Dialog treten zu wol­len. Nach Auffassung des Bundesverbandes Alternative Investments (BAI) bietet die kritische Auseinandersetzung auf höchster politischer Ebene auch die Gelegenheit, die Öffentlichkeit über die Tätigkeit von Hedgefonds und deren Nutzen für die Fi­nanzmärkte aufzuklären.[41]

2.3. Historische Entwicklung und Bedeutung für die Finanzmärkte

2.3.1. Geschichte, Krisen und Evolution der Branche

Die Ursprünge der modernen Hedge-Fonds Industrie gehen auf den 1. Januar 1949 zurück, als Alfred Winslow Jones einen Eigenkapital-Fonds der Rechtsform eines Limited Partnerships auflegte, was der deutschen Kommanditgesellschaft entspricht. Dabei wollte er ein breites und flexibles Portfolio generieren, welches durch sog. Hedging Strategien sowohl von steigenden als auch von fallenden Marktbewegungen profitiert.[42] 1952 wandelte Jones seinen Fonds in eine General Limited Partnership um, die mir der deutschen GmbH & Co. KG vergleichbar ist. Er verpflichtete sich aber gleichzeitig, eigenes Geld zu denselben Bedingungen wie seine Kunden in dem Fonds anzulegen, um das Risiko mit den Investoren zu teilen. Zu diesem Zeitpunkt führte Jones zum großen Teil performanceabhängige Bezahlung ein. Er verlangte von seinen Investoren eine Performancegebühr von 20 % der Wertsteigerung.[43]

Nach mehreren stillen Jahren um Hedge-Fonds waren es wieder Zeitungsartikel, die das Interesse der Großinvestoren an dieser Anlageform wiedererweckten. Die Hed­ge-Fonds von George Soros und Julian Robertson sorgten für Aufsehen durch ihre spektakuläre Outperformance des S&P 500.[44] Im Jahr 1986 erschien ein Artikel über den Tiger Fonds von Julian Robertson, welcher in den ersten sechs Jahren seines Bestehens eine Rendite von 43 % p.a. erreicht hatte. Robertson hatte den ursprüngli­che Hedge-Fonds von A.W. Jones um neue Finanzinstrumente im Bereich Währun­gen, Aktienindizes und Zinssätze erweitert. Diese Innovation sorgte auch für einen weiteren Wachstumsschub der Hedge-Fonds Branche.[45]

Der Beinahe-Zusammenbruch von Long Term Capital Management (LTCM) im September 1998 und seine negativen Auswirkungen auf das weltweite Finanzsystem rückten die Hedge-Fonds wieder fest in den Blickpunkt staatlicher Stellen und der Großinvestoren. Ausschlaggebend für den Fall LTCM waren die auf die Russland Krise folgenden Panikreaktionen an den Wertpapiermärkten und die darauf folgende Illiquidität im Emerging Makets Bereich. Gerettet wurde LTCM durch das Ein­schließen von 3,5 Milliarden US-Dollar durch 14 der Gläubigerbanken. Führende Marktexperten hatten sich für diese Rettungsaktion stark gemacht, um eine Katastro­phe bei den involvierten Gegenparteien des Fonds zu vermeiden.[46]

Auch die jüngste Geschichte der Hedge-Fonds ist durch negative Schlagzeilen ge­prägt. Der amerikanische Hedge-Fonds Amaranth hat im letzten September einen starken Verlust hinnehmen müssen. Der Ende August noch etwa 9,5 Mrd. Dollar schwere Hedge-Fonds verlor in einer Woche über 50 %. Grund hierfür waren fast ausschließlich Verluste im Energiesektor. Der entscheidende Grund für diesen au­ßerordentlich hohen Verlust war aber nach Meinung von Experten ein Versagen des Risikomanagements.[47] Wie sich aber gezeigt hat, waren die Fälle LTCM und Ama­ranth lediglich ein vorübergehender Rückschlag für das langfristige Wachstum dieser Branche, das sich seither auch ungebrochen fortgesetzt hat. Nach den letzten Me­dienberichte steht schon fest: Die Hedge-Fonds Industrie hat eine weitere magische Marke geknackt. Die alternativen Investmentprodukte gebieten erstmals in der Bör­sengeschichte über zwei Billionen Dollar. Das geht aus neu veröffentlichen Daten des britischen Research-Hauses Hedge Fund Intelligence hervor. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Anstieg von 30 %. Der größte Zuwachs war in Europa zu verzeichnen, wo sich das verwaltete Volumen um 41,5 % auf knapp 500 Milliar­den Dollar erhöhte. In Deutschland steckt aber der Markt für Alternative Investments noch in den Kinderschuhen. Die etwa 30 hierzulande zugelassenen Hedge-Fonds verwalten gerade einmal ein Volumen von 2,6 Mrd. Dollar. Das sind kaum mehr als 1 % der weltweiten Summe.[48]

