Fremdsprachenerwerb im höheren Alter

Eine empirische Studie über Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozesse beim Lernen einer Fremdsprache ab dem 50. Lebensjahr


Bachelorarbeit, 2009

98 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort und Danksagung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Ziel- und Aufgabenstellung der Arbeit

3. Begriffsdefinitionen

4. Sprachlernvoraussetzungen
4.1 Biologische Voraussetzungen
4.1.1 Erstsprache
4.1.2 Fremdsprache
4.2 Lebensalter
4.3 Sprachliche Unterschiede

5. Kognitive Prozesse
5.1 Wahrnehmung
5.1.1 Informationsspeicherung
5.1.2 Sprachverstehen
5.1.3 Sprachproduktion
5.2 Sprachverarbeitung

6. Sprachlernstrategien

7. Sozialpsychologische Faktoren
7.1 Affektive Faktoren
7.2 Motivation

8. Erwerbstheorien
8.1 Erstsprache
8.2 Fremdsprache

9. Lerntheorien

10. Empirische Erhebung
10.1 Einleitung
10.2 Beschreibung der Untersuchung
10.3 Merkmale der Stichprobe der einzelnen Designs
10.4 Empirische Ergebnisse der Untersuchung
10.4.1 Demografische Daten
10.4.2 Gründe und Ziele beim Spracherwerb
10.4.3 Einfluss von Vorkenntnissen und Lerngewohnheiten
10.4.4 Überforderung und Unterforderung durch Textaufgaben
10.4.5 Lehrmaterialien und Lernmöglichkeiten
10.4.6 Festigung von Kenntnissen und Zielerreichung
10.4.7 Zeitaufwand

11. Resümee

Anhang
Anhang 1: Fragebogentyp D1 Englisch
Anhang 2: Fragebogentyp D1 Französisch
Anhang 3: Fragebogentyp D1 Spanisch
Anhang 4: Fragebogentyp D2 Englisch allgemein
Anhang 5: Fragebogentyp D3 Englisch Einstiegskurs

Literaturverzeichnis

XXV Quellenverzeichnis

Vorwort und Danksagung

Fremdsprachen wurden mir schon in die Wiege gelegt. Als ich noch ein kleiner Junge war, habe ich mich schon sehr für andere Sprachen interessiert. Zu jener Zeit war meine deutschsprachige Tante oft zu Besuch, die in England lebte, wodurch ich bereits Kontakt zur englischen Sprache hatte. Durch den aufkommenden internationalen Tourismus nach der Wende konnte sie meine Familie auch mit ihrer englischsprachigen Tochter besuchen, die in Australien lebt. Da ich damals erst in der vierten Klasse war und somit noch keinen Englischunterricht hatte, versuchte ich, mich mit Mimiken und Gestiken bzw. „aufgeschnappten“ Wörtern auszudrücken. Aufgrund dieser Situation wollte ich natürlich endlich Englisch lernen. Ich war hoch motiviert und bekam folglich immer gute Noten im Englischunterricht. Nun war auch das Interesse an weiteren Fremdsprachen, wie z. B. Französisch und Latein, in mir geweckt, die ich dann auf dem Gymnasium erlernte. Wären dort noch zusätzliche Fremdsprachen angeboten worden, hätte ich sicherlich noch weitere gelernt.

Ein anderer Aspekt, der mich mit Fremdsprachen verbindet, liegt in meiner internationalen Familie. Wie bereits erwähnt, hatte ich eine Tante in England, die jetzt in Australien lebt. Des Weiteren habe ich eine Tante und Cousins/Cousinen aus Japan, die zweisprachig aufgewachsen sind. Mein Bruder wohnt mit seiner Familie seit bereits mehr als zehn Jahren in den USA und seine eineinhalb- und vierjährigen Töchter wachsen mehrsprachig auf (Deutsch, Englisch, Spanisch). Durch diese „familiäre“ Internationalität habe ich sehr großes Interesse daran, andere Sprachen, Kulturen und Menschen kennenzulernen.

Aufgrund meiner erworbenen Fremdsprachen habe ich vor einigen Jahren Schülern der Sekundarstufe I und II sechs Jahre lang Nachhilfe in Deutsch, Englisch, Französisch und Latein gegeben. Anschließend bot ich auch Erwachsenen Nachhilfe in Englisch an. Zudem besuchen meine Eltern seit dem letzten Jahr Englischkurse an der Volkshochschule Magdeburg. Da sie mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen an den Kursen teilnehmen, habe ich mich dazu entschlossen, den Erwerb von Fremdsprachen im höheren Alter genauer zu untersuchen. Dieses Thema ist nicht nur für mich sehr interessant, sondern auch für Fremdsprachenlehrer im Erwachsenenbereich, wie es zum Beispiel an Volkshochschulen der Fall ist. Bisher sind didaktische Methoden und kognitive Prozesse im Erwachsenenalter noch nicht ausreichend genug erforscht. Daher soll diese Bachelorarbeit dazu beitragen, Leistungen beim Lernen von Fremdsprachen im Erwachsenenalter zu verbessern.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei meinem Erstbetreuer Herrn Prof. Dr. Carlos Melches bedanken, der mir dieses Thema ermöglicht hat. Besonderer Dank gilt auch Frau Neßler und meiner Zweitbetreuerin Frau Braun von der Volkshochschule Magdeburg, die mich beim Ausfüllen meiner Fragebögen sehr unterstützt haben. Weiterhin möchte ich mich bei meiner Familie sowie Freunden bedanken, die bereit waren, an der empirischen Studie teilzunehmen und somit durch ihre Erfahrungen zu meiner Arbeit beigetragen haben.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Sprachkurse an den Volkshochschulen.