2.3.2. Gesamtwirtschaftliche Bedeutung

Es wird sehr oft über die globalen Risiken von Hedge-Fonds als über die günstigen Aspekte ihrer Tätigkeit diskutiert. Dabei können diese Marktteilnehmer durchaus Positives bewirken. Sie können der Marktliquidität förderlich sein, da sie in der Re­gel bereit sind, bei volatilen Marktbedingungen ihr Kapital unter hohem Risiko ein­zusetzen, sodass Marktschocks aufgefangen werden können. Die Präsenz der Hedge­Fonds als aktive Risikonehmer kann überdies zur Entwicklung reifer und komplexer Freiverkehrsmärkte wie etwa dem Markt für Kreditderivate beitragen und die Risi­koverteilung unter den anderen Marktakteuren wesentlich verbessern.[49] Unbestritten leisten auch die Hedge-Fonds einen wichtigen Beitrag für die Gesamtstabilität der Finanzmärkte. Indem sie Arbitragemöglichkeiten bei Finanzmarktpreisen nutzen, tragen sie zur Reduzierung von Spreads bei. Durch ihre Flexibilität und ihre aktiven Handelsstrategien fördern sie den Preisbildungsprozess und damit die Effizienz der Finanzmärkte. In vielen Marktsegmenten benötigen die agierenden Unternehmen verlässliche Preise, um das von ihnen in Kauf genommene Risiko objektiv beurteilen zu können und um die notwendigen Informationen für die Geschäftssteuerung und die Rechnungslegung bereitzustellen. In dem Maße, wie die Alternativen Investment­fonds den Preisbildungsprozess beeinflussen und zur Marktgängigkeit ehemals illi­quider Vermögensgegenstände beitragen, sind sie eine wichtige Kraft zur Steigerung der Effizienz der Märkte.[50] Darüber hinaus bieten diese Marktteilnehmer auch meh­rere Möglichkeiten zur Portfoliodiversifizierung und leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Vervollständigung der Finanzmärkte, was letztendliche zu einem höheren gesellschaftlichen Wohlstand führen kann.[51]

All diese Eigenschaften zusammengenommen lassen den Schluss zu, dass die Hedge­Fonds die Stabilität des weltweiten Finanzsystems positiv beeinflussen können. Nichtsdestotrotz können diese Marktakteure aber auch eine Quelle erhöhten systema­tischen Risikos sein. Der Fall LTCM ist das augenfälligste Beispiel dafür, wie die Hedge-Fonds das Funktionieren der internationalen Finanzmärkte negativ beeinflus­sen können. Die Vermeidung weiterer Fälle dieser Art hängt entscheidend von der Anwendung angemessener Risikomanagementverfahren sowohl seitens der Hedge­Fonds als auch der Banken ab. Besonders wichtig ist dabei, dass beide der Wechsel­wirkung zwischen Leverage, Kredit- und Liquiditätsrisiko Rechnung tragen. Ohne ausreichende Liquiditätsreserven oder der Möglichkeit, sich Geldmittel zu borgen, kann ein über Fremdmittel gehebeltes und möglicherweise gebündeltes Marktrisiko in Verbindung mit hohen Ertragszielen dazu führen, dass ein Fonds seine Nach­schusspflichten und andere Verpflichtungen nicht mehr erfüllen kann. Die Situation kann durch schwer realisierbare Vermögenswerte an angespannten Märkten noch verschärft werden, da die Hedge-Fonds ihre Positionen möglicherweise nicht zu an­gemessenen Preisen auflösen und die Banken Probleme haben können, die Sicherheiten zur Liquiditätsbereitstellung zu verwerten.[52]

Viele Kritiker sehen auch Gefahren für die Privatinvestoren, die aus der Geschäftstä­tigkeit der Hedge-Fonds ausgehen können. Diese Gefahren für die Kleinanleger wer­den darin gesehen, dass sie sich von hohen Erträgen der Hedge-Fonds locken lassen und dabei die Risiken vernachlässigen, nämlich möglicherweise einen Totalverlust der eingesetzten Finanzmittel. Die Notwendigkeit eines Anlegerschutzes besteht frei­lich eher bei den kleinen Sparern. Da die Mindesteinlagen in der Regel so hoch sind, dass als Kunden nur institutionelle Investoren oder sehr vermögende Privatanleger in Frage kommen. Für diese wird ein besonderer Schutz meist nicht als notwendig an- gesehen, da ihnen ein ausreichendes Wissen über die Risiken zugetraut wird.[53]