Abbildung 2: Das menschliche Gehirn

Abbildung 3: Speichermodell

Abbildung 4: Modell der Sprachverarbeitung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Fragebogentyp

Tabelle 2: Altersgliederung von Belegungen an der VHS MD im WS 07/08

Tabelle 3: Geschlecht

Tabelle 4: Alter/Geschlecht

Tabelle 5: Grund Interesse

Tabelle 6: Grund Weiterbildung

Tabelle 7: Häufigkeit Ziele

Tabelle 8: Vorkenntnisse/Schwierigkeiten zu folgen

Tabelle 9: Fragebogentyp/Sprache erlernen

Tabelle 10: Schwierigkeiten zu folgen/Überforderung durch Textaufgaben

Tabelle 11: Sprache erlernen/Unterforderung durch Textaufgaben

Tabelle 12: Lehrmaterialien/Verständlichkeit D1 & D2

Tabelle 13: Lehrmaterialien/hilfreich

Tabelle 14: Alter/Verständlichkeit

Tabelle 15: Kenntnisse nach Kurs/erneuter Kursbesuch

Tabelle 16: Zielerreichung/erneuter Kursbesuch

Tabelle 17: Teilnahme/Kenntnisse nach Kurs

Tabelle 18: Sprache erlernen/Zeitaufwand

Tabelle 19: Fragebogentyp/erste FS

Tabelle 20: Erste FS/Sprache erlernen

1. Einleitung

Monolingualismus, Bilingualismus, Multilingualismus - heute ist der Wandel weg von der Einsprachigkeit hin zu einer multilingualen Gesellschaft stärker denn je. Angesichts der wachsenden Internationalisierung und wachsender Anforderungen durch die Europäische Union nimmt das Lernen einer Fremdsprache einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft ein. In den meisten Ländern der Welt herrscht Mehrsprachigkeit, daher sollte diese als Normalzustand betrachtet werden. In Deutschland hingegen hat sich die Mehrsprachigkeit noch nicht so ausgeprägt wie beispielsweise in Skandinavien, wo selbst das Fernsehprogramm größtenteils in englischer Sprache gesendet wird. Obwohl Deutschland ein Einwanderungsland ist und dadurch die Vielfalt der Sprachen zunimmt, gibt es viele Kulturen, die in ihrem eigenen „Staat“ leben und somit nicht zur Mehrsprachigkeit beitragen.

Deutsche Kinder erfahren Mehrsprachigkeit hauptsächlich im Schulunterricht. Was geschieht jedoch mit den Erwachsenen, die sich als Geisel dieses Wandels sehen und zu Schulzeiten keine Möglichkeit hatten, Fremdsprachen zu lernen? Welche Möglichkeiten bieten sich denjenigen, die ihre damals erworbenen Fremdsprachenkenntnisse auffrischen möchten? Aufgrund der Arbeitsmarkt- situation, in der Sprachkenntnisse als berufliche Zusatzqualifikation erforderlich sind, der zunehmenden Globalisierung und Internationalisierung, der wachsenden Verwendung von Anglizismen in den Medien und des Anstiegs an internationaler Kommunikation wenden sie sich an Volkshochschulen, private Sprachschulen oder analoge Institutionen, in denen Fremdsprachen angeboten werden, bzw. eignen sich Fremdsprachen durch Selbststudium an. Lag der Anteil an Fremdsprachen 1970 noch bei 28 Prozent in den Volkshochschulen, so sind es seit 2007 mehr als 41 Prozent deutschlandweit. Um den Bedarf an Fremdsprachenkursen zu decken, wurde die Anzahl der durchgeführten Sprachkurse und Unterrichtsstunden seit den 70er Jahren stetig erhöht. Waren es 1962 nur etwa 15.000 Sprachkurse mit über 300.000 Belegungen, sind es nunmehr seit 2007 mehr als 175.000 Sprachkurse mit über 6 Millionen Unterrichtsstunden und 1,8 Millionen Belegungen deutschlandweit. Dieser Trend zeigt, dass die Fremdsprachen der quantitativ wichtigste Bereich der Volkshochschulen sind und der Bedarf an Sprachkursen stetig wächst. Die Sprachen Englisch, Französisch, Italienisch und Neugriechisch haben jedoch Anteile verloren, wohingegen Spanisch Anteile gewonnen hat. Dennoch liegt Englisch mit einem Anteil von 34,4 Prozent an erste Stelle. Spanisch ist durch die Zunahme an Anteilen mit 13,6 Prozent auf den zweiten Platz gestiegen. Die Zunahme und Veränderung von Anteilen an Fremdsprachen lässt sich anhand der unten stehenden Abbildung verdeutlichen.1

Abbildung 1: Sprachkurse an den Volkshochschulen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: DIE Volkshochschul-Statistik 1998-2007

Aufgrund des wachsenden Trends in der Fremdsprachendidaktik widmet sich diese Arbeit dem Thema: Fremdsprachenerwerb im höheren Alter - eine empirische Studie über Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozesse beim Lernen einer Fremdsprache ab dem 50. Lebensjahr.

Die Arbeit gliedert sich in vier thematische Abschnitte mit insgesamt elf Kapiteln. Der erste Abschnitt (Kapitel 4 bis 6) befasst sich mit der Theorie der Voraussetzungen und verschiedenen Erwerbsprozesse beim Lernen einer Fremdsprache. Der zweite Abschnitt (Kapitel 7) beschreibt die psychischen Einflussfaktoren auf den Fremdsprachenerwerb. Der dritte Abschnitt (Kapitel 8 bis 9) befasst sich mit unterschiedlichen Theorien bei der Aneignung einer Fremdsprache. Nach der theoretischen Analyse erfolgt im vierten Abschnitt (Kapitel 10) die empirische Erhebung zu den Erfahrungen von Senioren mit Fremdsprachenkursen an der Volkshochschule Magdeburg und außerhalb der Volkshochschule. Schließlich endet die Bachelorarbeit mit dem Resümee (Kapitel 11).

2. Ziel- und Aufgabenstellung der Arbeit

Ziel- und Aufgabenstellung dieser Arbeit soll sein, die Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozesse beim Lernen einer Fremdsprache im höheren Alter darzulegen und daraus Schlussfolgerungen auf den Fremdsprachenerwerb ab dem fünfzigsten Lebensjahr anhand einer empirischen Erhebung unter Senioren durch Befragung zu Erfahrungen mit dem Erwerb von Fremdsprachen zu ziehen.

Dabei sollen zunächst die Unterschiede zwischen Muttersprache, Erstsprache, Zweitsprache und Fremdsprache aufgezeigt und auf die biologischen Voraussetzungen eingegangen werden. Hierbei erfolgt auch eine Betrachtung der Wahrnehmung und Verarbeitung im Gehirn.

Weiterhin werden die kognitiven Prozesse bei der Sprachverarbeitung untersucht sowie die Auswirkungen sozialpsychologischer Faktoren auf den Erwerb der Sprache analysiert.

Überdies werden in dieser Arbeit die Sprachlernstrategien dargestellt, um aus diesen Erkenntnissen Schlüsse für den Spracherwerb im Erwachsenenalter ziehen zu können.

3. Begriffsdefinitionen

Wenn es um den Erwerb von Sprachen geht, hört man immer wieder die Ausdrücke Erstsprache, Zweitsprache, Muttersprache oder Fremdsprache. Die Recherche zeigt, dass es keine einheitlichen Definitionen für diese Bezeichnungen gibt, da diese vom Verständnis des Sprechers abhängen. Um Missverständnisse zu vermeiden, müssen zunächst die Bedeutungen von Erstsprache und Muttersprache erläutert werden. Die Muttersprache kann einerseits die erste Sprache sein, die von einem Kind erlernt wird (Erstsprache). Andererseits kann als Muttersprache auch die Sprache bezeichnet werden, die jemand am besten beherrscht und in der sich ein Mensch zu Hause fühlt.2 Bei der Definition von Zweitsprache und Fremdsprache ist es wiederum so, dass die Fremdsprache die Sprache ist, die Lerner außerhalb des Unterrichts, z. B. beim Spielen mit Nachbarskindern, nicht gebrauchen können. Denn sie haben in der Regel keine Möglichkeit, die in der Schule erworbene Fremdsprache anzuwenden. Der Erwerb einer Fremdsprache nimmt mehr Zeit in Anspruch als der einer Zweitsprache, weshalb der Fremdsprachenerwerb als Zweitsprachenerwerb unter formellen (unterrichtlichen) Bedingungen betrachtet wird. Die Zweitsprache hingegen dient als Verkehrssprache in Ländern, in denen verschiedene Sprachen gesprochen werden. Sie spielt eine wichtigere Rolle als eine Fremdsprache. Sie ist somit lebensnotwendig, weil sie als Verständigungsmittel für das Überleben innerhalb einer Gesellschaft verantwortlich ist. Eine Fremdsprache dient hingegen nur als potenzielles Verständigungsinstrument. Sie ist beispielsweise im Beruf oder auf Reisen notwendig, aber keine Voraussetzung zum Überleben.3

Im Verlauf der Arbeit wird sich primär auf die Begriffe Erstsprache (L1) und Fremdsprache (FS) bezogen, da es um den Erwerb weiterer Sprachen geht, der hauptsächlich auf dem Interesse an der Sprache, der Kultur und der Weiterbildung beruht.