In den Fokus der noch aktuellen Heuschrecken-Debatte in Deutschland gerieten in den letzten zwei Jahren die Risken für die Unternehmen, die zum Anlageziel von Hedge-Fonds werden. Befürchtet wurde, dass kurzfristig orientierte Finanzinvesto- ren[54] sich an einem Unternehmen beteiligten, die Unternehmung zerlegten und Re­serven auflösten, um dann die Beteiligung wieder zu verkaufen und das Unterneh­men geschwächt zurückzulassen. Diese extrem einfache Argumentationslinie ist wirtschaftlich nicht nachzuvollziehen, da sie unterstellt, dass die Investoren systema­tisch den Unternehmenswert zerstören und anschließend ihre Beteiligung mit Ge­winn realisieren können. Unter der Annahme effizienter Aktienmärkte ist es davon auszugehen, dass sich die Wertminderung der erworbenen Anteile bereits vor ihrem Verkauf in einer niedrigeren Unternehmensbewertung niederschlägt und der Finanz­investor mit einem Verlust verkaufen muss.[55]

Abschließend lässt sich sagen, dass es schwierig ist, ein Gesamturteil über die nega­tiven und die positiven Aspekte der Hedge-Fonds Aktivitäten zu fällen. Man darf aber die Risiken dieser Form der alternativen Geldanlage nicht klein reden, wobei der Fokus einer potenziellen Regulierung eindeutig auf die Stabilität der Märkte lie­gen sollte. Dies deckt sich aber nicht mit den in Deutschland im Mittelpunkt stehen­den Regulierungsansätzen, die auf den bereits erwähnten Risiken aufsetzen. Wie im vorletzten Jahresbericht des Sachverständigenrates festgehalten wurde, besteht der­zeit kein weiterer Handlungs- und Regulierungsbedarf. Um aber dem systematischen Risiko entgegenzuwirken, sollte eventuell auf internationaler Ebene eine weitere Erhöhung der Transparenz von Hedge-Fonds auf der Tagesordnung stehen. Die da­mit verbundenen Chancen bei der Beurteilung der in Frage kommenden Risiken un­ter anderem auch für Kreditgeber dürften dazu beitragen, das Image der Branche zu verbessern und insgesamt mehr Sicherheit im Umgang mit Hedge-Fonds zu gewähr- leisten.[56]

3. Klassifizierung der Hedge-Fonds Handelsstrategien

Auch wenn die verschiedenen Anlagestrategien von Hedge-Fonds sowohl in der Pra­xis als auch in der Forschung relativ gut charakterisiert und abgegrenzt sind, so be­stehen hinsichtlich ihrer Klassifizierung in ein Gesamtschema erhebliche Unter­schiede. Eine einheitliche Einteilung gibt es bisher nicht. In den weiteren Ausführun­gen werden die Investmentstile in Ahnlehnung an Andreas Signer[57] in die folgenden drei großen Hauptgruppen untergliedert: Opportunistische Strategien, Relative Value Anlagestile und Event Driven oder ereignisorientierte Strategien. Oftmals wird noch Managed Futures als vierte eigenständige Strategiegruppe aufgeführt, die auch in diesem Kapitel ausführlich behandelt wird.

[...]


[1] Vgl. Markowitz, H.(1952), S. 77

[2] A.d.V. Mit Asset-Allokation wird die Aufteilung des angelegten Vermögens auf verschiedene In­vestmentarten (wie z.B. Aktien, Immobilien, Anleihen, Hedge-Fonds) bezeichnet.

[3] A.d.V. Der komplette Firmenname ist Konsortium der kooperierenden Superfund Gesellschaften. Aus Vereinfachungsgründen wird nur der Name Superfund verwendet.

[4] A.d.V. Franz Münteferings Heuschreckenvergleich vom 17.05.2005 in Bild am Sonntag

[5] Vgl. Ben-Ami, D. (2001), S. 44

[6] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 5

[7] A.d.V. Private Equity ist Finanzierungsform, bei der einem Beteiligungsnehmer Unternehmensantei­le verkauft werden, welche zum Investitionszeitpunkt nicht an einer Börse notieren und deren Veräu­ßerungswunsch ex ante erkennbar ist. Vgl. Grünbichler, A./ Gruber, A./ Graf, S. (2002), S. 24

[8] A.d.V. Reits sind börsennotierte Immobilienunternehmen, die bestimmte Bedingungen zu erfüllen haben, um steuerlich begünstigt zu werden. Das Entscheidende ist, dass die Erträge nicht auf Unter­nehmensebene besteuert werden, sondern nur beim Anleger. Vgl. Mitropoulos, S. (2007)

[9] Vgl. Rettberg, U. (2006), S. 28

[10] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 20

[11] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 20

[12] Vgl. Deutsche Bundesbank (1999), S. 32

[13] Vgl. Kaiser, D. (2003), S. 40

[14] Vgl. Colter, A. B. (2003), S. P4

[15] Vgl. Beeman, D. (2002), S. 38

[16] Vgl. Dreisedler, R. (2006), S. 16

[17] A.d.V. Unter Alpha wird die Fähigkeit der Manager verstanden, durch die Ausnutzung von Markt­ineffizienzen absolute Renditen zu erzielen.