4. Sprachlernvoraussetzungen

4.1 Biologische Voraussetzungen

4.1.1 Erstsprache

Das menschliche Gehirn ist eines der komplexesten Systeme, das die Natur zu bieten hat. Seitens des Gehirns ist der L1-Erwerb eine der schwierigsten Aufgaben des Menschen, die in kürzester Zeit und unter anspruchsvollen Bedingungen erworben wird. Für eine rasche Aneignung der L1 müssen jedoch biologische, kognitive und sozial-interaktive Voraussetzungen erfüllt werden. Das menschliche Gehirn ist funktional betrachtet in drei Teile geteilt. Der erste Teil umfasst die Ur- oder Stammhirnregion, die den Hirnstamm, den Hypothalamus und das Kleinhirn einschließt. Diese Region ist evolutionsgeschichtlich der älteste Teil des Gehirns und regelt die instinktiven Vorgänge des Menschen. Der zweite Teil umfasst das limbische System (Mittel- oder Zwischenhirn), das für die Steuerung und Verarbeitung von Emotionen, wie Ärger und Aggressionen, verantwortlich ist. Der dritte Teil bezeichnet das Großhirn (Neocortex), in dem rationales Denken und kognitive Prozesse verarbeitet werden. Die Lernfähigkeit des Menschen hängt stark vom Alter der Gehirnschichten ab. Das heißt konkret, dass die Lernfähigkeit abnimmt, je evolutionsgeschichtlich älter eine Gehirnregion ist.

Nach der Geburt eines Kindes entwickelt sich zunächst die rechte Hemisphäre (RH) stärker aus, um nach etwa sechs Monaten von der linken Hemisphäre (LH) abgelöst zu werden. Diese dominiert dann bis zu einem Alter von einem Jahr, nach dem die RH wieder stärker ausgeprägt wird. Die RH dominiert dann ungefähr bis zum dritten oder vierten Lebensjahr, bis die LH letztendlich wieder die Steuerung übernimmt. Während der Entwicklung des Kindes kommt es zur funktionalen Spezialisierung (Lateralisierung) der Hemisphären. Das heißt, dass im Laufe der Entwicklung separate Bereiche im Gehirn ausdifferenziert werden, um spezielle Reize zu verarbeiten. Jede Gehirnhälfte hat bestimmte Aufgaben. So ist die RH zum Beispiel zuständig für das Wahrnehmen von Erscheinungsbildern wie Gestik, Mimik, Körperhaltung und für spontane Reaktionen. Des Weiteren verarbeitet die RH affektive und emotionale Reize, wie z. B. natürliche Geräusche (planschen, bellen), sprachliche Merkmale (Akzent, Intonation), musikalische Töne und formelhafte Ausdrücke (Wie geht’s?), und denkt intuitiv-ganzheitlich. Verletzungen der RH haben Aprodosie (Unfähigkeit, Gefühle zu erkennen und auszudrücken) oder Agnosie (Unfähigkeit, Gesichter zu erkennen und auszudrücken) zur Folge. Die LH ist besonders für die Verarbeitung sprachlichen Materials prädestiniert. Ihre Aufgabe besteht im analytischen und sequenziellen Denken, in Konzeptualisierungen sowie in der En- und Dekodierung von sequenziellen Aspekten sprachlicher Äußerungen. Bei Verletzungen der LH tritt Aphasie (Unfähigkeit, zusammenhängend zu sprechen oder zu verstehen) auf. Es ist falsch, anzunehmen, dass grundsätzlich nur die LH für die Sprachverarbeitung zuständig ist. Auch die RH spielt eine wichtige Rolle. Sie erfasst interaktive Aspekte und bestimmte Situationen bei der Kommunikation und interpretiert z. B. Texte.4 Forschungen zufolge wurde erkannt, dass die Größe der Schläfenlappen, in denen sich das Sprachzentrum befindet, eine wichtige Rolle bei den Geschlechtern spielt. So schrumpfen die Schläfenlappen bei Männern mit zunehmendem Alter eher als bei Frauen. Gemäß des Deutschen Vereins für Gesundheitspflege e. V. besitzen Frauen bessere Fähigkeiten zur Anwendung von Sprache. Sie sind sprachlich gewandter und daher kommunikativer. Sie besitzen einen größeren Wortspeicher und bessere Kenntnisse bei grammatischen Strukturen und Regeln. Da sie Geräusche und sprachliche Merkmale besser wahrnehmen können, lässt sich vermuten, dass ihre RH intensiver ausdifferenziert ist. Demgegenüber haben Männer bessere analytische und rationale Fähigkeiten, woraus sich eher linkshemisphärische Verarbeitung ableiten lässt.5

Neben den Funktionen der beiden Hemisphären spielen zwei weitere Gehirnzentren für die Sprachverarbeitung eine wichtige Rolle. Dies ist zum einen das Broca-Zentrum in der LH, das für die Sprachmotorik, Lautbildung, Lautanalyse, Artikulation und die Bildung abstrakter Wörter zuständig ist. Zum anderen hat das Wernicke-Zentrum, das sich in der dominanten Hirnhemisphäre

Abbildung 2: Das menschliche Gehirn6

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

befindet (motorisch und sensorisch verarbeitende Hemisphäre), eine hohe Bedeutung, da es für die Verarbeitung der Bedeutungen der sprachlichen Elemente verantwortlich ist. Wenn es zu Verletzungen bzw. Beschädigungen beider Zentren kommt, treten Fehler in der Sprachproduktion (Aphasien) auf. Das Broca- sowie das Wernicke-Zentrum stellen die wichtigsten Sprachverarbeitungszentren eines Individuums dar. Zwischen beiden finden sich die stärksten Verbindungen von Nervenbahnen im Gehirn. Bei der Verarbeitung von Sprache können zudem die Sehrinde (visueller Cortex), die Hörrinde (auditorischer Cortex) sowie motorische Bereiche (Motorcortex) beteiligt sein und ihre Funktionen teilweise gegenseitig übernehmen, wenn es zu einem Ausfall eines Bereiches kommt. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Verbindung zwischen Broca- und Wernicke-Zentrum getrennt ist. Dann ist die Sprachverarbeitung nur gering oder gar nicht möglich.7

4.1.2 Fremdsprache

Bei einer Befragung von eher naturwissenschaftlich interessierten Menschen zu ihren Erfahrungen mit dem Erwerb von Fremdsprachen, reagieren diese zumeist abgeneigt oder beziehen sich auf die Aussage, dass sie kein Talent für Sprachen hätten. Diese Aussage ist insofern nicht zutreffend, da jedes Individuum die genetischen Anlagen zum FS-Erwerb von Geburt an besitzt. Schließlich ist das Nervensystem so beschaffen, dass mehrere Sprachen erlernt werden können. Der Fremdsprachenerwerb hat daher nichts mit Talent zu tun, sondern hängt vielmehr von vielen exogenen Faktoren, wie z. B. Umfeld, Religion und Kultur, sowie endogenen Faktoren, wie beispielsweise Einstellungen, persönlichen Erfahrungen und Toleranzbereitschaft, ab, die im Laufe des Lebens ausgeprägt werden. Schließlich haben diese Personen auch ihre L1 problemlos erworben, ohne sich unüberwindbaren Anstrengungen aussetzen zu müssen. Die Literatur bezeichnet dies auch als Sprachlernfähigkeit oder „language acquisition device“ (LAD). Diese sogenannte LAD ist grundsätzlich jedem Menschen genetisch angeboren, der seine L1 erfolgreich erworben hat.

Da sich die L1 parallel zur Hirnreifung entwickelt, wird angenommen, dass diese bis zum dritten oder vierten Lebensjahr andauert. In dieser Zeit haben sich Strukturen im Gehirn entwickelt, die nach dieser Zeit nicht mehr so einfach verändert werden können. Daher können Sprachen, die nach dem dritten oder vierten Lebensjahr erworben werden (L2), nur noch in die bereits bestehenden Strukturen integriert werden. Dieser Umstand wird als nachzeitiger FS-Erwerb bezeichnet. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass sich die Strukturen von nachzeitigem FS-Erwerb und L1-Erwerb stärker annähern und leichter anzueignen sind, je eher der FS-Erwerb erfolgt, da sich vor Beendigung der Hirnreifung noch neuronale Verknüpfungen bilden lassen (verbundener Bilingualismus). Nach dieser Zeit ist der FS-Lerner auf die Integration in die bereits vorhandenen Strukturen angewiesen.

FS-Erwerb unterscheidet sich prinzipiell nicht sehr vom L1-Erwerb, da natürlich Parallelen zwischen L1-Erwerb und nachzeitiger Aneignung einer Fremdsprache bestehen. Unterschiede ergeben sich hauptsächlich durch reifungsbedingte Entwicklungsprozesse und früher erworbene Sprachen. Durch die nachzeitige Aneignung einer FS fängt die RH zunächst wieder an, die Kontrolle zu übernehmen, da sie sich vermutlich an entstehenden nonverbalen und prosodischen Eindrücken orientiert. Denn in dieser Anfangszeit werden Bedeutungen der FS häufig noch nicht verstanden oder nur durch indirekte Vermutungen erschlossen, da sich FS-Lerner an nichtsprachlichen Elementen orientieren und gleichzeitig Einheiten von Fremdsprachen analysieren, um diese leichter zu erfassen. Mit zunehmender Beherrschung der FS rückt die LH wieder ins Blickfeld. Die Möglichkeit der rechts- oder linkshemisphärischen Verarbeitung von Sprache hängt von der jeweiligen Erwerbs- bzw. Lernsituation ab. Das bedeutet, dass Lerner in informellen Situationen (außerhalb des Unterrichts), in denen häufig nur Alltagssprache verwendet wird, Sprache eher rechtshemisphärisch verarbeiten (trifft für FS-Lerner im Selbststudium zu) als Lerner in formellen Situationen. Des Weiteren findet die Sprachverarbeitung bei Lernern mit einem niedrigeren Bildungsstand in der RH bzw. beidseitig statt, wohingegen gebildetere Lerner vielmehr linkshemisphärisch verarbeiten. Kognitiv nicht sehr anspruchsvolle Alltagsgespräche fördern also Sprachverarbeitung in der RH, während formelle Lernsituationen, die häufig durch schriftsprachlichen Umgang mit der FS kognitiv anspruchsvoll sind und metasprachliche Merkmale begünstigen, linkshemisphärisch verarbeitet werden.8

4.2 Lebensalter

Wie schon bereits zuvor erwähnt, ist das Nervensystem des Menschen so beschaffen, dass es mehrere Sprachen erlernen kann. Den Menschen zeichnet somit die Befähigung zum mehrsprachigen Lernen aus. Obwohl viele Menschen annehmen, dass sie im höheren Alter Fremdsprachen nur noch schwer oder kaum noch erwerben können, belehrt uns der Trend in der FS-Forschung eines Besseren. Der Psychologe Lenneberg hat eine Hypothese aufgestellt, nach der es eine kritische Periode („ critical period “) zwischen dem zweiten und elften oder zwölften Lebensjahr gibt, in der nur ein erfolgreicher und vollständiger Erwerb einer FS möglich ist. Die Plastizität des Gehirns, die die Fähigkeit des menschlichen Gehirns darstellt, sich ständig an veränderte Bedingungen anzupassen,9 nimmt mit zunehmendem Alter ab.10 Nach dieser Zeit können nicht mehr ausreichend neuronale Verknüpfungen bzw. Integrationen in bestehende Strukturen für erfolgreichen und vollständigen FS-Erwerb stattfinden, wenn die Lateralisation der Sprachfunktionen in der LH abgeschlossen ist. Durch zahlreiche Forschungen auf diesem Gebiet konnte Lennebergs Hypothese jedoch widerlegt werden, da herausgefunden wurde, dass Fremdsprachen auch noch im höheren Alter erfolgreich erworben werden können. Lediglich die korrekte Intonation einer Sprache lässt sich nach dieser sogenannten kritischen Periode oder auch sensiblen Phase nicht mehr problemlos aneignen.

Es ist richtig, dass das Erlernen einer FS mit zunehmendem Alter schwieriger wird, da das Umfeld im Gegensatz zum Kindesalter komplexer wird und somit mehr Engagement erfordert. Dies geschieht besonders dann, wenn der Erwerb nur unter formellen Bedingungen erfolgt. Durch gute Strukturierung und Wiederholungen im FS-Unterricht lässt sich die Aneignung der FS jedoch sehr erleichtern. Im Gegensatz zur Intonation sind Erwachsene durchaus auch im höheren Alter noch in der Lage, eine FS akzentfrei zu erwerben, wenn sie entsprechend motiviert sind und angemessenen FS-Unterricht erhalten.

Kinder sowie Erwachsene verfügen im Allgemeinen über die gleichen Fähigkeiten beim FS-Erwerb, jedoch werden diese aufgrund des Lebensalters und der sozialpsychologischen Faktoren unterschiedlich angewendet. Der Erwerb von Lauten vollzieht sich bei Kindern leichter, jedoch haben sie Probleme mit morphologischen und syntaktischen Aspekten einer Sprache. Erwachsene hingegen können die Morphologie und Syntax einer FS leichter erlernen, da sie sich auf kognitive Prozesse aus ihrer Erfahrung mit der L1 oder eventuell anderen Fremdsprachen berufen können. Wie bereits zuvor erwähnt, erfolgt die Aneignung von phonetischen und intonatorischen Aspekten jedoch schwieriger. Jeder Mensch erwirbt seine L1 im Kindesalter im Allgemeinen „auf spielerische Weise“ und wendet sie anhand von festen Strukturen im Laufe des Lebens unbewusst an. So ist die Aussprache der L1 bei Erwachsenen weitaus mehr eingeschliffen als bei Kindern. Erwachsene werden daher durch eine vorübergehende Selbst- entfremdung sehr verunsichert, wenn sie eine neue FS artikulieren müssen, weswegen sie oftmals mit deutlich hörbarem Akzent sprechen. Erst durch die Aneignung einer neuen Sprache werden Lernern die Strukturen und Elemente der eigenen Sprache bewusst. Dies ist auch der Sinn und Zweck des FS-Erwerbs. Nur durch die Bewusstmachung der Strukturen und Elemente einer Sprache entwickeln FS-Lerner metakognitive und metasprachliche Fähigkeiten, die für den erfolgreichen Erwerb einer FS erforderlich sind. Lerner sind durch metakognitive und metasprachliche Fähigkeiten in der Lage, sprachliche Aspekte einer FS intensiver wahrzunehmen und bewusster zu verarbeiten. Dies äußert sich in der Zunahme der Konzentration und Steigerung der Speicherfähigkeit des Gehirns, wodurch wiederum grammatische Regeln und Elemente einer FS schneller erworben werden als bei Kindern. Automatisierte Prozesse, wie z. B. die Artikulation und Intonation, die nur schwer beeinflussbar sind, werden jedoch vernachlässigt und somit nicht richtig erlernt. Es zeigt sich auch, dass Aussprachekorrekturen durch Lehrer bei Artikulationsproblemen von Lernern das Gefühl der Selbstentfremdung bei Erwachsenen verstärkt, wenn die Aussprache der FS nicht ausreichend bewusst gemacht wurde. Dies spiegelt sich zumeist in Ängsten und Abwehrhaltung seitens der Erwachsenen wider. Die Aufgabe der Lehrer besteht nun insbesondere darin, diese Ängste durch indirekte Lernübungen zu vermeiden. Dies kann zum Beispiel durch Zungenbrecher, Gedichte oder auch Theaterszenen geschehen. Zudem sollten die Fehler bewusst gemacht werden, da diese einen normalen zum FS-Unterricht gehörenden Reifungsprozess darstellen.

Die Zeit spielt beim Sprachenlernen ebenso eine wichtige Rolle. Kinder haben in der Regel viel Zeit und Energie beim L1-Erwerb. Dies trifft jedoch häufig nicht auf erwachsene FS-Lerner zu, da diese oftmals noch im Berufsleben stehen. Daher hängt der Erfolg des FS-Erwerbs linear von ihrer Zeit und dem Sprachkontakt ab. Je mehr Zeit und Sprachkontakt sie haben, desto mehr Erfolg können sie verzeichnen. Natürlich beeinflussen auch der kognitive Entwicklungsstand und sozialpsychologische Voraussetzungen den FS-Erwerb, auf die allerdings an späterer Stelle noch genauer eingegangen wird. Schlussfolgernd kann gesagt werden, dass ältere Lerner viele kognitive Voraussetzungen für einen erfolgreichen und schnellen FS-Erwerb erfüllen, jedoch nach einiger Zeit von Kindern, besonders im Bereich der Artikulation und Intonation, überholt werden.11

4.3 Sprachliche Unterschiede

Jede Sprache ist ein komplexes System aus Phonemen, Morphemen und Lexemen, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Sprachen bestimmen. So lassen sich Nachbarsprachen im Allgemeinen leichter aneignen als entferntere Sprachen. Je entfernter die Sprachen voneinander sind, desto mehr Aufwand zum Spracherwerb ist erforderlich. Strukturen und Elemente von Nachbarsprachen, wie z. B. Deutsch-Englisch, ähneln sich, wodurch ein Gefühl der Vertrautheit beim Erwerb aufkommt. Ähnlichkeiten lassen sich beispielsweise an den Wörtern „frei“ (de) und „free“ (en) erkennen, durch die das Verstehen bzw. Erraten der Bedeutung erleichtert wird, wenn das jeweilige Wort noch nicht erlernt wurde. Der FS-Lerner kann sich an den grammatischen Strukturen seiner L1 oder bereits erworbener Fremdsprachen orientieren, wodurch eine Umstrukturierung erfolgt. Zudem kann er auf kognitive Fähigkeiten zurückgreifen, die bereits beim L1- oder anderem FS-Erwerb entwickelt wurden. Die Erfassung, Verarbeitung und Speicherung im Gehirn fällt dadurch grundlegend leichter. Bei entfernteren Sprachen, wie z. B. Deutsch-Türkisch, sind kaum Umstrukturierungen möglich, da sich die Strukturen und Elemente sehr voneinander unterscheiden, wie beispielsweise bei den Wörtern „frei“ (de) und „serbest“ (tü). Ein FS-Lerner dieser Sprachenkombination muss sich durch die unterschiedlichen Strukturen neu orientieren, was mit einem hohen Aufwand und Anstrengungen verbunden ist. Er muss auch vermehrt auf sein vorhandenes Weltwissen (Lebenserfahrungen, Allgemeinwissen) zurückgreifen, denn je weniger Ähnlichkeiten Fremdsprachen untereinander haben, desto mehr Weltwissen ist für das Verstehen von Bedeutungen erforderlich. Ältere Lerner versuchen überdies ihre erworbenen kognitiven Erfahrungen zu übernehmen, was jedoch nicht funktioniert. Dies kann natürlich erst einmal zur Ablehnung gegenüber dem FS- Erwerb führen. Wo es schriftsprachliche Ähnlichkeiten bei Nachbarsprachen gibt, kommen natürlich auch lautliche Ähnlichkeiten vor. Die Ähnlichkeiten von dennoch anders deutenden Wörtern12 begünstigen Verwechslungen in den Sprachen, die zu Vermeidungsverhalten bei FS-Lernern führen können. Als prägnantes Beispiel für eine Verwechslung in den Sprachen kann das englische Wort „actual“ benannt werden, das im Deutschen nicht „aktuell“, sondern „tatsächlich“ heißt. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele für Verwechslungen, die sich im Internet finden lassen.

FS-Lerner konzentrieren sich in der Anfangszeit des Erwerbs einer neuen FS zunächst auf phonologische Ähnlichkeiten und später erst auf semantische, da ihnen meistens die Bedeutung des neuen Vokabulars nicht bekannt ist und sie diese erst erlernen müssen. Sind sie sich unsicher bei der Bedeutung eines Wortes, greifen sie wieder auf phonologische Ähnlichkeiten zurück, auch wenn sie bereits die semantischen erlernt haben.13

5. Kognitive Prozesse

5.1 Wahrnehmung

Bei der Wahrnehmung geht es um die Erstellung und Bestimmung von Bedeutungen im menschlichen Gehirn. Die Sinnesorgane des Menschen nehmen zum Beispiel Schall- und Lichtwellen auf, die durch zerebrale Prozesse in Nervenimpulse umgewandelt und an verschiedene Bereiche im Gehirn zur Verarbeitung weitergeleitet werden. Bei der Informationsverarbeitung spielen Vorwissen und Kontext eine wesentliche Rolle, denn wahrgenommene Impulse werden mit bereits bekannten Mustern oder Elementen verglichen. Diese werden auf drei verschiedene Bereiche eingegrenzt, um die Verarbeitung vorab zu erleichtern. Informationen werden zunächst gefiltert, d. h. in wichtige und unwichtige Informationen getrennt. Danach werden Begriffe in vorhandene Wortkategorien eingeordnet und schließlich semantischen Beziehungen zugeordnet. Unser Wahrnehmungsmechanismus ist permanent auf der Suche nach Sinn, d. h., dass jede wahrgenommene Information Sinn tragenden Einheiten zugeordnet wird.

Um die eingehenden visuellen oder auditiven Informationen verarbeiten zu können, muss dem Gehirn genügend Energie zur Verfügung gestellt werden. Diese Energien werden als Aufmerksamkeit bezeichnet und der Lerner muss diese genau dosieren, weil nur eine begrenzte Anzahl von Aufgaben in einem bestimmten Zeitraum verarbeitet werden kann. Diese Anzahl umfasst sieben Informationseinheiten oder auch „chunks“ genannt, die zeitunabhängig sind. Zusammenhängende Aktivitäten sollten in formellen Situationen nicht länger als sieben Minuten dauern, da die Konzentration nach dieser Zeit stark nachlässt. Längere Aktivitäten sollten in Einheiten von jeweils sieben Minuten unterteilt werden, um die Lerner nicht zu überfordern.14

5.1.1 Informationsspeicherung

Abbildung 3: Speichermodell15

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein zentrales Thema bei der Wahrnehmung von Fremdsprachen beschäftigt sich mit der Speicherung von Informationen. Da das menschliche Gehirn nur eine bestimmte Kapazität hat, die von verschiedenen Sprach- und Lerngewohnheiten abhängt, muss der Mensch wichtige von unwichtigen Informationen trennen, da diese das Gehirn sonst bei der Verarbeitung unnötig belasten und Speicherplatz verbrauchen würden. Generell besteht der menschliche Informationsspeichermechanismus aus drei verschiedenen Speichern. Eingehende bereits gefilterte Informationen gelangen zuerst in das Ultrakurzzeit- gedächtnis (in der Literatur ist auch die Rede vom sensorischen Speicher oder Register) und verbleiben dort für den Bruchteil einer Sekunde (250 Millisekunden). Relevante Informationen werden an dieser Stelle vorverarbeitet und koordiniert. Die nun bedeutungstragenden Informationen werden an das Kurzzeitgedächtnis weitergeleitet, das den aktiven Teil des Gedächtnisses repräsentiert und daher auch Arbeitsgedächtnis genannt wird. Dort werden sprachliche Informationen von bis zu sieben Einheiten („chunks“) innerhalb von vier Minuten primär nach der Lautstruktur verarbeitet. Die Ergebnisse dieses Verarbeitungsprozesses werden schließlich an das Langzeitgedächtnis übertragen, das auch episodischer oder semantischer Speicher genannt wird. Hier erfolgt die Integration sprachlicher Informationen in das bestehende Wissen und die Aufnahme von neuem Wissen in

1 Vgl. Weiß, C.: Konjunkturen des Sprachenerwerbs Erwachsener am Beispiel des Volkshochschulangebots, S.1-2, http://www.diezeitschrift.de/22009/spracherwerb_erwachsener_christina_weiss.aspx, Zugriff am 16.08.09

2 Vgl. Apeltauer, E. (1997): Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs, S. 11

3 Vgl. Apeltauer, E. (1997): Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs, S. 15-16

4 Vgl. Apeltauer, E. (1997): Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs, S. 19-22

5 Vgl. Deutscher Verein für Gesundheitspflege e.V., http://www.dvg- online.de/Gesundheit/AktuelleArtikel/MannundFrau.html, Zugriff am 25.09.09

6 Vgl. Universitätsklinikum Köln, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie: Präsentation Motorische Aphasie (PDF), http://www.medizin.uni- koeln.de/kliniken/psychiatrie/Bildgebung/folien/Aphasie%20(Calio).pdf, Zugriff am 17.07.09

7 Vgl. Roche, J. (2005): Fremdsprachenerwerb Fremdsprachendidaktik, S. 48

8 Vgl. Apeltauer, E. (1997): Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs, S. 68-71

9 Vgl. Plastizität des Gehirns, http://www.dorner- verlag.at/downloads/gehirnforschung/gehirnforschung3.pdf, Zugriff am 15.09.09

10 Vgl. Die Grenzen der Plastizität, http://www.innovations- report.de/html/berichte/biowissenschaften_chemie/bericht-44744.html, Zugriff am 15.09.09

11 Vgl. Apeltauer, E. (1997): Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs, S. 71-78

12 Vgl. Kapitel 5.1.3, „falsche Freunde“

13 Vgl. Apeltauer, E. (1997): Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs, S. 78-82

14 Vgl. Roche, J. (2005): Fremdsprachenerwerb Fremdsprachendidaktik, S. 53-56

15 Vgl. Roche, J. (2005): Fremdsprachenerwerb Fremdsprachendidaktik, S. 57

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Details

Titel
Fremdsprachenerwerb im höheren Alter
Untertitel
Eine empirische Studie über Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozesse beim Lernen einer Fremdsprache ab dem 50. Lebensjahr
Hochschule
Hochschule Magdeburg-Stendal; Standort Magdeburg
Note
1.7
Autor
Jahr
2009
Seiten
98
Katalognummer
V186695
ISBN (eBook)
9783656995807
ISBN (Buch)
9783656995821
Dateigröße
1534 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
fremdsprachenerwerb, alter, eine, studie, wahrnehmungs-, verarbeitungsprozesse, lernen, fremdsprache, lebensjahr
Arbeit zitieren
Marko Thiele (Autor:in), 2009, Fremdsprachenerwerb im höheren Alter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/186695

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Titel: Fremdsprachenerwerb im höheren Alter



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