[18] Vgl. Weber, T. (1999), S. 166

[19] A.d.V. Im Falle der Due Diligance von Hedge-Fonds wird insbesondere das strukturelle Ausfallsri­siko (organisatorisches und Humanrisiko) analysiert, darüber hinaus wird die Investmentstrategie selbst auf Plausibilität und Marktrisiken überprüft, Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 374

[20] Vgl. Jaeger, L. (2006), S. 406

[21] A.d.V. In diesem Zusammenhang wird meistens vom Hebeleffekt gesprochen. Unter Hebeleffekt wird die Wirkung der Finanzierungskosten des Fremdkapitals auf die Eigenkapitalverszinsung ver­standen. Diese Hebelwirkung tritt immer dann ein, wenn ein Anleger einen Kredit zu günstigeren Konditionen aufnehmen kann als die Investition an Rendite erzielt.

[22] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 30

[23] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 30

[24] Vgl. Jaeger, R. (2002), S. 299

[25] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 31

[26] Vgl. Pütz, A. (2005), S. 34

[27] Vgl. Bahn, C. (2006), S. 17

[28] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 99

[29] Vgl. Coleman, T. (2002), S. 62

[30] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 101

[31] Vgl. Lhabitant, F. S. (2006), S. 62

[32] A.d.V. Da der Portfoliomanager (Agent) über bessere Informationen verfügt als der Investor (Prin­zipal), kann dieser bessere Anlageentscheidungen treffen. Dennoch muss der Manager dieses Wissen nicht notwendiger Weise im besten Interesse der Investoren einsetzen.

[33] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 102

[34] Vgl. o.V. (2006): Hedgefonds: Entwicklung und wirtschaftspolitische Implikationen , S. 80

[35] Vgl. Meister, E. (2006), S. 10

[36] Vgl. Meister, E. (2006), S. 10

[37] Vgl. o.V. (2007): Rating für Hedge-Fonds, S. 11

[38] Vgl. o.V. (2007): Rating für Hedge-Fonds, S. 11

[39] Vgl. o. V. (2007): Transparenz bei Hedge-Fonds, S. 5

[40] Vgl. Bohsem, G. und Schieritz, M. (2007), S. 16

[41] Vgl. o.V. (2007): Pressemitteilung des BAI vom 12.02.2007, S. 1

[42] Vgl. Kovas, Ashley (2005), S. 5

[43] Vgl. Gabelli, M. J. (2003), S. 2

[44] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 60

[45] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 60

[46] Vgl. Kaiser, D. (2004), S. 64

[47] Vgl. o.V. (2006): Hedgefonds Amaranth verliert stark

[48] Vgl. Eckert, D. und Zschäpitz, H. (2007)

[49] Vgl. o.V. (2006): Hedgefonds: Entwicklung und wirtschaftspolitische Implikationen , S. 77

[50] Vgl. Meister, E. (2006), S. 4

[51] Vgl. o.V. (2006): Hedgefonds: Entwicklung und wirtschaftspolitische Implikationen , S. 77

[52] Vgl. o.V. (2006): Hedgefonds: Entwicklung und wirtschaftspolitische Implikationen , S. 78

[53] Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2005), S. 466

[54] A.d.V. Die Kritik bezieht sich auch auf die Aktivitäten der Private Equity Branche

[55] Vgl. Dr. Bahr, H. / Dr. Kater, U. (2006), S. 12

[56] Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2005), S. 472

[57] Vgl. Signer, A. (2003), S. 78

Ende der Leseprobe aus 69 Seiten

Details

Titel
Einsatz von ausgewählten Risiko- und Performancekennzahlen zur Beurteilung unterschiedlicher Hedge-Fonds Strategien
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1.3
Autor
Jahr
2007
Seiten
69
Katalognummer
V186394
ISBN (eBook)
9783656998150
ISBN (Buch)
9783869431567
Dateigröße
7993 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einsatz, risiko-, performancekennzahlen, beurteilung, hedge-fonds, strategien
Arbeit zitieren
Diana Iakimova (Autor:in), 2007, Einsatz von ausgewählten Risiko- und Performancekennzahlen zur Beurteilung unterschiedlicher Hedge-Fonds Strategien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186394

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Einsatz von ausgewählten Risiko- und Performancekennzahlen zur Beurteilung unterschiedlicher Hedge-Fonds Strategien



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden